2.700 Euro Strafe 2.700 Euro Strafe: Justizangestellter bestellt sich verbotenen "Totschläger" online

Dessau - Das Ding auf dem Richtertisch im Dessauer Landgericht sieht harmlos aus. 25 Zentimeter lang, zwei Zentimeter Durchmesser, bezogen mit schwarzem Leder. Was soll das sein?
Schläge können tödliche Wucht haben
Wer nach einem solchen Ding im Netz sucht, wird vor allem auf amerikanischen Websites fündig. Dort werden solche Geräte als „Blackjack“ verkauft, was in diesem Falle keineswegs aufs gleichnamige Glücksspiel bezieht, sondern mit „Totschläger“ zu übersetzen ist.
Der Name kommt nicht von ungefähr: Eine Feder im Inneren macht den „Blackstick“ flexibel und verleiht Schlägen mit ihm eine mitunter tödliche Wucht.
Angeklagter will von einer Feder nichts gewusst haben
Sebastian F. (Name geändert), ein Dessauer Anfang 40, will das nicht gewusst haben, als er das Gerät auf einer amerikanischen Website bestellt hat. Er habe es für einen festen Schlagstock gehalten. „Von Feder stand da nichts“, beteuert der Mann vor dem Landgericht Dessau, das seine Berufung verhandelt.
Die in Arizona ansässige Firma schickte den „Blackstick“ los, der Zoll in Speyer öffnete das Paket - und beschlagnahmte dessen Inhalt. „Totschläger“ zählen in Deutschland zu den strikt verbotenen Waffen. Nicht einmal im eigenen Haus sind sie erlaubt, auch nicht für Waffenscheinbesitzer. Das Waffengesetz ist in diesem Punkt eindeutig.
Angeklagter arbeitet in der Justiz - gab sich aber als Lagerist aus
F. weiß das, man könnte sogar schreiben, selbstverständlich weiß er das. Denn F. ist zwar weder (Staats)Anwalt noch Richter, hat gleichwohl eine solide juristische Ausbildung genossen und arbeitet in der Justiz. Mit diesem Hintergrund auf Ahnungslosigkeit gegenüber dem Zoll zu plädieren, schien F. wenig aussichtsreich - er gab sich deshalb in seinem Antwortschreiben als Lagerist aus und hoffte, die Sache würde irgendwie aus der Welt verschwinden.
Tat sie aber nicht. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage, das Amtsgericht Dessau verurteilt F. zu 30 Tagessätzen auf à 90 Euro und setzte die Strafe aus.
Angeklagter habe auf Schreiben des Zolls „überrascht“ reagiert
F. indes wollte einen Freispruch. Hätte er gewusst, dass in dem Ding eine Feder verbaut war, hätte er es nie gekauft. Ein starrer Schlagstock sei schließlich in den eigenen vier Wänden legal. „Ich war völlig überrascht, als der Zoll schrieb, es handele sich um einen verbotenen Gegenstand.“
Als der Richter wissen wollte, warum F. überhaupt eine Waffe geordert habe, erklärt der: „Ich wohne mit meiner Frau und vier Katzen allein im Haus. Und ich weiß, dass Menschen nachts in Häuser einbrechen.“
Angeklagter wollte sich gegen mögliche Einbrecher wehren
Er wolle nicht paranoid klingen, aber so etwas sei eben nicht auszuschließen. F. wollte sich also gegen Einbrecher wappnen - „und mit einem ein Meter langen Baseballschläger kann ich im Flur nichts anfangen“. Wieso er an die Wirksamkeit eines - nach seiner Ansicht - bloßen Knüppels von 25 Zentimeter Länge glaubte und im Zweifelsfall nicht zur schweren Bratpfanne gegriffen hätte, blieb im Prozess offen.
Der eigens aus Magdeburg angereiste Staatsanwalt, etwas schneidig im Auftritt, wollte in der Berufung keinesfalls zurückrudern und über eine Einstellung nachdenken, schon der grundsätzlichen Prävention halber. „Wir haben ein Problem, dass im Netz alles Mögliche bestellt und hier verkauft wird.“
Angeklagter hätte sich schlau machen müssen
Und: F. hätte sich schlau machen müssen vor der Bestellung, weil er wie jeder andere wisse, dass in den USA teils sehr lockere Waffengesetze gelten und verkauft werden darf, was hierzulande verboten ist.
Das Gericht sah es am Ende ebenso. Es wies die Berufung des Angeklagten zurück, dem nun noch der Revisionsweg offen steht. (mz)