1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. 22 Kinder nach Hause geschickt

22 Kinder nach Hause geschickt

Von Ute Hartling-Lieblang 14.11.2004, 17:07

Köthen/MZ. - Hintergrund ist die Tatsache, dass einige Eltern die Beiträge trotz Mahnung nicht entrichten, obwohl sie das Geld zuvor vom Träger der örtlichen Jugendhilfe auf ihr Konto überwiesen bekommen haben, weil das Jugendamt die Beiträge für bedürftige Eltern entweder ganz übernimmt oder Differenzbeträge bei Ermäßigungen gewährt.

Die Stadt Köthen hatte sich im Oktober 2003 für das jetzige Verfahren entschieden. Zuvor waren die Beiträge vom Landkreis direkt an die Stadt als Träger der Kindereinrichtungen gezahlt worden. In einem Schreiben an den Köthener Landrat vom 7. August 2004 schätzte Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander dazu ein: "Der gesamte bisherige Verwaltungsaufwand zur Differenzausgleichszahlung zwischen unseren beiden Verwaltungen ist entfallen. Ferner sind die Prozesse nun für die Eltern überschaubarer geworden.

Geblieben sind der hohe Bearbeitungsaufwand in Ihrem Haus (gemeint ist die Landkreisverwaltung, die Redaktion) bei der Antragsbearbeitung, Bewilligung und Auszahlung und die damit verbundenen langen Bearbeitungszeiten." Weiter heißt es in dem Schreiben, dass bei einem Gespräch zwischen der Leiterin des Jugendamtes Bärbel Mylius und dem städtischen Schulamtsleiter Klaus Greiner im Mai 2004 erste Erfahrungen mit der neuen Verfahrensweise erörtert wurden. Es sei festgestellt worden, dass es trotz der veränderten Zahlungsweise nicht mehr Ausschlüsse wegen Nichtzahlung gegeben habe als zuvor. Weiter heißt es "Für Eltern, deren Konten aus verschiedenen Gründen gepfändet sind, konnten Härtesituationen vermieden werden, indem eine Barauszahlung der Landkreiskasse ermöglicht wurde."

Laut vorliegender Statistik sieht es nun aber so aus, dass von März 2004 bis November 2004 insgesamt 22 Kinder von der Betreuung ausgeschlossen wurden, weil Eltern die ihnen erstatteten Elternbeiträge nicht weitergereicht haben. Marina Hinze wertete diese Zahl als "sehr erheblich". Rechne man das Ergebnis hoch, würde das bedeuten, dass pro Jahr etwa eine ganze Kindergartengruppe unter den Tisch falle. Insgesamt wurden in diesem Jahr 315 Ausschlüsse ausgesprochen, davon waren 74 Abmeldungen.

Das dürfe man nicht zulassen, die Leid tragenden seien schließlich die Kinder, so Hinze. Wobei man nur in den Fällen eine Handhabe hat, wo die Gelder vom Staat kommen, räumte sie ein. Dieser Meinung schlossen sich auch Vertreter anderer Fraktionen an.

So unter anderem Heidemarie Heller (CDU), die bemerkte, es sei unverantwortlich Eltern das Geld in die Hand zu geben, bei denen es "durch die Kehle fließt". Auch Barbara Lindovsky (SPD) bemerkte, das sei ähnlich wie mit den Mietzuschüssen. Man sollte das Geld direkt an die Träger von Kindereinrichtungen und Wohnungsverwaltungen zahlen und nicht auf die Konten der Bedürftigen, wo es oft versande. Auch sie sah den Schaden bei den Kindern, die in solchen Verhältnissen aufwachsen müssen. Die Ausschussmitglieder wollen an diesem Problem weiter dranbleiben.

Angefragt wurde bei der Stadtverwaltung auch, ob es infolge der Aufnahme von 1-Euro-Jobs bisher schon zu einer gehäuften Nachfrage nach zusätzlichen Betreuungsplätzen in den Kitas gekommen sei und wie man darauf eingerichtet sei. Wie die Verwaltung erklärt, gibt es derzeit keine zusätzlichen Anmeldungen. Da Kinder von arbeitslosen Eltern bereits halbtags betreut werden, rechne man höchstes damit, das künftig wieder mehr Ganztagsplätze gefragt sind.