Ben Naumann Ben Naumann: Naumann will Image-Problem lösen

Dessau-Rosslau/MZ - Die ganze Aufgabe könnte schrecken. 1 400 Mitarbeiter. Verwaltungsratschef von Stadtsparkasse und Stadtwerke. All das von heute auf morgen. Doch Ben Neumann fragt zurück. „Wieso? Der Oberbürgermeister ist immer nur die Schnittstelle aller Kompetenzen - und ich habe doch professionelle Mitarbeiter.“
Naumanns Rezept ist einfach. „Wenn ich einen Jurist brauche, hole ich mir einen Juristen an den Tisch. Wenn ich das Marketing verändern will, brauche ich einen Marketingexperten.“ In einer Firma wie in einem Rathaus. Und überhaupt: „Es gibt für jeden OB Bereiche, die er nicht durch eigene Kenntnisse abdecken kann.“
Mein Lieblingsplatz in Dessau-Roßlau ist...
..für mich ganz einfach mein Zuhause, weil dort Freundin, Freunde und Familie sind und ich dort nach einer 60-Stunden-Arbeitswoche am besten abschalten kann.
Gern getroffen hätte ich als Persönlichkeit der Dessauer oder Roßlauer Stadtgeschichte...
..Bauhaus-Direktor Walter Gropius. Ihn sieht man immer als einen älteren Herren. Dabei hat er das Bauhaus in Weimar im Alter von nur 36 Jahren gegründet hat und sich danach mit seinen revolutionären Designvorstellungen durchgesetzt. Das Frische und Neue war der Anfang für etwas Großartiges, von dem noch heute alle reden.
Was ich Touristen in Dessau-Roßlau neben Bauhaus und Gartenreich unbedingt zeigen würde, ist...
..das Technikmuseum „Hugo Junkers“, weil dort Technik-Geschichte beschrieben wird.
Naumann ist Dessau-Roßlaus jüngster OB-Kandidat - und ohne jede politische Erfahrung. Acht Wochen Wahlkampf hat der Chef eines Handy-Shops hinter sich. Seine Erkenntnis? „Politiker haben ein Talent, Probleme zu analysieren und diese zu bewundern, ohne eine Lösung zu präsentieren.“ Man sei fokussiert auf das Problem - und nicht auf die Lösung. Egal, um welches Thema es geht. „Wenn dann noch eine Diskussionskultur dazukommt, die sich auf persönliche Befindlichkeiten zentriert...“ Naumann winkt ab. Politik kann manchmal auch ernüchternd sind.
Imageproblem lösen
Im Frühjahr war diese Ernüchterung der Anfang von allen. Naumann hatte im Offenen Kanal Stadtratssitzungen gesehen. Doch was heißt gesehen. „Ich habe es ertragen.“ Für ihn als Unternehmer gab es dann zwei Möglichkeiten: „Entweder man ärgert sich oder man ändert etwas.“ Naumann entschied sich für eine Kandidatur als OB - und konnte seither Punkte sammeln. Der 33-Jährige ist selbstbewusst, rhetorisch begabt, kann Menschen wie Dinge gut analysieren. Was das Problem von Oberbürgermeister Klemens Koschig ist? „Es gibt Leute, die gern Spiele spielen. Und es gibt Leute, mit denen man spielen kann.“
Naumann geht es um kurze Dienstwege zwischen Wirtschaft und Verwaltung. Ihm geht es vor allem darum, Dessau-Roßlaus Imageproblem zu lösen. Dass sich Naumann im Internet wohlfühlt, ist zu sehen. Dass er mit den Möglichkeiten dort spielt, auch. Anfang April hatte Naumann für den Schulterschluss von Verwaltung und Stadtrat geworben - mit einem Händedruck, der dem SED-Symbol entnommen war. Die Kritik war einkalkuliert. „Es geht nicht um positive oder negative Reaktionen. Es geht um Aufmerksamkeit.“ Die gab es. Naumann lacht: „Ich habe es damit in die MZ geschafft.“
Ben Naumann wurde am 17. November 1980 in der Lutherstadt Wittenberg geboren. Kindheit und Jugend verbrachte er in Roßlau. Nach Fachabitur im Bereich Datenverarbeitung/IT, einer Zeit bei der Bundeswehr und Tätigkeiten in verschiedenen anderen Berufen wurde Naumann 2007 erst Berater und später Filialleiter in einem Mobilfunkshop in Wittenberg und übernahm 2010 einen eigenen Laden in der Zerbster Straße in Dessau. 2011 baute sich der Unternehmer ein zweites Gewerbe im Bereich „Webdesign, Grafik und Viralmarketing“ auf.
„Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt Naumann. Platz und Zeit für mehr ist kaum. Naumann ist ledig, hat aber Silvester 2003 die große Liebe seines Lebens kennengelernt.
Zuletzt hatte Naumann bei Facebook einen „Seniorenlobbyismus auf Entscheidungsebene“ kritisiert. Eine gezielte Provokation. „Es gibt OB-Kandidaten, die glauben, dass das Glück der Stadt und die Zufriedenheit unserer Rentner etwas mit dem abgesenkten Bordstein zur leichteren Überquerung mit einem Rollator zu tun hat.“
Für Naumann ein Fehler. „Unser Ziel muss es sein, Kinder und Enkel in der Stadt zu halten, damit Eltern und Großeltern im Alter nicht allein sind.“ Neumann will dabei helfen. Als OB. Als Stadtrat? Ein paar Parteien haben schon gefragt, ob er mitmachen wolle. Will er? „Ich bin keiner, der auf mehreren Hochzeiten tanzt. Ich gebe 110 Prozent oder gar nicht.“ Seine 110 Prozent sind dem OB-Amt vorbehalten. „Eine Verwaltung braucht nicht noch einen Verwalter.“