Alte Schwimmhalle bewegt Jugend
Köthen/MZ. - Um es vorweg zu nehmen: Der Beschluss wird nichts Bindendes für die Köthener Kommunalpolitik haben, weil letzten Endes alles eben nur ein Spiel ist. Aber schließlich ist auch nicht ausgeschlossen, dass sich der "reguläre" Köthener Stadtrat darüber Gedanken macht, ob nicht die Vorschläge der Jugendlichen doch bedenkenswert sind.
Ziel des Planspieles, für das die Friedrich-Ebert-Stiftung verantwortlich zeichnet, ist es, junge Leute an Kommunalpolitik heran zu führen. Ihnen zu verdeutlichen, wie Politik funktioniert. Sie sollen die Erkenntnisse in diesem Fall nicht aus dem Lehrbuch, sondern aus praktischer Erfahrung gewinnen. Begleitet von echten Kommunalpolitikern, von Stadtoberen und der städtischen Verwaltung.
Also suchte man zunächst den Kontakt zu Bürgermeistern, um zu erfahren, inwieweit man Partner finden könnte. In Köthen zeigte sich Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander durchaus angetan von dem Vorhaben und auch die Reaktionen seitens der Verantwortlichen des Gymnasiums An der Rüsternbreite und der Vertreter der Stadtratsfraktionen waren positiv.
Beim ersten Zusammentreffen aller Beteiligten am Mittwochnachmittag im Köthener Ratssaal galt es nun, sich zunächst noch einmal über das Anliegen zu verständigen und die ersten Schritte zu unternehmen. Dr. Jürgen Zieher vom Magdeburger Landesbüro der Friedrich-Ebert-Stiftung erklärte zu Beginn, man habe das Planspiel schon in mehreren Städten recht erfolgreich gespielt und das Ziel, Jugendliche mit der Kommunalpolitik ihrer Stadt vertraut zu machen, indem man sie zwei Monate agieren lasse, erreicht. Und er dankte dem Bürgermeister und den Vertretern der Stadtratsfraktionen für ihre Bereitschaft, an dem Vorhaben mitzuwirken.
Kurt-Jürgen Zander sagte, die Stadt habe bisher schon einige Projekte mit Jugendlichen in Angriff genommen, hier jedoch betrete man Neuland. Zwei Monate heiße es, zusammen zu arbeiten, Mehrheiten zu finden und er verwies auch darauf, dass diese oft nur mit Kompromissen erreicht werden können. "Ich bin neugierig auf das Thema, das ihr euch auswählt", sagte er.
Bis zur Themenwahl jedoch war noch einiges zu tun. Zunächst erklärte Spielleiterin Jana Perlich von der Stiftung noch genau, was in den nächsten sechs Wochen zu tun ist: In den Fraktionen, die noch am Nachmittag adäquat den Stimmverhältnissen im Köthener Stadtparlament gebildet werden sollten, sei so zu arbeiten, dass am Ende ein Antrag zum Beschluss in der Jugendstadtratssitzung steht. Zudem sollten auch Anfragen erarbeitet werden, die an den Bürgermeister bzw. die Verwaltung gerichtet werden können.
Dann waren die Schüler mit der Bildung der Fraktionen an der Reihe. Gebildet wurden vier - CDU, SPD, PDS wie im Köthener Stadtrat vertreten und - etwas abweichend - eine "Regenbogenfraktion". Grund: Im Köthener Rat sind drei Vertreter der FDP, zwei der Republikaner und einer von Bündnis 90 / Grüne vertreten. Diese wurden im Planspiel zu einer Fraktion zusammengefasst, die in Anspielung auf die verschiedenen Farben der Parteien den Namen Regenbogen erhielt. Und weil am Spiel mehr Schüler teilnehmen - nämlich 57, im Stadtrat aber nur 40 Räte sitzen, wurden die Schülerfraktionen personell aufgestockt.
So waren also unter den Jugendlichen 20 gesucht, die die CDU Fraktion bilden sollten, je 14 für die PDS und die SPD Fraktion und neun für den Regenbogen. Es zeigte sich, dass sich für Regenbogen und PDS mehr Interessenten fanden als nötig und dass CDU und SPD unterbesetzt waren. Doch lange mussten die Spiel-Verantwortlichen und die beiden Sozialkundelehrerinnen, die seitens der Schule die Aktion in den Händen haben, nicht suchen. "Es ist ja nur ein Spiel, in dem ihr die Fraktionen verkörpert, ihr müsst ja nicht Sympathisanten der Parteien sein", hieß es.
Nach der Bildung der Fraktionen bestimmten diese ihre Chefs. Sie heißen Patrick Strumpf (CDU), Carolin Albrecht (SPD), Ralf Kaulitzki (PDS) und Georg Thielicke (Regenbogen). Zum Jugendstadtratsvorsitzenden wurde Juliane Ruft (CDU-Fraktion) bestimmt, als weitere Vorstandsmitglieder Felix Trenkhorst (SPD-Fraktion) und Cathleen Dreher (PDS-Fraktion). Seitens der regulären Stadtratsfraktionen werden die Jugendlichen von Stefan Westphal und Heidemarie Heller (CDU), Marina Hinze (PDS), Thomas Engler (SPD) und Wolfgang Siewert (Bündnis 90 / Grüne) betreut, die nun in den kommenden Wochen mit den Schülern die Anträge und Anfragen zum Thema Schwimmhalle erarbeiten.
Eine Umfrage unter den Jugendlichen ergab, dass die Erwartungen an das Planspiel durchaus unterschiedlich sind. Während Thomas Schadewald sagte, er sei sehr interessiert an Kommunalpolitik und denke, man könne hier auch gut noch was dazulernen, sah das Sophie Reineke mit etwas mehr Abstand. Sie interessiere sich nicht so sehr für Politik, aber sie hoffe doch, dass durch das, was im Planspiel herauskomme, vielleicht auch in der Realität "ein bisschen was erreicht werden kann."