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Abendmahl nach der Priesterweihe

Von Thomas Altmann 12.05.2008, 16:09

Roßlau/MZ. - Am Pfingstsonntag beging Stephan Werner die erste Eucharistiefeier mit seiner Heimatgemeinde Herz Jesu Roßlau. Am Sonnabend wurde er in der Kathedralkirche zu Magdeburg zum Priester geweiht. So will es der Brauch, dass die erste Heilige Messe, der ein neu geweihter Priester vorsteht, dass die Primiz zu Hause gefeiert wird. Der Diakon Werner war zuletzt in Quedlinburg tätig. Der Vikar Werner wird ab Juni seinen Dienst in Halle-Mitte versehen.

"Eine Primiz ist es wert, dafür ein Paar Schuhsohlen durchzulaufen", soll eine alte Volksweisheit sagen. Zum ewig besonderen Anlass gesellt sich heute und hierzulande der Seltenheitswert. Im Bistum Magdeburg darf man gegenwärtig durchschnittlich mit einer Priesterweihe pro Jahr rechnen. Gemäß des Anlasses feierte der Gemeindeverbund Roßlau-Coswig-Zerbst nach dem Gottesdienst ein Gemeindefest im Pfarrgarten. Da ist Stephan Werner als Kleinkind, geboren 1969 in Mecklenburg, dort der Herangewachsene am Tag der Erstkommunion, hier die ersten liturgischen Schritte des Messdieners. Hartmut Neuhaus, Pfarrer des Gemeindeverbundes, blätterte nach dem Mittag, während einer Stunde der Musik per Mausklick im Fotoalbum. Grußworte sprachen Dechant Pater Heinrich Haskamp und, neben anderen, Oberbürgermeister Klemens Koschig.

1978 kommt Familie Werner nach Roßlau. Stephan geht auf die Thälmann-Schule. Lehrjahre bei der Firma Hörnlein folgen. Nebenbei besucht der Elektroinstallateur in spe die Abendschule. Dann studiert Werner Mathematik. Seinen Zivildienst versieht er im Altenheim in der Waldstraße. Danach arbeitet der Mathematiker dort als Hilfspfleger. Eine Entscheidung fällt. Werner sieht den neuen Weg als Berufung und Geschenk.

"Du musst losgehen", sagt er und geht nach Ehingen, lernt Hebräisch, Griechisch, Latein, studiert katholische Theologie in Erfurt und wird 2007 zum Diakon geweiht. Nach einer langen Phase der Selbstprüfung sei, so Werner, eine unumkehrbare Lebensentscheidung getroffen.

Auf einer Leine hängen Postkarten und am Abend nur noch Klammern. Sie, die Roßlauer, werden ihm schreiben. Auch das ist eine Geste der Gemeinschaft. Natürlich gibt es Kaffee und Kuchen. Dann führen Kinder der Gemeinde und Gäste ein Musical auf, das während der letzten religiösen Kinderwoche erarbeitet wurde. Ausgerechnet Quasimodo, ausgerechnet "Der Glöckner von Notre-Dame"? Wäre ja noch schöner, wenn an einem solchen Tag Esmeralda am Galgen stürbe. Ein Happyend werde es geben. Warum auch nicht?