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Betreutes Wohnen im "Haus Anneliese" Betreutes Wohnen im "Haus Anneliese": Immer wieder ist der Aufzug defekt

Von Sylke Kaufhold 30.01.2019, 12:40
Den Innenaufzug kann Ruth Schiedewitz mit ihrem Rollstuhl nicht benutzen. Sie kommt nicht rein.
Den Innenaufzug kann Ruth Schiedewitz mit ihrem Rollstuhl nicht benutzen. Sie kommt nicht rein. Thomas Ruttke

Dessau - Ruth Schiedewitz ist verzweifelt. Weil der Aufzug schon wieder kaputt ist, sitzt die 87-Jährige in ihrer Wohnung fest. Seit zwei Jahren wohnt die gehbehinderte Seniorin, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, im „Haus Anneliese“, eine Einrichtung des betreuten Wohnens der Volkssolidarität 92.

Um Kontakt zu anderen Menschen zu haben, Beschäftigung und auch Betreuung, sei sie hergezogen, erzählt die alte Dame. „Wir haben uns bewusst für das betreute Wohnen entschieden“, betont Tochter Monika Andrich, „und wir erwarten, dass vom Vermieter für die Voraussetzungen gesorgt wird“.

Bei der Funktionstüchtigkeit des Außenaufzuges klappt das nicht. Denn der Ausfall des Fahrstuhls gehört inzwischen für Bewohner und Mitarbeiter zum Alltag. Allein seit dem 24. Dezember bis Freitag versagte er insgesamt mehr als zwei Wochen den Dienst. Zwischen Defekt, Reparatur und erneutem Defekt lag mitunter nur ein Tag.

„Das Personal tut alles, um uns wenigstens ein bisschen Beschäftigung anbieten zu können“

Seit Donnerstagmittag steht der Aufzug wieder still. Wie lange das sein wird, kann die DWG nicht sagen. „Der Steuerblock muss gewechselt werden“, informierte das Wohnungsunternehmen auf MZ-Nachfrage. „Das Teil liegt nicht vorrätig bei der Aufzugsfirma, sondern muss herangeschafft werden“, erklärt DWG-Sprecher Walter Matthias. „Das kann ein paar Tage dauern.“

Bis dahin müssen die Bewohner Geduld aufbringen und auf das Engagement der Mitarbeiter hoffen. „Das Personal tut alles, um uns wenigstens ein bisschen Beschäftigung anbieten zu können“, anerkennt Irmgard Mieske deren zusätzlichen Aufwand. „Wir machen, was wir können, damit sich unsere Bewohner trotzdem wohlfühlen“, sagt Pflegedienstleiterin Konstanze Bube.

Aber das können wir nicht für alle tun und die Möglichkeiten sind sehr begrenzt. So würden Mitarbeiter zu Bewohnern in die Wohnungen gehen und dort wenigstens ein bisschen Beschäftigung anbieten, auch das Essen wird ihnen serviert. „Aber das schmeckt alleine nicht, das gebe ich immer zurück“, vermisst Ruth Schiedewitz auch die gemeinsamen Mahlzeiten sehr.

81 Mieter wohnen derzeit im „Haus Anneliese“, 17 von ihnen sind Rollstuhlfahrer

Auch Irmgard Mieske ist auf den Rollstuhl angewiesen. Die 97-Jährige ist wütend und kritisiert die Arbeitsweise der DWG. „Die sollten sich mal richtig kümmern und nicht immer nur kleckerweise reparieren“, findet sie. Schließlich zahlten sie Miete. Inzwischen habe sie Angst, den Fahrstuhl zu benutzen. „Man muss ja damit rechnen, dass er wieder stecken bleibt, wenn man gerade drinsitzt.“

Hans-Peter Wermke gehört zu den Bewohnern, die sich selbst versorgen. Mit zwei Unterbeinprothesen ist auch er auf einen Rollstuhl angewiesen. Sein elektrisches Fahrmobil kann er ohne Aufzug nicht nutzen. Mühevoll schleppt er sich mit einem Rollstuhl als Gehhilfe zur Kaufhalle. „Das darf alles nicht wahr sein“, stöhnt er.

81 Mieter wohnen derzeit im „Haus Anneliese“, 17 von ihnen sind Rollstuhlfahrer. „95 Prozent der Bewohner brauchen Unterstützung“, sagt Konstanze Bube. Sie hätten also als Volkssolidarität quasi für alle eine Fürsorgepflicht. Und deshalb hätten sie am Mittwoch, als eine Bewohnerin im Aufzug stecken geblieben war, schnell die Feuerwehr geholt, um sie aus ihrer misslichen Lage befreien zu können.

Ursache für die Defekte sieht die DWG in „der sehr hohen Frequenz der Nutzung des Aufzuges“

„Das war eine Notlage für die Frau, nicht nur, weil es im Aufzug bitterkalt war“. Der schnelle Einsatz der Feuerwehr, heißt es in der Stellungnahme der DWG, habe sich nicht aus der Gefahrenlage ergeben, sondern diente dazu, die Bewohnerin vor den negativen Folgen der kalten Temperaturen im Aufzugsbereich zu bewahren.

Die Ursache für die häufigen Defekte sieht die DWG in „der sehr hohen Frequenz der Nutzung des Aufzuges“. Der werde für durchschnittlich 267.000 Einzelfahrten jährlich in Anspruch genommen. Der Vermieter verweist auf den Innenaufzug, der alternativ genutzt werden könne. „Kann er nicht“, macht Konstanze Bube deutlich. Denn die Kabine sei so eng, dass weder Rollator noch Rollstuhl, noch Begleitperson dort Platz haben.

Am Freitagvormittag hat die DWG der Pflegedienstleiterin Konstanze Bube die Hilfe eines Krankentransportes angeboten, wenn Bewohner zum Arzt müssen oder andere Wege zu erledigen haben. „Das ist gut, aber diefehlende Beschäftigung ersetzt das auch nicht“, hofft sie weiterhin auf eine schnelle Reparatur.

Im Haus „Julie-von-Cohn-Oppenheim“, dem betreuten Wohnen der VS 92 in der Tornauer Straße, gab es 2015 häufigen Fahrstuhlärger. Hier hat die DWG inzwischen den Außenaufzug komplett erneuert. (mz)

Der Außenaufzug am Haus Anneliese
Der Außenaufzug am Haus Anneliese
Thomas Ruttke