Bauhaus-Siedlung Bauhaus-Siedlung in Dessau: Mendelssohn-Gesellschaft öffnet originalgetreu saniertes Gropiushaus

Dessau - Vieler Worte bedarf es nicht beim Blick in das Untergeschoss des momentanen Domizils der Moses-Mendelssohn-Gesellschaft. Oder besser gesagt: In deren Bibliothek. Regal an Regal, Einband an Einband reiht sich dort. „Letztendlich fiel die Entscheidung auch aus Platzgründen“, sagt Sabrina Nußbeck, Vorsitzende der Gesellschaft mit Sitz im Dessauer Mittelring.
Pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum der Kunstschule kann die Bauhaus-Siedlung in Süd seit Sonnabend nun offiziell ein weiteres saniertes Juwel in der Reihe der Originale vorweisen. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Mendelssohn-Zentrum wurde das Haus mit der Nummer 40 in rund eineinhalb Jahren in seinen Ursprungszustand versetzt.
Fenster, Simse, Böden und Co. eingeschlossen. Im Rahmen eines Tages der offenen Tür konnten sich Interessierte am Sonnabend ein Bild von den Arbeiten und ihrem Ergebnis machen. Schon von weitem sticht die wieder schneeweiße Fassade hervor. Lediglich im Außenbereich hinter dem Haus, wo sich früher Nutztiere und Beete befanden, deuten die noch nackte Erde sowie einige Paletten auf die bis vor kurzem vorhandene Baustelle hin.
Vor allem regionale Firmen und Betriebe realisierten die Sanierung für etwa 150.000 Euro
Wichtig ist der Vorsitzenden vor allem ein Aspekt. „Beide Häuser sollen weiterhin für eine öffentliche Nutzung zur Verfügung stehen“, so Nußbeck. Mehr Veranstaltungen soll es geben, Konzerte, Vorträge, Kultur. „Mit Abschluss der Außenarbeiten und Fertigstellung einer befestigten Terrasse dann auch Open-Air.“ Zudem sollen die bereits angesprochene Bibliothek und das Archiv der Gesellschaft im Nachbarhaus, das im Gegensatz zum bisherigen Quartier Eigentum des Vereins ist, ihr neues Zuhause finden.
Vor allem regionale Firmen und Betriebe realisierten die Sanierung - eine Investition von etwa 150.000 Euro. Lediglich der originale Steinholz-Fußboden sowie die Fensterbänke lagen in den Händen eines Augsburger Spezialisten. Den Auftakt am Sonnabend setzten neben dem Vortrag des Historikers Bernd G. Ulbrich, Studierende der Leipziger Musikhochschule anlässlich des Kurt-Weill-Festes. An gleich drei verschiedenen Orten der Törtener Siedlung versuchte das Wandelkonzert am Nachmittag die Brücke zwischen klassischer Moderne und dem Siedlungsbau Gropius„ gleichen Stils zu schlagen.
Mit einem kleinen Empfang, Sekt und Kuchen, zeigt sich der Verein am Sonnabend stolz auf sein neues Projekt. „Das ist ein wichtiger Schritt für die Siedlung“, findet Andreas Müller, „die sich seit Jahrzehnten schon nicht mehr in ihrem Originalzustand befindet.“ Zu einer festen Größe mit täglicher Öffnungszeit könne sich das Reihenhaus entwickeln, wünscht sich das Mitglied viele Gäste.
„Das Gebäude Bauhaus steht nun mal in Dessau und nicht in Berlin oder anderswo“
Angetan von dem neuen alten Schmuckstück ist auch Werner Prätzsch. Per Drahtesel hat sich der Kochstedter gemeinsam mit Ehefrau Helga auf den Weg nach Süd gemacht. Bereits zum ersten Tag der offenen Tür vor der Sanierung hatten die beiden sich einen Überblick verschafft. Das nun Entstandene überrascht sie – positiv. „Als Dessauer freut man sich umso mehr, dass etwas passiert.“
Von einem „Lichtblick für die Stadt“ spricht eine andere Besucherin, welche sich selbst als „alteingesessene Dessauerin“ sieht. Großteile des Potenzials, das Bauhausstadt und Umgebung mit ihrem Weltkulturerbe bieten, werden in ihren Augen dennoch nicht ausreichend genutzt, „um nicht zu sagen verschenkt.“ – „Da könnten wir mehr draus machen. Das Gebäude Bauhaus steht nun mal in Dessau und nicht in Berlin oder anderswo“, meint die Seniorin.
Nußbeck und ihre Mitstreiter wollen den Fokus künftig verstärkt auf die Zusammenarbeit mit Schulen legen
Sabrina Nußbeck plant mit Blick auf die Zukunft längerfristig. In zehn Jahren jährt sich der Geburtstag des Philosophen und Dessauers Mendelssohn zum 300. Mal. „Schritt Eins auf dem Weg zur Mendelssohn-Dekade ist so gut wie genommen, die Herstellung der Arbeitsfähigkeit“, so die Vorsitzende. In den kommenden Jahren soll eine Erneuerung der Ausstellung rund um den Namensgeber der Gesellschaft erfolgen.
Nußbeck und ihre Mitstreiter wollen den Fokus künftig verstärkt auf die Zusammenarbeit mit Schulen legen. Neue, digitale Medien werden kommen, um die Gedanken Mendelssohns rund um Aufklärung, Respekt und Toleranz zeitgemäßer vermitteln zu können. Mit diesen diente der Sohn der Stadt auch als Vorlage für den Protagonisten in Lessings „Nathan der Weise“ – heute Pflichtprogramm an Schulen. (mz)
