Bilanz Bauern in Dessau-Roßlau hadern mit der Ernte 2024: Erträge unter dem Durchschnitt und Preise im Keller
Die meisten Erntedankfeste sind gefeiert: Wo hatten Bauern in Dessau-Roßlau Anlass zum Feiern und welche Sorgen treiben sie um?
Dessau-Rosslau/MZ. - Die Erträge von Feld und Flur sind unter Dach und Fach gebracht, die laut Kirchenkalender anstehenden Erntedankfeste gefeiert worden. Wie nun fiel die Ernte im Stadtgebiet Dessau-Roßlau aus? Wo gab es guten Grund zum Erntedankfest, wo offenbarten sich alte und neue Probleme? Die MZ hörte sich um.
„Wir hatten schon viel schlechtere Jahre“, kommt Thomas Külz vom Bauernverband Anhalt im Überblick zu einem salomonischen Urteil
„Wir hatten schon viel schlechtere Jahre“, kommt Thomas Külz im Überblick zu einem salomonischen Urteil. Der Vorsitzende des Bauernverbandes Anhalt - in Personalunion zugleich Chef der Agrargenossenschaft Löberitz in Salzfurtkapelle (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) - spricht für die gut 70 landwirtschaftlichen Betriebe in Anhalt. Hier bewirtschaften die Landwirte insgesamt rund 150.000 Hektar Nutzfläche in verschiedensten Lagen und auf unterschiedlichen Böden mit Halm- und Hackfrüchten. Da seien von Betrieb zu Betrieb die Bedingungen so spezifisch, dass auch die Erträge der gleichen Frucht unterschiedlich ausfallen.
Insgesamt jedoch seien die Landwirte im Frühjahr sehr zuversichtlich gestartet, ließ doch die gute Feuchtigkeit seit langem einmal wieder ein gutes Jahr erwarten. „Unterm Strich ist es doch ordentlich geworden, auch wenn sich nicht alle Träume erfüllt haben“, fasst Külz zusammen. Dass in einem Kalenderjahr sowohl das Getreide auf dem Halm als auch die Hackfrucht in der Erde gleich gut gedeihen, erleben die Landwirte in ihrem Arbeitsleben sowieso selten.
Und so fehlten auch in Anhalt in diesem Jahr nach einem Spätfrost in der zweiten Aprilhälfte und einer Trockenphase Ende Mai, als sich eigentlich das Korn richtig füllen sollte, die allerletzten Zutaten für ein gutes Erntejahr. Und so stand im Juli zwar auch der Mais wie einen Eins auf dem Feld, ist dann im sehr heißen August aber im Kolben vertrocknet. „Das wurden dann die blanken Tabakblätter um den Silomais“, bedauert Külz.
Aber noch sind nicht alle Messen gesungen, verschiedene Betriebe bringen noch die Kartoffeln und Rüben ein. „Gerade bei Rüben können wir sehr gute Erträge erwarten und haben das schon in den Zuckerraffinerien zur Verarbeitung angekündigt.“
Getreide unterm Durchschnitt
Ähnlich differenziert blicken die Bauern und Landwirte aus Dessau-Roßlau auf das Erntejahr 2024 zurück. So werden auch im Hof Kruse in der Bernsdorfer Heide bei Tornau aktuell noch die Kartoffeln und Rüben aus dem Boden geholt. Auf den Feldern nahe der Elbe jedenfalls hatten die Hackfrüchte eine bessere Saison als das Getreide. „Anfangs war es zu nass, dann aber wieder doch wieder zu trocken“, zieht Christoph Bierlein, der Pächter auf dem Kruse-Hof, abwägend die Schultern hoch. Das wechsele eben von Jahr zu Jahr, hat der junge Landwirt seit Übernahme der Flächen im März 2023 schon zweimal erlebt. Auch das Getreide falle nicht jedes Jahr gleich aus. Schwer hatte es diesmal die Gerste, während der Weizen besser mit den Wetterumschwüngen zurecht kam.
Zur Einschätzung „unterdurchschnittlich“ kommt der Agrarbetrieb Mildensee beim Ernte-Rückblick 2024. Hier funkte gleich zweimal Hochwasser durch die Pläne der Landwirte und machte die bestellten Felder zur Überflutungsflächen von Elbe und Mulde. Von den 850 Hektar der vom Agrarbetrieb bewirtschafteten Fläche standen 200 Hektar als Überflutungsgebiet unter Wasser. Das Winterhochwasser setzte schon Weihnachten 2023 ein und hielt sich bis weit ins neue Jahr. Da hatten es die Saaten schwer mit dem Start. Auch war der Spätfrost dann dem Wachstum nicht gerade zuträglich, sagt Lars Bode von der Geschäftsleitung.
Deutlich weniger Erträge als erhofft brachte demzufolge gerade der Raps ein, während die Gerste noch „halbwegs okay“ ausfiel wie auch der Mais und die Luzerne. Richtig gut hingegen lief es 2024 mit dem Grünland. „Wir haben soviel Heu machen und einlagern können, wie lange nicht“, macht Lars Bode doch noch einen Silberstreif aus am Horizont.
Der allerdings zeigt sich auch für die Bauern aus Mildensee und Waldersee derzeit mehr dunkel als hell. Die Kosten fressen die Erträge mehr als auf.
Die Weltmarktpreise für Getreide sind tief in den Keller gerauscht. Beim Getreide sei man noch immer nicht zurück auf dem Vor-Corona-Niveau von 2019. „Wir erlösen mit dem Verkauf weniger, als wir für die Erzeugung aufbringen“, rechnet Bode vor. Auf Dauer ließe sich das nicht kompensieren. Momentan bessere noch ein Plus bei der Tierhaltung und -aufzucht im Betriebsteil Waldersee das Manko etwas auf, aber der Fleischmarkt sei sehr schwankend.
Wachsender Kostendruck macht auch den Bauern in Dessau-Roßlau zu schaffen
Der Kostenaufwuchs schlägt in allen Bereichen zu Buche. Strom, Energie- und Dieselpreis sind grob geschätzt noch immer weit über dem Vor-Corona-Level. Besonders hart treffen die Bauern die um etwa 30 Prozent höheren Aufwendungen für Maschinenteile und -Reparaturen.
Leicht entspannt hat sich die Situation hingegen bei den vor drei Jahren explodierten Düngemittelpreisen. Darauf hatte der Agrarbetrieb Mildensee mit eine Mischstrategie geantwortet: Hat einerseits die eingesetzten Mengen bei mineralischem Düngemitteln drastisch reduziert. Zweitens griffen die Bauern zurück auf die klassischen Kreislaufwirtschaft. Ihre Rinder in Waldersee stehen auf Stroh, so dass der Mist aus dem Stall wieder in den Acker eingebracht werden konnte. Auch Komposterde aus der Bioabfallvergärungsanlage des Stadtpflegebetriebes Dessau-Roßlau kam zur Bodendüngung zum Einsatz.