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Anhaltisches Theater Anhaltisches Theater in Dessau: Manfred Krug "s(w)ingt" - ein Hochgenuss

22.04.2016, 20:10
Manfred Krug und Uschi Brüning stehen seit Jahrzehnten gemeinsam auf der Bühne.
Manfred Krug und Uschi Brüning stehen seit Jahrzehnten gemeinsam auf der Bühne. Archiv/dpa

Dessau - Es gab und gibt vermutlich kaum einen ostdeutschen Plattenschrank, in dem keine Platte von Manfred Krug steht. Am Sonntag, dem 8. Mai, um 17 Uhr „liest und s(w)ingt“ er mit Uschi Brüning und Band im Anhaltischen Theater. MZ-Redakteurin Ute König hat Manfred Krug zu seiner Musik, seinem Buch „Schweinegezadder“ und seinem Leben befragt.

Sie arbeiten seit Jahrzehnten mit Uschi Brüning zusammen. Langweilig scheint das nie zu werden. Was schätzen Sie an Uschi Brüning?
Krug: Das muss mit meiner angeborenen Treue zu tun haben. (Bin ja auch schon seit über 50 Jahren mit derselben Frau verheiratet.) Nein, im Ernst: Ich schätze an Uschi Brüning, dass sie wunderbar singen kann. Eine Gottesgabe. In all den Jahren habe ich noch keinen einzigen falschen Ton gehört, der ihre wunderbare Kehle verlassen hätte. Mit ihr ein Duett zu singen, ist bis heute ein Hochgenuss. Sie haben mit Ihrer Vermutung recht: Es wurde nie langweilig, im Gegenteil, es wird immer noch spannender.

Und vielleicht hat sie es ja schon einmal verraten: Was schätzt Uschi Brüning an Ihnen?
Krug: Sie war in ihrer Jugend Justiz-Sekretärin. Vor vielen Jahren hat sie einmal gesagt: „Es ist immer noch besser, mit dir ein Jazzkonzert zu singen, als tagelang Gerichtsprotokolle abzuschreiben.“ Das war für einen Gelegenheitssänger wie mich Kompliment genug. Was erwartet die Zuschauer bei Ihrem Auftritt in Dessau? Krug: Uschi und ich haben neulich unsere erste gemeinsame CD mit dem Titel „Auserwählt“ eingespielt, die es auch als Vinyl-Schallplatte gibt. Das Konzert ist großenteils identisch mit der CD. Ich finde es ganz praktisch, dass der Zuhörer nach dem Konzert immerhin entscheiden kann, ob er sich die Platte lieber erspart. Die erlesenen Musiker sind Mathias Bätzel am Piano, Tom Götze am Kontrabass, Wolfgang „Zicke“ Schneider am Schlagzeug und Andreas Bicking am Saxophon und an der Orgel.

Sie werden auch aus ihrem Buch „Schweinegezadder“ lesen. Die Frage kommt bestimmt öfter, aber: Was ist „Schweinegezadder“?
Krug: Ich werde nur eine Kurzgeschichte aus dem Büchlein vor tragen. Bei den Musikern, die wir mitbringen, wäre es Zeitverschwendung, mehr zu lesen. Ach so: „Gezadder“ ist ein eher berlinisches Wort für ungenießbares, zähes Fleisch, an dem man sogar ersticken kann. Im großen Duden finde ich mit derselben Bedeutung den Begriff „Gezampel“.

Von keinem geringeren als Marcel Reich-Ranicki wurde Ihr Buch gelobt: „Dieses Buch wird vielen Leuten Spaß machen!“ Was bedeutet Ihnen ein solches Lob?
Krug: Er wird schon gewusst haben, weshalb er sein Lob so vorsichtig dosiert hat. Er hat bessere Bücher gelesen. Sei’s drum, ich habe vor Freude damals zwei Nächte nicht geschlafen. Denn der Tadel des Meisters konnte ein Buch zu Makulatur machen. Im Osten weiß man, dass Sie nicht allein Schauspieler, sondern auch Musiker und Schriftsteller sind.

Manfred Krug: Erst mit 40 Jahren ging es raus aus dem Osten

Im Westen ist das nie so richtig angekommen. Wie erklären Sie sich das?
Krug: Die Westmenschen sind nicht mit mir gemeinsam aufgewachsen. Meine Jugend, die ersten beruflichen Schritte, das alles hatten nur die etwa Gleichaltrigen im Osten erlebt. Und von dieser jugendlichen Gruppe in der DDR sahen auch noch viele das Westfernsehen, wo immer die Antennen einen Empfang zuließen. Erst im „zarten“ Alter von 40 verließ ich den Osten, und ich wusste genau, das Wertvollste, was ich verlassen hatte, war eben das junge Publikum.

Mit 65 Jahren haben Sie die Schauspielerei an den Nagel gehängt. Vermissen Sie nichts?
Krug: Friedrich Schiller sagt: „Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze...“ Oft wundere ich mich, wenn ich auf Arte Stummfilme sehe: Warum kenne ich diese bedeutenden Berufskollegen nicht?! Tja, siehe Schiller. Andere große Künstlernamen hat man wenigstens mal gehört: Goethe, Schiller, Herder, Lessing, Klopstock, Wieland. Alles keine Schauspieler. Deshalb sagt der Volksmund: „Wer schreibt, der bleibt.“ Nein, ich vermisse nichts. Wenn ich unbedingt was arbeiten will, dann frag ich Uschi, ob sie mich zum Konzert mitnimmt. Oder ich räume endlich mein Zimmer auf.

Nun sind Sie 79 Jahre alt und sind schon einige Male für Ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden. Ich schätze, für Sie persönlich ist es noch nicht vollendet. Worauf darf man sich noch freuen?
Krug: Mancher stirbt mitten in der Arbeit, die er sich zu lange zugetraut hat. Am Ende dieses Jahres steht bei mir zum ersten Mal die Acht. Mal sehen. Vielleicht mache ich noch eine letzte CD mit Songs, die mich durchs Leben begleitet haben. Oder nur mit Songs, die ich zum ersten Mal singe...