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Auszeichnung Auszeichnung: Viele Jahrzehnte das «Mädchen für alles»

Von Annette Gens 14.03.2002, 18:40

Dessau/MZ. - Eilig sortiert Otto Damer die Gesellenbriefe. Es bleibt wenig Zeit, bis diese wichtigen Dokumente ihren Besitzer wechseln. Noch befinden sie sich in den Händen jener Prüfungskommission, der Damer angehört. In wenigen Minuten jedoch werden ganz offiziell aus den jungen Auszubildenden, die sich an jenem Tag im Saal der Gaststätte "Grüner Baum" versammelt haben, Gesellen. Insgesamt 49 dieser Briefe können durch die Kreishandwerkerschaften Bernburg/Köthen und Dessau an diesem Tag an junge Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie an Gas- und Wasserinstallateure übergeben werden. Sechs Teilnehmer dieses Ausbildungsjahrgangs müssen erneut vor der Prüfungskommission ihre Kenntnisse unter Beweis stellen. Welcher Aufwand hinter solchen Prüfungsverfahren steht, vermuten nur wenige. Otto Damer, gerade 70 Jahre alt geworden, ist einer von jenen, die gute Prüfungsbedingungen möglich machen. Seit 1952 arbeitet er ehrenamtlich in solchen Kommissionen. Auch der Eintritt in den Ruhestand vor rund zehn Jahren hinderte den einstigen Köthener Berufsschullehrer nicht daran, sich weiterhin für junge Menschen einzusetzen. Dafür erhielt er nun die Ehrenurkunde der Handwerkskammer Halle überreicht.

"Ich bin das Mädchen für alles", schmunzelt er und versucht eben seine Arbeit herunterzuspielen. Dabei weiß die Kreishandwerkerschaft längst, wie viel Damers Prüfungsvorbereitungen wirklich wert sind. "Er ist geschätzt", sagt Ursula Leupold, Geschäftsführerin der Handwerkerschaft Bernburg/ Köthen. "Wir wollen seine Hilfe nicht missen."

Sicher auch deshalb nicht, weil Otto Damer für die jungen Menschen viel Verständnis aufbringt. Es müsste mehr Zeit investiert werden ins Üben und nicht zuletzt darin, das vermittelte Wissen zu festigen", meint er und ist gewiss, "in den jungen Leuten steckt mehr, als sie zeigen". Und mit noch größerem Verständnis verweist er "auf die Verlockungen im Leben", für die gerade Jugendliche empfänglich sind.

Letztlich sieht die Praxis anders aus. So ein gestandener Prüfer, wie Damer, weiß das am allerbesten. Über die Zeit, die seine Prüfungsvorbereitungen kosten, spricht er nicht. Dass er sich selbst für diese Arbeit geistig fit halten muss, ist für ihn selbstverständlich. "Man muss auf dem neuesten Stand sein, Entwicklungen verfolgen", erklärt er und ist dankbar, dass die Innungen ihn zu Exkursionen einladen. Dabei dreht es sich nicht etwa um Fahrten ins Blaue. Es stehen andere Dinge auf dem Programm: Besuche bei führenden Herstellern von Sanitär- und Heizungstechnik, um Informationen über Neuheiten auf dem Markt zu erhalten. Damer ist fit und kann gelassen der nächsten Prüfung als Mitglied der Kommission entgegen sehen.