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Augenmerk auf die unendliche Treppe

Von Ilka Hillger 27.12.2004, 18:10

Dessau/MZ. - Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Und doch taten es die Dessauer Stadträte, und das ausgesprochen gründlich. Endlos waren Mitte der 90er Jahre die Debatten im Kulturausschuss, als es um die Aufstellung einer Max-Bill-Plastik im Stadtraum ging. Die Plastik selbst war ein Geschenk des Bildhauers, das dieser dem Bauhaus bereits 1988 machte. Aufgestellt wurde die Plastik freilich erst nach dessen Tod, denn während Bill und dessen Erben und Mitstreiter einen Standort vor dem Bauhaus favorisierten, zogen Stadträte, -verwaltung und Stiftung Bauhaus den Seminarplatz vor, wo die "Unendliche Treppe" schließlich seit Sommer 1996 ihren Platz gefunden hat.

Einige Jahre sind seitdem vergangen. Am 9. Dezember jährte sich zum zehnten Mal der Todestag des Bildhauers. Anlass für die Projektgruppe Max Bill, die auch die Aufstellung der Skulptur begleitete und deren Finanzierung damals sicherte, in der Muldestadt vorbei zu schauen. Der Berliner Journalist und Schriftsteller Michael Grüning und der Hallenser Regisseur und Kameramann Hagen Lettow kamen an diesem Tag mit einem Blumengebinde, um an der "Unendlichen Treppe" den Schweizer Künstler zu ehren.

Staunend und verstört verließen sie die Stadt. Weder die Stadt noch die Stiftung Bauhaus gedachten dieses Tages. Und nicht nur das: Die Besucher vermissten auch eine Gedenktafel, deren Anbringung, so sagen sie, einst bei der Aufstellung versprochen wurde. "Das ist ein Vorsatz, den das Bauhaus und die Stadtväter scheinbar vergessen haben", sagt Michael Grüning. Bedauerlich findet dies die Projektgruppe Max Bill, schließlich würde kaum ein Dessauer oder Besucher wissen, dass es sich bei der Skulptur um ein echtes Bill-Kunstwerk handelt.

Dass die Herkunft der Skulptur aus dem bloßen Aufstellen kaum hervorgeht, räumt auch Kulturamtsleiter Gerhard Lambrecht ein. Mag die Anbringung einer Gedenktafel auch herausgeschoben sein, so war sie doch nicht vergessen. "Das Gebiet rund um den Seminarplatz ist ein Sanierungsgebiet und innerhalb dessen wird es einen städtebaulichen Wettbewerb geben. Dann wird auch die Max-Bill-Skulptur einbezogen", sagt Lambrecht, der zudem darauf verweist, dass das Bauhaus nie das Interesse an dem Bildhauer verlor. "Die Stiftung hat beispielsweise zwei seiner Bilder angekauft und in Ausstellungen gezeigt", sagt er. Und ein Schild verspricht er auch. "Im Zuge der Neugestaltung des Platzes wird es hängen." Dann sind es nicht mehr länger nur die Mitglieder der Projektgruppe Bill und einige Eingeweihte, die wissen, wer der Schöpfer der "Unendlichen Treppe" ist.

Der Schweizer Architekt, Bildhauer und Autor Max Bill wurde am 22. Dezember 1908 in Winterthur geboren. Nach dem Besuch der Kunstgewerbeschule in Zürich, wo er sich zum Silberkunstschmied ausbilden ließ, studierte er von 1927 bis 1929 am Dessauer Bauhaus. Das Klima dort prägte seine künstlerische Entwicklung. Walter Gropius und Hannes Meyer zählten zu seinen Lehrern. Ganz der Bauhaus-Idee verpflichtet, beschäftigte er sich nach seiner Rückkehr nach Zürich seit den 1930er Jahren mit gestalterischen Problemen. Der international hoch geehrte Universalkünstler blieb bis in seine letzten Lebenstage hinein aktiv. Mit dem Denkmal für die alliierten Schutzmächte entstand 1994 in Berlin eines seiner letzten ausgeführten Werke. Noch am Tag vor seinem unerwarteten Tod am 9. Dezember 1994 setzte sich Max Bill in Berlin für den Erweiterungsbau des Bauhaus-Archives ein, dem er bereits seit 1985 vorstand.