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20 Jahre UCI-Kino in Dessau 20 Jahre UCI-Kino in Dessau: Wie viel Kilo hat eigentlich "Titanic" gewogen?

Von Lisa Garn 01.06.2018, 12:32
Im Dessauer Kino in der Wolfgangstraße wurden bis heute rund 3.400 Filme gezeigt.
Im Dessauer Kino in der Wolfgangstraße wurden bis heute rund 3.400 Filme gezeigt. Lutz Sebastian

Dessau - Es ist der 9. Juli 1998. Ein Sonnen-Tag. Die Menschen stehen Schlange. Nach über einem Jahr Bauzeit eröffnet das UCI, das neue Kino in der Stadt. Es ist das kleinste Lichtspielhaus im Unternehmen. „Es war so voll, dass wir überlegen mussten, wie die Massen ohne Stau durch das Kino kommen.

Es ging dann über den Haupteingang rein und zum Notausgang hinten wieder raus“ sagt die heutige Theaterleiterin Anja Tiede, die seit dem ersten Tag in dem Dessauer Haus arbeitet. Nun wird es 20 Jahre alt. Es waren Jahre der Veränderungen und auch der Behauptung in einer digitalisierten Welt.

3.400 Filme bis heute im Dessauer Kino

„Die Entscheidung für Dessau damals war sinnvoll, weil die Nachfrage für ein Kino genau dort da war. Und es gab ein großes Einzugsgebiet“, sagt Torsten Stüwe, UCI-Marketingdirektor für den Bereich Ost. Das erste Jahr war herausragend: Rund 400.000 Menschen strömten in eines der ersten Multiplex-Kinos in der Region - in nur sechs Monaten. Die ersten Filme waren „Stadt der Engel“ und „Flubber“.

Genaue Details zu heutigen Besucherzahlen will das Unternehmen nicht nennen. Sie seien stabil, heißt es, und bewegten sich im sechsstelligen Bereich. Das Haus in Dessau hat 28 Mitarbeiter und gehört zum Verbund von insgesamt 26 UCI-Kinos in Deutschland und Österreich. 750 Filmstarts gibt es jährlich. In Berlin entsteht gerade ein Neubau neben der Mercedes-Benz-Arena. Und ein weiterer in Nordhorn - er wird Dessau als kleinstes Kino im Unternehmen ablösen.

Im Dessauer Kino wurden bis heute rund 3.400 Filme gezeigt. In den vergangenen zwei Jahren jeweils rund 290. Sieben Säle mit rund 1.370 Plätzen hat das Lichtspielhaus in Dessau, im größten können 396 Besucher sitzen. Besonders an Samstagen sei das Haus voll, so Tiede. „Das ist der klassische Kino-Tag.“ Das Einzugsgebiet umfasst etwas 40 Kilometer. Bitterfeld-Wolfen besitzt kein eigenes Kino, Wittenberg und Köthen dagegen schon. „Es sind Mitbewerber. Aber für uns ist die Anbindung von Vorteil. Man ist schnell in Dessau, der Bahnhof ist auch in der Nähe“, sagt Stüwe.

Die Auswahl für die Filme trifft eine Fachabteilung. „Sie schätzt ein, was die Gäste sehen wollen, orientiert an den Startergebnissen von Filmen in anderen Ländern“, sagt Stüwe. Es müsse eine breite Palette angeboten werden, um viele Besucher zu gewinnen. „Besonders gut entwickelt haben sich in den letzten Jahren die Komödien und Familienfilme.“

Digitalisierung verändert auch die Kinobranche

Doch die Kinos haben in den vergangenen Jahren auch tiefgreifende Veränderungen erlebt. Die Digitalisierung veränderte die Branche weltweit. „Der 3-D-Film ,Avatar' 2010 war bei uns der Grundstein für die große Umstellung“, so Stüwe. Die analogen wurden durch digitale Projektoren ausgetauscht. Heute kommen die Filme als Datenpakete auf einer Festplatte in die Kinos. Statt Filmrollen einzulegen, startet der Streifen per Mausklick.

„Früher haben wir tatsächlich die Rollen durchs ganze Haus gewuchtet. Die waren echt schwer, das war körperlich anstrengend“, erinnert sich Tiede. 20 Kilo zum Beispiel wog „Titanic“, der Film hat eine Länge von über drei Stunden. „Wenn die Rolle bei großen Filmen auseinander fiel, konnte man den Film am gleichen Tag nicht mehr zeigen.“

Plus für Kino-Branche

Das Kino wandelt sich aber auch, seit Streaming-Dienste wie Netflix und andere am Markt sind und ihr Angebot ausbauen. Die jüngeren Zuschauer unter 30 sind verstärkt Kunden dieser Anbieter für Filme und Serien- und gehen weniger ins Kino. Den Besucherzahlen schadet dies aber bislang nicht. Laut Filmförderungsanstalt (FFA) verzeichnete die Branche 2017 sogar ein leichtes Plus. 122,3 Millionen Menschen gingen ins Kino – im Jahr davor waren es 121,1 Millionen. Es werden auch weiterhin neue Kinos gebaut. 2017 gab es in Deutschland 899 Kinos (2016: 892).

Der Umsatz betrug 1,056 Millionen Euro und ist damit laut FFA der zweithöchste aller Zeiten (2016: 1,023). Die Konkurrenz durch Streamingdienste sei zwar da, sagt FFA-Sprecher Thomas Schulz. „Aber Lichtspielhäuser haben auch die Einführung des Fernsehens überlebt, Videorekorder, DVD und so weiter.“ Am Ende stehe ein Kinobesuch für ein exklusives Erlebnis. Zwar gab es einen Rückgang bei den 14- bis 29-Jährigen, die Gruppe sei aber weiterhin die stärkste - drei Viertel aller Besucher mache sie aus. Stärker ins Kino ginge inzwischen die Generation 50 plus.

„Kino stirbt nie aus“, schätzt Tiede ein. „Es ist ein Gemeinschaftserlebnis, etwas, wofür man sich verabredet. Und etwas anderes, als zu Hause vor dem Fernseher zu sitzen. Gerade heute ist Freizeit ein hohes Gut, da gönnt man sich den Besuch.“ Vielleicht auch, weil er in der Gemeinschaft einen Ruhepunkt setzen könne in der Schnelligkeit des Lebens.

Im Rennen um die Gunst der Zuschauer bedienen Kino-Betreiber inzwischen auch Nischen. Das UCI und andere Ketten zeigen beispielsweise Mitschnitte von Rockkonzerten oder Ballette und Live-Übertragungen von Opern aus New York und London. In Dessau gibt es die Reihe „Der besondere Film“ mit Arthouse-Filmen und auch ein Programm für Senioren.

(mz)

Im großen Saal: Kinoleiterin Anja Tiede und Marketingchef Torsten Stüwe.
Im großen Saal: Kinoleiterin Anja Tiede und Marketingchef Torsten Stüwe.
Lutz Sebastian
Ansturm am Eröffnungstag im Juli 1998.
Ansturm am Eröffnungstag im Juli 1998.
Repro/Lutz Sebastian