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Altes Theater Dessau Altes Theater Dessau: Ein Held der Postmoderne

Von johannes killyen 26.12.2012, 17:43

dessau/MZ. - Wie wäre das schön gewesen: Mit dem in Dessau bestens bekannten "Ensemble Modern" wäre der Meister persönlich zum Kurt-Weill-Fest gekommen. Er hätte sich für die Aufführung seines monumentalen Orchesterwerkes "The Yellow Shark" (1992) feiern lassen. Und am Tag darauf wäre, umringt von Bauten der klassischen Moderne, die "Frank-Zappa-Straße" eingeweiht worden: Zappa-Stadt Dessau.

Doch es kam anders: Frank Zappa, einer der genialsten Rockmusiker und Avantgardisten des 20. Jahrhunderts, starb 1993, als erst ein Weill-Fest abgehalten worden war. Eine Zappa-Straße gibt es nur in Berlin. Und das weltweit einzige Zappa-Festival findet in Bad Doberan statt.

Hardcore-Fans inklusive

Freilich: Zappa-Fans gibt es auch in Dessau-Roßlau. So waren zu einem vor- und doch nicht besonders weihnachtlichen Abend anlässlich seines 72. Geburtstags am Freitag 30 Gäste ins Alte Theater gekommen. Darunter Hardcore-Fans, die nicht anders konnten, als sich ab und an ins Gespräch einzuschalten.

Und ein illustres Dreier-Podium auf provokativ plüschigen Sesseln: Oberbürgermeister Klemens Koschig, der bekannteste Zappa-Jünger der Stadt, hatte sich in Jeans-Kluft geworfen; Autor Frank Wonneberg erschien gediegen, aber mit Zappa-Bart; entspannt moderierte Theaterdramaturg Holger Kuhla. Das war eine prima Runde, um mit glänzenden Augen Erinnerungen aus DDR-Zeiten hervor zu holen - und Allgemeines wie auch sehr Spezielles auszutauschen.

Doch wer war dieser Frank Vincent Zappa, der 1940 im amerikanischen Baltimore geboren wurde und als Kind so lange auf der Wohnungseinrichtung herum trommelte, bis die Eltern ihm eine Gitarre schenkten? Zappa war ein Musiker und Künstler, wie man ihn sich kompletter kaum vorstellen konnte.

Er spielte zahllose Instrumente, sang, konnte komponieren und arbeiten wie ein Wahnsinniger, spielte über 60 Alben ein, war dadaistisch und politisch zugleich, bediente sich bei den Klassikern Strawinsky und Varèse ebenso wie beim Rock' n' Roll, provozierte und faszinierte, war satirisch und stilbildend und ein Revolutionär der Plattenproduktion: ein Held der Postmoderne.

Zappa hat abgedrehte Klangcollagen wie Theaterstücke arrangiert und ebenso Hits für die Charts geschrieben, "Bobby Brown" zum Beispiel, den Song, der zum Auftakt im Alten Theater sein subversives Potenzial offen legte: guter Pop-Rock, der freilich nur deshalb im Radio gespielt werden durfte, weil viele die Obszönitäten im Text gar nicht verstanden.

Der Abend brauchte ein wenig, um in Gang zu kommen und sprang einigermaßen assoziativ ("Was wollen wir jetzt spielen?") durch Zappas musikalisches Leben; vielleicht ging es ja nicht anders. Doch unterhaltsam waren die dreieinhalb Stunden allemal.

Klemens Koschig berichtete, wie er über die "Beatles", "Yes", Jazz und Klassik zu Zappa gekommen war, wie er in einem Club in der Hardenbergstraße aus- und einging und seine erste Zappa-Platte für 130 Ostmark kaufte.

Frank Wonneberg, der ein beeindruckendes Zappa-Buch herausgegeben hat, führte das Publikum seinerseits in die Geheimnisse verschiedener Schallplattenpressungen ein und versuchte immer wieder auch hinter die Fassade des selbstinszenierten Zappa zu blicken, der als Perfektionist heimlich eigene Gitarrensoli auch noch mal einspielte, um gegen die herausragenden Bandmusiker nicht abzufallen. Es wurden Anekdoten hin- und hergereicht, CDs aufgelegt und Schallplatten.

Sensible Zusammenarbeit

Und es gab (scharf beäugt von einem Bild des Meisters aus Koschigs Beständen, gemalt von Wolfgang Thöner, Leiter der Bauhaus-Sammlungen) sogar eine ganz konkrete Versprechung: "Wir werden", sagte Holger Kuhla unter Applaus, "den Yellow Shark auch am Anhaltischen Theater aufführen."

Dabei kann man in Dessau auf wichtige Erfahrungen bauen - denn die Zusammenarbeit mit den Zappa-Erben soll mindestens so sensibel sein wie die Kooperation mit den Weill-Nachfahren.