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Wanderung Wanderung: Am Wege ein Stück Mittelalter

Von Iris Lademann 09.04.2004, 20:08

Jeßnitz/MZ. - Also, warum nicht an den Osterfeiertagen mal einen längeren Spaziergang durch den Salegaster Forst einplanen. "Richtige Wanderer mögen die Nase rümpfen über die nur rund fünf Kilometer lange Strecke", meint der Leiter des Kreiswanderwegeaktivs, Siegfried Rabenhorst, der aus seiner langjährigen Tätigkeit natürlich auch die Einstellung der "Profis" kennt.

Rabenhorst kann über so viel Anpassungsfähigkeit der Flora und Fauna, die nach seiner Meinung einmalig ist inmitten einer ehemals industriell geprägten Region mit dem Schwerpunkt Chemie nur staunen. Der Salegaster Auwald hat überlebt und ist nun aus dem Winterschlaf erwacht. Tausende Buschwindröschen vermitteln bei Sonnenschein den Eindruck eines weißen Teppichs. "In den Wipfeln der hohen Bäume, viele von ihnen sind weit über 100 Jahre alt, horsten auch verschiedene Greifvögel", erzählt der Naturfreund.

Der Lobber ist eines der beiden Fließgewässer, das den Salegaster Auwald von Südost nach Nordwest durchströmt. Tief ausgehöhlt ist das Bachbett und damit geeignet, das Muldehochwasser schnell in den Auwald zu bringen und genau so schnell wieder diesen zu "entwässern", erklärt Rabenhorst.

Unmittelbar hinter Jeßnitz vereinigt sich der Lobber mit dem zweiten Fließgewässer, dem Schlangengraben zum so genannten Spittelwasser. Kein spektakulärer Zusammenfluss. Denn beide Bäche fließen ruhig in den Gräben zusammen. Malerisch allerdings die zwei kleinen Bücken, die dieses Areal für Wanderer erst zugänglich machen.

Etwa 100 Meter weiter tangiert ein Stück Mittelalter den Wanderweg - die Kirchenruine des einstigen Dorfes Salegast. "Schon sehr früh haben die Bewohner von Salegast ihre stark von dem Muldehochwasser bedrohten Wohnstätten aufgegeben", blickt Rabenhorst in die Geschichte. Davon künde auch der Vers, der in einem Fundamentstein der Kirche eingemeißelt ist: "Hier wird nicht mehr gesungen, die Lieder sind verklungen".

"Wie hochwassergefährdet das Gebiet auch heute noch ist, belegt die Markierung an einer Stieleiche unmittelbar neben der Ruine. In zwei Metern Höhe ist ein Messingring angebracht, der den Wasserstand der Flut von 2002 markiert", setzt Rabenhorst hinzu.

Der Name Schlangengraben, ein kleiner Bach, der außerhalb des Auwaldes in den feuchten Quellwiesen entspringt, komme nicht von ungefähr. Denn ganz besonders dieser Wasserlauf windet sich schlangenförmig durch die Landschaft. Noch immer liegen entwurzelte Bäume, die die Jahrhundertflut mitgebracht hat, hier umher. "Nach jedem Hochwasser der Mulde ist die Landschaft hier ein wenig anders", meint Rabenhorst. Für ihn sei dies ein Event der ganz besonderen Art.

Die "Märchenwiese" ist eine der zahlreichen von Wald umschlossenen Freiräume im Auwald. Wie dieser Name vermutlich zustand gekommen ist, erzählt Siegfried Rabenhorst: "Hier soll sich die Geschichte vom schönen Mädchen zugetragen haben, das am Brunnen saß, sich über den Rand beugte und hineinfiel. Als sie erwachte, soll sie auf einer blühenden Waldwiese gelegen haben." Es klingt etwas wie im Märchen von "Frau Holle". Ob allerdings die Gebrüder Grimm ihre Hände im Spiel hatten, ist nicht mehr nachvollziehbar.