Alte Dame schöner denn je
Kochstedt/MZ. - Doch die Jubilarin präsentiert sich schöner denn je. Anwohner erinnern dieser Tage mit einer Festwoche an die Entstehung ihres Wohngebietes (Max-Lademann-Straße, Siedlungsstraße und Steinbreite) und verweisen auf sieben Jahrzehnte Geschichte.
1938 hatte die Gehag - die über ein Jahrzehnt zuvor als gemeinnützige Heimstätten-, Spar- und Bau-Aktiengesellschaft gegründet worden war, sich u. a. in der Gemeinde Kochstedt engagiert. Gebaut wurden 82 Wohngebäude in Waldnähe. Wenn man so will, war es eine soziale Baumaßnahme: Arbeitern und kinderreichen Familien sollte ermöglicht werden, Eigentum zu erwerben. Rund 7 500 Reichsmark kostete das Grundstück samt Wohnhaus und Nebengelass. Der Preis für Eigentum war zwar verträglich, aber auch für damalige Zeiten kein Schnäppchen.
Wochenlang hat das Festkomitee "70 Jahre Siedlung" am Programm für den runden Geburtstag gefeilt. Dass gefeiert werden würde, war so sicher wie das Amen in der Kirche. Man kennt sich, erinnert sich gern gemeinsam und regelmäßig an die Geschichte des Wohngebiets. So nimmt es nicht Wunder, dass am Wochenende das 5. Siedlungsfest bevorsteht und viele bei den Vorbereitungen halfen. "Wir wollen nicht unter uns feiern", meint Anwohner und Festkomiteemitglied Klaus Pieczyk und hofft natürlich, dass sich ehemalige Siedlungsbewohner und Kochstedter zum Fest am Samstagabend gesellen.
Wie es so ist bei der Feier, so wird es vermutlich auch in Kochstedt sein: Erinnerungen werden ausgetauscht. Die hat das Festkomitee in ein überdimensional großes Häuserbuch gefasst. Nahezu von jedem Haus konnte ein Bild aus früheren Zeiten aufgetrieben werden. Viele der heutigen Hausbesitzer hatten geholfen, eine Übersicht über die Namen der Erst-, Zweit oder Drittbesitzer der Gebäude zu erstellen. Auch sind in der Dokumentation alte Kaufverträge enthalten sowie ein Merkblatt über die Pflege und Nutzung der Häuser und Grundstücke. Selbst dass die Gehag seinerzeit das Setzen von Birnenbäumen im Außenring des Wohngebiets verfügte und für den Innenring Pflaumenbäume vorsah, ist nicht vergessen.
Doch wer weiß es besser, als die Bewohner selbst, welchen Wandel die Gebäude in 70 Jahren vollzogen haben, welche Leistung hinter dem Bauvorhaben seinerzeit gesteckt haben muss und welche Macken die Häuser hatten: Klaus Pieczyk, selbst Bauunternehmer, kann da nur staunen. Die Straße durchs Wohngebiet, erzählt er, hätten Österreicher gebaut. Gearbeitet wurde mit einer großen Mischmaschine. Das Material wurde in Loren über Gleise transportiert. So entstand ein Kilometer Straßennetz binnen einer Woche. Und über die Häuser witzelt man, sie seien solide gebaut worden im Mischungsverhältnis 1:1 - eine Schippe Zement zu einer aus der Kiesgrube.
Kochstedts Siedlung hat sich übrigens zum Fest fein gemacht. Im Eingangsbereich weist seit Wochen ein Blumenbeet mit einer großen "70" auf das Jubiläum hin. Die Pflanzen sind von Anwohnern gesponsert worden. Und auch der Stadtpflegebetrieb hatte geholfen, die Anlage herzurichten.