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Der letzte Bauhäusler Bauhaus in Dessau: Friedrich Konrad Püschel ließ das Bauhaus wieder in altem Glanz erstrahlen

Von Martin Stolzenau 22.01.2017, 11:00
Unter Friedrich Konrad Püschel erstrahlte das Bauhaus in Dessau in neuem Glanz.
Unter Friedrich Konrad Püschel erstrahlte das Bauhaus in Dessau in neuem Glanz. Stiftung Bauhaus Dessau

Dessau-Roßlau - Am 20. Januar jährt sich der Todestag des letzten Bauhäuslers zum 20. Mal. Friedrich Konrad Püschel studierte in Dessau unter Walter Gropius, wurde von Hannes Meyer gefördert, schrieb seine Diplomarbeit bei Ludwig Hilbersheimer und bekam sein Diplom von Mies van der Rohe ausgehändigt: Alles Ikonen der modernen Architekturgeschichte.

Nach dem II. Weltkrieg baute Püschel an der Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar den Lehrstuhl für Dorfplanung auf, den er dann bis zu seiner Emeritierung leitete. Dazu gesellte sich eine unverzichtbare Tätigkeit bei der Rekonstruktion des Dessauer Bauhauses.

Püschel schuf an verschiedenen Wirkungsstätten viele unspektakuläre Zweckbauten, verfasste zu den Entwicklungsmöglichkeiten ländlicher Siedlungen zahlreiche Schriften und galt im Alter als letzter lebender Bauhäusler. Damit erreichte er auch über seinen Tod vor 20 Jahren hinaus eine erhebliche Nachwirkung.

Vom Sohn eines Pfarrers zum Bauhäusler

Friedrich Konrad Püschel wurde am 12. April 1907 in Wernsdorf bei Glauchau geboren, das zum Patronat der Grafen von Schönburg zu Hinterglauchau gehörte. Er entstammte väterlicherseits einer erzgebirgischen Familie, die viele Forst- sowie Bergleute, Weber und Zinngießer hervorbrachte.

Sein Vater fungierte als Pfarrer in Wernsdorf. Die Familie seiner Mutter lässt sich bis zu Galeotus Martius aus der italienischen Provinz Umbrien zurückverfolgen, der Mitte des 15. Jahrhunderts nacheinander am ungarischen sowie französischen Königshof als Gelehrter zu Ansehen gelangte.

Nach Schulbesuch in Glauchau begann der Pfarrerssohn in der schwierigen Inflationszeit 1923 bei Paul Hennig, dem Obermeister der Tischlerinnung in Glauchau mit der größten Werkstatt am Ort, eine Tischlerlehre.

Anschließend bewarb sich Püschel beim Meisterrat des nach Dessau gewechselten Bauhauses mit seinem Gesellenbrief, einer lehrmeisterlichen Empfehlung sowie Möbelentwürfen für ein Kunststudium, das er im Sommer 1926 im Vorkurs unter Josef Albers begann. Er erlebte die Einweihung des neuen Bauhausgebäudes mit viel Prominenz, absolvierte ein Tischlersemester unter Marcel Breuer, wobei er an der Wohnungseinrichtung für Erwin Piscator mitwirkte, und erhielt die eigentliche Architekten-Ausbildung in der Bauabteilung unter Hannes Meyer.

Friedrich Konrad Püschel erhielt 1930 sein Bauhaus-Diplom

Dabei wirkte er bei so bekannten Bauten wie der Gewerkschaftsschule in Bernau sowie den Laubenganghäusern in Dessau-Törten mit, ehe er nach seiner pionierhaften Abschlussarbeit über die bauliche Umwandlung einer Agraranlage 1930 sein Bauhaus-Diplom empfing.

Angesichts der wachsenden Nazi-Repressalien folgte er seinem abgesetzten Lehrer Hannes Meyer mit sechs anderen Bauhaus-Absolventen in die Sowjetunion. Dort wurden die Bauhäusler als „Gruppe Hannes Meyer“ beziehungsweise „Rote Bauhaus-Brigade“ mit städtebaulichen Aufgaben in verschiedenen Städten betraut.

Püschel leitete so den Aufbau von Sozgorod Orsk in der Steppe des südlichen Uralgebietes, ehe er 1937 angesichts der ausufernden stalinistischen Verhaftungswelle mit seiner jungen Frau nach Deutschland zurückkehrte. Das war ein Wagnis.

Von Gestapo vernommen und zum Kriegsdienst einberufen

In Glauchau vernahm ihn zunächst die Gestapo. Aus der durch seinen Schwiegervater vermittelten Bautätigkeit im Raum Merseburg mit einer Mietwohnung im Merseburger Arbeiterviertel wurde er als „Roter“ auf Druck der Nazis wieder entlassen.

Dann fand er Anstellung bei Alfred Arndt in Probstzella in Südthüringen, einem ehemaligen Jungmeister des Dessauer Bauhauses. Von hier aus war er auch am Bau des Hauses für Margarethe Reichardt in Erfurt beteiligt, das heute als Bauhaus- Museum Besucher anzieht.

1940 wurde Püschel dann einberufen. Er überlebte den Krieg sowie die sowjetische Kriegsgefangenschaft und kehrte mit 40 Kilogramm Gewicht nach Probstzella zurück. Der Bauhäusler war todkrank und benötigte Wochen, um sich von „bedrückenden Depressionen zu befreien“.

Püschel setzte sich für die Rekonstruktion des Bauhauses ein

Auf der anschließenden Arbeitssuche begegnete Püschel in Weimar Gustav Hassenpflug, einem vormaligen Bauhaus-Kommilitonen, der ihm eine Assistentenstelle an der Weimarer Hochschule vermittelte.

Daraus wurde schließlich eine Professur mit dem Lehrgebiet Dorfplanung, mit dem er bauhäuslerisch Einfluss nahm auf die Neuprägung der ländlichen Kulturlandschaft in der DDR. Dabei entwickelte sich ein reger Kontakt nach Dessau, wo er das Aufmaß seines einstigen Lehrgebäudes anfertigte, die 1976 abgeschlossene Rekonstruktion des Dessauer Bauhauses leitete und die erste Bauhaus-Ausstellung begleitete. Das war für ihn eine späte Genugtuung.

Püschel erlebte die Wende noch und starb am 20. Januar 1997 in Weimar, kurz vor seinem 90. Geburtstag. Sein umfangreicher Nachlass mit rund 1.700 Objekten gehört inzwischen zum Bestand der Stiftung Bauhaus in Dessau. (mz)