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Aus der Mappe ins Museum hinter Klostermauern

Von Thomas Altmann 08.09.2004, 15:34

Magdeburg/MZ. - Über einhundert Werke des Dessauer Künstlers Franz Johannknecht wurden am Sonntag dem Kunstmuseum Magdeburg im Kloster Unser Lieben Frauen übereignet. Die Schenkung wurde initiiert durch Ingrid Bahß aus Köln und den im thüringischen Benshausen lebenden Künstler Manfred May. Die Kunstliebhaberin nennt das Geschehen "die Entlassung einer privaten Passion in die Öffentlichkeit". Öffentlichkeit sollte Johannknecht nie erleben. Geboren 1903, studierte er an der Kunstakademie Düsseldorf unter anderem bei Ewald Mataré. Hier könnte er auch Paul Klee begegnet sein. Fest steht, dass Johannknecht 1933 von den Nationalsozialisten mit einem Arbeitsverbot belegt wurde. 1938 kam er nach Dessau, verpflichtet als technischer Zeichner in einem Rüstungsbetrieb. Kurz vor Kriegsende eingezogen, kehrte er 1946 aus der Gefangenschaft zurück. Seine Wohnung und sein Werk waren zerstört. So bleiben Bleistiftzeichnungen, Masken und Dämonen, angefertigt in der Gefangenschaft, seine frühesten erhaltenen Arbeiten.

Von 1951 bis 1954 gehörte er dem Verband Bildender Künstler der DDR an. Was folgte, war ein Weg in die Isolation. Zu Lebzeiten hat er nur einmal, wenig repräsentativ 1952 in Dessau ausgestellt. Unterstützt von seiner Frau Wilma, blieb er sich und seiner abstrakten Handschrift treu. In der Beschränkung der Mittel wird der Ausdruck gesteigert. So zielen Schwarz und Weiß auf die Existenzfrage.

29 der nun - 30 Jahre nach dem Tod des Künstlers - übereigneten Blätter stammen aus dem Besitz von Ingrid Bahß. Die meisten Arbeiten wurden aus dem Nachlass von Bernhard Hall erworben. Ein Sammler sei Hall nicht gewesen. Eher habe er den finanziell erfolglos arbeitenden Maler unterstützen wollen.

"Der gute Ort" heißt der Arbeitstitel des Ankaufs, der Schenkung und der damit verbundene Anspruch auf Aufarbeitung des Werkes. Diesen Ort haben die in Magdeburg geborenen Mäzene nun im Kunstkloster gefunden. Entscheidend für die Wahl sei, so May, der "zeitgenössische Ansatz des Museums" gewesen, das vornehmlich Skulpturen und Plastiken ostdeutscher Künstler sammelt.

Die Frage, ob die Kirche für Johannknecht, der unter anderem Fenster für die Kirche St. Johannis in Dessau gestaltete hatte, nur ein typisches Refugium eines von der ostdeutschen Kulturpolitik an den Rand gedrängten Künstlers gewesen sei, verneint Bahß: "Johannknecht war ein gläubiger Katholik." Kurator Uwe Jens Gellner bezeichnet Johannknechts Glauben an die klassische Moderne als "Antrieb in der Isolation". Die typischen, kleinen Formate fänden ihre Entsprechung in dieser Isolation. Neben Magdeburg besitzt das Museum in Bernburg Arbeiten von Johannknecht. Die Anhaltische Gemäldegalerie, die 1996 Werke des Malers im Fremdenhaus zeigte, zählt 31 seiner Handzeichnungen zu ihrem Bestand. In Magdeburg wird nun das Werk des Dessauer Malers erforscht. Zwei bis drei Jahre, so Gellner, werde es dauern. Dann wird das Geschenk endlich präsentiert. Dann findet Johannknecht endlich Öffentlichkeit hinter Klostermauern.