Auf der Suche nach des Vaters Spuren
DESSAU/MZ. - In dem Gebäude, das heute das Sport- und Kurshaus "Kurt Elster" ist und damit den Namen ihres Vaters trägt. Barbara Strache war einfach noch viel zu klein, um heute zu wissen, wie es in dem Haus damals aussah, dessen Architekt ihr Vater war.
Kurt Elster hatte sich mit seinem modernen Entwurf in einem Architektenwettbewerb durchgesetzt. Der Baubeginn für dieses im Auftrag der Allgemeinen Ortskrankenkasse errichtete Gebäude war 1927, am 14. Dezember 1930 fand die feierliche Übergabe statt. In der Heimatbeilage des Anhalter Anzeigers war dazu zu lesen: Es ist ein stattliches Gebäude im modernsten Stil. Man hat reichlich viel Geld in das Bauwerk gesteckt, das vielleicht mit weniger Mitteln ebenso praktisch hätte hergestellt werden können."
Besonders hervorgehoben wurde damals die moderne Kundenhalle mit den langen Tresen unter den Glasbausteinen in der Decke. Ein Saal, der auch den Architekten Dieter Bankert fasziniert, unter dessen Federführung der Umbau zum Sport- und Kurshaus am Philanthropinum erfolgte.
Im alten AOK-Gebäude
Am Montag führten Dieter Bankert und Eckhard Zilm, Direktor des Philanthropinums, Barbara Strache und Mitarbeiter des Dessau-Roßlauer Stadtarchivs durch das Gebäude. Um voneinander etwas über Kurt Elster und sein Werk zu erfahren. Die Stadtarchivmitarbeiter wollten etwas mehr über den Architekten Kurt Elster hören, der in Dessau-Roßlau zahlreiche Spuren hinterlassen hat, die auch heute noch zu finden sind. Die Tochter des Architekten freute sich, diese Spuren zu entdecken und vor allem in dem umgebauten denkmalgeschützten Gebäude die Anerkennung der Arbeit ihres Vaters zu spüren. Denn mit großem Aufwand, äußerst sensibel und mit großem Respekt vor der Leistung Kurt Elsters hat Dieter Bankert sowohl den Gesamteindruck des ehemaligen AOK-Gebäudes erhalten, als auch in vielen Details die Besonderheiten.
Im Gymnastiksaal
Eines von vielen Zeugnissen dafür ist die ehemalige Schalterhalle, die nun als Gymnastikraum genutzt wird. "Das Großartige dieses Raumes ist, dass diese Glasbausteine in der U-Form die Decke schwebend machen", hebt Bankert eine Besonderheit hervor. Auch wenn die Sonne nicht scheine, was am Montag tatsächlich nicht der Fall war, dann erwecke diese Decke mit den Glasbausteinen dennoch den Eindruck von Sonne, schwärmt Bankert und seine Zuhörerinnen und Zuhörer können diese Aussage nur bestätigen.
Besonders gespannt lauscht Barbara Strache, als es um die ehemaligen Wohnungen geht. Von Anfang an wurde das Gebäude nicht nur von der AOK genutzt, sondern diente auch als Wohnhaus. Bankert erklärt sich das so, dass die Allgemeine Ortskrankenkasse zwar ein sehr repräsentatives und entsprechend großes Gebäude habe haben wollen, aber gar nicht so viele Büro- und andere Räume benötigte. Dadurch seien die Wohnungen mit aufgenommen worden, in deren eine der Architekt Kurt Elster sogar selbst einzog.
Vielleicht auch, weil es ein modernes Haus war, wie Bankert findet, das einige Vorteile bot. Eine Müllentsorgung zum Beispiel. Bankert zeigt auf den ehemaligen Schacht im Treppenaufgang, der heute allerdings verschlossen ist. "Ich weiß, dass meine Familie unheimlich stolz darauf war, dass es eine Müllentsorgung gab", bestätigt Barbara Strache diese Vermutung. Das sei in der Familie immer wieder erzählt worden.
Auf eine alte Tür zeigt Bankert im Treppenaufgang und wundert sich noch jetzt: "Diese Türen haben den ganzen Betrieb überstanden." Was heißt, dass sie schon seit über 70 Jahren die Bewohner und Nutzer des Gebäudes ein- und auslassen. Wobei der Briefschlitz heute nicht mehr zu einem Briefkasten gehört. Jedenfalls an dieser Tür nicht, die schließlich zum Computerkabinett führt.
Dass die ehemaligen Räumlichkeiten in ihrem Grundriss nicht ideal für eine Schule sind, wurde hier mit einer speziellen Lösung, mit einer interaktiven Tafel und eben der Nutzung als Computerkabinett geschickt überspielt. "Wir am Philanthropinum sind es ja gewohnt, mit historischer Substanz umzugehen", meint Eckhard Zilm mit Verweis auf die ehemalige Handelsrealschule und damit das Hauptgebäude des Gymnasiums.
Im Kunstkabinett
Im Kunstkabinett überlegt Bankert kurz, schaut sich um und stellt dann fest: "Das ist die Elstersche Wohnung." Barbara Strache bekommt Staune-Augen wie ein kleines Kind. Hier also ist sie aufgewachsen, hat sie ihre ersten Schritte gemacht. Bankert weiß aufgrund von Bauspuren auch, dass es mal eine Wendeltreppe gegeben hat, die zu einem Zimmer im Dachgeschoss und damit zur Terrasse führte. Kurt Elsters Tochter ist berührt. Von diesem besonderen Ort, von diesem Gebäude. Sie wolle wiederkommen, sagt sie.
Da es nur wenig Material zu Kurt Elster in Dessau-Roßlau gibt, bittet das Stadtarchiv um Mithilfe. Wer Fotografien von Gebäuden Elsters hat oder wer weiß, wer in den Häusern gewohnt hat, wird gebeten, diese Informationen dem Stadtarchiv, Lange Gasse 22, zur Verfügung zu stellen, damit davon Kopien angefertigt werden können.