„Kinder können nicht mehr richtig spielen“ Alternativen aufzeigen: Ölmühle Roßlau fördert Kreativität von Kindern und Jugendlichen
Warum gerade nach dem Lockdown das Fördern von Spielen im Kinder- und Jugendbereich der Ölmühle Roßlau eine zentrale Rolle einnimmt.
Roßlau - „Kinder können nicht mehr richtig spielen“, hat Sigrid Fleischer beobachtet. „Sie wollen, wissen aber nicht, wie es geht.“ Und deshalb ist Fleischer gerne zur Stelle. Sie leitet den Kinder- und Jugendbereich in der Roßlauer Ölmühle, versucht, Kindern eine Ansprechpartnerin in vielen Belangen zu sein zu sein.
Sie gibt Hausaufgabenhilfe und will vor allem die Kreativität der Besucher fördern, sie wegholen vom Handy, ihnen Alternativen aufzeigen. „Und manchmal ist es wichtig, einfach nur für sie da zu sein.“ Niemand soll vergessen werden und den Anschluss verlieren in der Ölmühle, schon gar nicht in Zeiten der Pandemie. Im Ortsteil Roßlau der Doppelstadt Dessau-Roßlau ist die Mühle der Anlaufpunkt für alle Generationen.
Angebote für alle Altersgruppen in der Ölmühle Roßlau
Beschaulich am Flüsschen Rossel gelegen, beherbergt das historische Gebäude auf vier Etagen ein soziokulturelles Zentrum. Seit 17 Jahren wird es vom Ölmühle-Verein getragen. „Es gibt Angebote für alle Altersgruppen. Kinder und Jugendliche liegen uns aber besonders am Herzen“, erzählt Iris Seidel, die das Haus leitet. Nur drei fest angestellte Mitarbeiter hat die Ölmühle insgesamt. „Ohne Ehrenamtliche und Helfer würde es nicht gehen“, hebt Seidel hervor, die sich etwa über Isabell Bolz freut.
Die 19-jährige Studentin bringt sich als Bundesfreiwillige an vielen Stellen ein und hält beispielsweise mit der Kamera Veranstaltungen fest. Der Wermutstropfen: „Einen Beamer, mit dem wir Filme anschauen können, haben wir nicht mehr“, sagt Seidel. Es mangelt an der technischen Ausstattung im Haus.
Ständig ist Seidel auf der Suche nach Förderern und Kooperationspartnern. Beispielsweise gehört das Programm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung dazu. Einen Eigenanteil aber muss der Verein immer aufbringen, was nicht leicht ist, aber lohnt.
Corona hat vielen Kindern zugesetzt
In der Ölmühle zu sein mache Spaß, finden die zehnjährige Emma und ihre achtjährige Freundin Alina. Oft sind sie nach der Schule hier. Auch beim 13-jährigen Jeremy ist das so. Ohne das Haus gebe es Tage, „wo ich mich langweilen würde“. Mittlerweile ist er Assistent von Sigrid Fleischer, so wie auch die 19-jährige Talisa Buchmann. Sie helfen mit bei Projekten und setzen auch eigene Ideen um. „Wir wollen einen Star-Wars-Fan-Film drehen“, erzählt Talisa.
Trotz der Begeisterung der jungen Leute weiß Sigrid Fleischer, dass Corona vielen zugesetzt hat. „Man hat die Verunsicherung gespürt, mit der Situation umzugehen.“ Zum Teil können die Kinder nicht einschätzen, was sie durch Homeschooling verpasst haben. „Die Lerndefizite sind ihnen nicht bewusst“, stellt sie fest. Zu viel Zeit wurde mit Handy, Computer und Fernseher verbracht.
Digitale Medienangebote und Theaterprojekte in der Ölmühle Roßlau
Doch wie die Kinder nach dem Lockdown erreichen? Mit digitalen Medienangeboten oder Theaterprojekten wird Neugier geweckt. „Gemeinsam machen und gucken, das ist hier wichtig“, sagt Seidel. So werden mit dem Burgtheater-Verein, der im Sommer auf der Roßlauer Wasserburg gastiert, zwei Workshops durchgeführt. Die Ölmühle hat eine mobile Bühne und Handpuppen angeschafft.
Wenn Kinder damit spielen, so Fleischer, falle es ihnen leichter, über Probleme zu sprechen. „Außerdem kann jeder seine Talente entdecken“, sagt sie - vor, auf oder hinter der Bühne. Und noch etwas wird den jungen Besuchern vermittelt: „Jeder ist wichtig, jeder wird gebraucht“. (mz)