Altes Theater in Dessau Altes Theater in Dessau : Heinrich von Kleists "Amphitryon"
Dessau - Wer bin ich und wer will ich sein? Zwei Fragen, die in Zeiten von Selbstoptimierung und Selbstfindung aktueller sind denn je. Aber offenbar auch schon in der Antike und zu Lebzeiten Heinrich von Kleists die Menschen beschäftigte. Regisseur Boris von Poser und Dramaturg Maximilian Löwenstein bringen mit der Tragikomödie „Amphitryon“ ab Freitag diese aktuelle und gleichzeitig zeitlose Frage auf die Studiobühne des Alten Theaters in Dessau.
Gott oder Mensch?
In Heinrich von Kleists „Amphitryon“ herrscht Verwirrung unter den Menschen. Der Göttervater Jupiter bekommt Lust auf die schöne Sterbliche Alkmene und wendet, um sie zu verführen, einen Trick an. Er besucht sie in Gestalt ihres Ehemanns Amphitryon. Begleitet wird Jupiter von seinem Boten Merkur, der in Gestalt des Dieners Sosias dafür sorgt, dass diese besondere Nacht länger dauert als gewöhnlich und dadurch zusätzlich Verwirrung stiftet.
Heikel wird es, als der echte Amphitryon mit seinem Diener Sosias aus dem Krieg nach Hause kehren will – denn plötzlich ist Amphitryons Platz in Theben schon besetzt und auch Sosias trifft jemanden an, der ihm gleicht wie ein Wassertropfen dem anderen. Wer ist Gott? Wer ist Mensch? Alkmene soll ihren echten Mann erkennen. Doch sie entscheidet sich für den Jupiter. Auch wenn sie glücklich ist mit ihrem Mann und sie ihn liebt, das Göttliche macht Jupiter zum idealen Mann.
Die Premiere von „Amphitryon“ von Heinrich von Kleist am Freitag, dem 11. Dezember, um 20 Uhr auf der Studio-Bühne im Alten Theater ist bereits ausverkauft, wie das Anhaltische Theater Dessau mitteilt. Für alle folgenden Termine gibt es aber noch Karten: Donnerstag, 17. Dezember, 18 Uhr; Samstag, Dezember, 20 Uhr; Samstag, 26. Dezember, 20 Uhr; Mittwoch, 6. Januar, 20 Uhr; Freitag, 29. Januar, 20 Uhr; Freitag, 12. Februar, 20 Uhr.
Weitere Termine ab März gibt das Anhaltische Theater in den Monatsprogrammen bekannt. Tickets sind erhältlich unter Telefon: 0340/2511 333, im Internet unter www.anhaltisches-theater.de, an der Theaterkasse (Montag bis Freitag 9 bis 17 Uhr) sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen. Boris von Poser wurde in München geboren und ist in Heidelberg aufgewachsen.
Er studierte Regie am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Parallel zum Ende seiner Ausbildung war er zwei Jahre im Assistententeam von Regisseur Peter Zadek bei Produktionen am Akademietheater in Wien und an den Kammerspielen in München. „Amphitryon“ von Heinrich von Kleist ist seine erste Inszenierung am Anhaltischen Theater in Dessau.
Übertragen auf heute, sei das in der Liebe nicht anders. „Liebe ist eine Vorstellung, die vielleicht idealer ist“, sagt Boris von Poser. Das angestrebte Schönheitsideal heutzutage ist jung und schön. Deshalb geht Regisseur von Poser bei der Besetzung des Jupiter einen anderen Weg als viele seiner Kollegen. Die Rolle übernimmt Patrick Wudtke und wird damit wohl zu einem der jüngsten Jupiter, die es je in einer „Amphitryon“-Inszenierung gegeben hat. „Als Göttervater stellt man sich sonst eher den gesetzteren, älteren Herren vor“, so von Poser. In Dessau wählt man dagegen den gut gebauten Mann, der jünger ist als Amphitryon (Sebastian Müller-Stahl).
Konzentration auf die Schauspieler
Insgesamt will der Regisseur die Konzentration auf die Schauspieler legen. Zu sehen sind neben Patrick Wudtke und Sebastian Müller-Stahl aus dem Dessauer Schauspielensemble Gerald Fiedler als Diener Sosias, Katja Sieder als Amphitryon Gemahlin Alkmene und Illi Oehlmann in der Rolle der Charis, der Gemahlin des Sosias. Das Bühnenbild hat von Poser einfach gehalten. Zentrales Element ist ein Schleier, der der Bühne Tiefe verleihe - und auch der Handlung. Er teilt u.a. in die menschliche und göttliche Welt, ins Innen und ins Außen, ins Mögliche und ins Reale - und ist gleichzeitig durchlässig. „Man kann die Ebenen nicht immer so ganz zuordnen“, so Maximilian Löwenstein. Die Verwirrung wird dadurch nicht weniger.
Verortet hat von Poser das Stück nicht etwa in der Antike, wie es die Geschichte rund um die Götter und die Sprache vielleicht nahlegen. Vielmehr nehmen die Kostüme für das sechsköpfige Ensemble Bezug auf das Leben Heinrich von Kleists (1777-1811). Vor seiner Zeit als Dichter hatte der zunächst die Militärlaufbahn eingeschlagen. Statt einer antiken Rüstung tragen Jupiter und Amphitryon also eine Uniformen, ähnlich derer, wie sie Kleist getragen hat. Beide seien ähnlich.
„Aber die des Gottes doch noch ein bisschen besser“, sagt Löwenstein. Eines der vielen Mittel, um die einbrechende Verwirrung der scheinbar so geordneten Welt zu verdeutlichen. „Es gibt ja kaum etwas, das strukturierter wirkt, als das Militär“, erklärt der Dramaturg. Verwirrung erhält für den Feldherren Amphitryon eine besonders tragische Bedeutung.
Tragisch und komisch
Tragisch allein bleibt Kleists „Amphitryon“ allerdings nicht. Er habe seiner Bearbeitung zwar eine bedeutende philosophische Nuance gegeben. Das Komische des Originals von Molière sei aber erhalten geblieben. „Es ist immer auch sehr lustig“, so von Poser. (mz)