Auszubildende restaurieren Porsche
DESSAU/MZ. - Baujahr 1962 - und eigentlich ganz gut in Schuss, immerhin ist der Traktor noch fahrbereit. Sein Alter sieht man dem knallroten Traktor allerdings an. Den Oldtimer vollkommen auf Vordermann zu bringen, ist von nun an Aufgabe der 13 Auszubildenden der Schaltschrankbauer.
Unter dem Motto "Aus der Lethargie in die Kreativität" hat der Porsche-Diesel-Club Europa vor drei Jahren ein besonderes Projekt ins Leben gerufen. Bundesweit wird deutschen Schulen und anderen sozialen Einrichtungen die Teilnahme am "Porsche Junior Projekt" ermöglicht. Der Club organisiert "Scheunenfunde" und steht den Einrichtungen bei der Restaurierung mit Rat und Tat zur Seite. "Wir stellen zum Beispiel kostenlos Handbücher zur Verfügung und helfen bei der Ersatzteilbeschaffung", so Stegen. In Dessau startet das 55. Projekt. In allen Bundesländern, außer nach Sachsen und Rheinland-Pfalz, werden mittlerweile Traktoren aufgemöbelt. Selbst in Österreich und Südtirol gibt es Projekt-Begeisterte.
Und einer dieser Projektbegeisterten ist Norbert Geyer, geschäftsführender Gesellschafter der Geyer-Gruppe, zu dem auch die Dessauer Firma gehört. Über die Berliner Werkstätten für Behinderte, in deren Vorstand sich Geyer engagiert, hat er Kontakt zu Harald Stegen bekommen. Und mittlerweile das vierte "Kultobjekt" organisiert. An der Rütli-Schule und der Hermann-von-Helmholtz-Schule in Berlin hat Geyer "Porsche-Junior-Projekte" angeschoben, ebenso eines in Niedersachsen. "Wir wollen für die Schüler Technik erlebbar machen, den Spaß an der Technik fördern und darüber auch den Zugang ins Unternehmen ermöglichen", begründet Geyer sein Engagement. Und wünscht sich, dass das Projekt zum Selbstläufer wird. Die Geyer-Gruppe finanziert den Traktor, stellt Werkzeuge und technische Dienstleistungen zur Verfügung. "Wenn der Traktor fertig ist, dann versteigern wir ihn auf dem freien Markt." Und der Erlös dient dann dazu, weitere Projekte für die Schule anzuschieben, erklärt er.
"Eifersüchtig" nach Berlin geguckt hat der Dessauer Lehrmeister Frank Thümmel und gefragt, ob so ein Porsche nicht auch in Dessau restauriert werden könnte, schmunzelt Geyer. Der Firmenchef musste da nicht lange überlegen: "Wir machen det", lacht der Berliner - und wartete wie Thümmel und die Auszubildenden am Mittwoch gespannt auf den roten Porsche. Als dieser endlich auf dem Hof steht, glänzen bei den Männern und den Jugendlichen die Augen. An einem Moped habe er schon mal herumgeschraubt, sagt Richard Reichelt aus dem dritten Lehrjahr. "Aber das hier ist was anderes."
Und nun heißt es den Traktor von Schmutz, Öl und Fett zu befreien, ihn in alle Einzelteile zu zerlegen. Die alte Farbe muss ab - da wird so manche Stunde geschliffen und der Arm lang werden ... Der Motor, das Getriebe, die Elektrik - alles muss geprüft werden, Dichtungen gilt es zu ersetzen, die abgeschliffenen Teile neu zu lackieren ... Nächstes Jahr, sagt Thümmel, wird der Porsche Traktor restauriert sein. Und dann? "Dann bleibt er in Dessau", versteigert wird er nicht, wie Geyer erzählt. Zu Repräsentationszwecken wird er dann genutzt - und vielleicht auch zum Rasenmähen. Immerhin gehört ein Mähbalken dazu. Aber dazu, meint Lehrmeister Thümmel, ist er dann ja zu schade.