Auktionshaus wird belästigt Auktionshaus in Dessau wird belästigt: Witwe fühlt sich nach Briefmarken-Versteigerung betrogen

Dessau - Es begann mit der Übergabe von 52 Alben und tausenden Briefmarken. Die Witwe eines Sammlers bei Magdeburg ließ sie von einem Dessauer Auktionshaus verkaufen. Doch nun, fast zwei Jahre später, sorgt der Fall noch immer für Ärger.
Die 79-Jährige fühlt sich um Geld gebracht - weil sie selbst den Wert der Marken höher einschätzt als die Auktion erbracht hatte. Der Dessauer Händler dagegen sieht keine Verfehlungen - und inzwischen Rufmord: Die Witwe belästige seit Monaten die Mitarbeiter.
Dabei sei die Abrechnung sauber, das Prozedere lückenlos dokumentiert. Es ist auch ein Fall aus der Welt der Sammler, in der manchmal gefühlte und tatsächliche Werte auseinander gehen. Und wo am Ende plötzlich keine Einigung mehr möglich ist.
„Mein Mann hat jeden Cent für seine Marken ausgegeben. Und dann kommt da so ein mickriger Betrag zusammen“
„Mein Mann hat jeden Cent für seine Marken ausgegeben. Und dann kommt da so ein mickriger Betrag zusammen - das kann einfach nicht sein“, sagt Marlene Meier. „Ich fühle mich um das Erbe meines Mannes betrogen.“ Er war 2014 gestorben, hatte 61 Jahre lang gesammelt. Etwa 100.000 Euro, so schätzt die 79-Jährige, soll ihr Mann in die Sammlung gesteckt haben.
Jedes der Alben hatte 60 Seiten mit vollständigen Reihen wie beispielsweise zu DDR, Westberlin, Österreich oder die Zeit vor 1945. Es waren vor allem Marken-Sets aus Abonnements bei der Post.
Nach der Auktion im Februar 2016 wurden Meier rund 4.200 Euro überwiesen - nach Abzug von Provision, Gebühren und Mehrwertsteuer. Doch mit der Abrechnung gibt sie sich nicht zufrieden: Es sei unklar, welche Marken zu welchem Wert verkauft worden waren. „Im Auktionskatalog standen hohe Summen.“ Ihr gehe es nicht ums Geld, „sondern um Gerechtigkeit“.
Auktionshaus-Chef: Der Mann hatte zwar viel gesammelt, aber keine echten Werte geschaffen
Die Unterlagen, die der Auktionshaus-Chef der MZ zur Verfügung stellte, erzählen zu dem Fall eine andere Geschichte. Im September 2015 hatte er die Sammlung abgeholt, schätzte sie vor Ort auf 3.000 bis 3.500 Euro. Auf der Übergabe mit der Summe steht die Unterschrift von Meier.
Danach stellte der Händler die Marken in einen Auktionskatalog. „Es sind Aufrufpreise, von denen man annimmt, diese bei einer Auktion erzielen zu können. Wir haben die Sammlung nach objektiven Kriterien bewertet. Aber am Ende gilt: Es sind Richtwerte. Die Nachfrage bestimmt den Preis“, so der Dessauer.
Die 4.200 Euro Erlös seien sogar mehr gewesen, als geschätzt. „Das war ein guter Preis. Der Mann hatte zwar viel gesammelt, aber keine echten Werte geschaffen.“ Nach der Sofortüberweisung auf das Konto der Kundin wurden die restlichen Marken übergeben. „Es ist sachlich und fachlich korrekt abgelaufen, es war alles nachvollziehbar aufgelistet und abgerechnet. Zu jedem Schritt gab es Protokolle - sie hat alles unterschrieben.“
Wütende Anrufe im Auktionshaus, Chef wegen Unterschlagung angezeigt
Etwa drei Monate später, im April 2016, hatte es plötzlich wütende Anrufe im Auktionshaus gegeben. „Seitdem beschimpft und belästigt sie uns wöchentlich auf das Unflätigste. Ein normales Gespräch ist nicht mehr möglich.“
Einer der drei Mitarbeiter schrieb im November nach einem Anruf: „Wird persönlich, sehr frech. Ich bin in diesem Haus der größte Verbrecher, Gesochse und zu faul zum arbeiten. (...) Es ging mir nach dem Telefonat psychisch sehr schlecht.“
Meier hatte den Chef des Hauses wegen Unterschlagung angezeigt, die Ermittlungen sind im März 2017 eingestellt worden. Der Händler hat nun selbst einen Anwalt eingeschaltet und klagt auf Unterlassung. „Es sind nun über eineinhalb Jahre, mit Telefonaten und Falschbehauptungen. Irgendwann ist Schluss.“
Katalogwerte für Briefmarken sind nur Schätzwerte der Händler
Dass der Verkauf von Briefmarkensammlungen in einem Rechtsstreit endet, ist selten, sagt Harald Rauhut, Vorsitzender vom Bundesverband Deutscher Briefmarkenversteigerer. Er kennt den Fall aus Dessau - Meier hatte ihn dutzende Male kontaktiert. „Ich habe intensiv geprüft und sehe keinerlei Verstöße.“ In solchen Fällen gehe es meist darum, dass Erben von Schätzen ausgehen, die zusammengetragen worden sind.
„Da hat man sich den Sammelwert eben auch schön geredet.“ Gerade Hobby-Briefmarkensammler gebe es in Deutschland tausende. „Egal, welches Hobby man hat: Man verliert zwangsläufig Geld.“ Die Katalogwerte seien Schätzwerte der Händler. „In der Realität bekommt man aber nicht alles in voller Höhe verkauft. Am Ende ist der ideelle Wert oft höher als der tatsächliche. Darüber müssen sich aber alle Beteiligten vor einer Auktion klar sein.“ (mz)