Verkauf gestaltet sich schwierig Verkauf gestaltet sich schwierig: Keiner will den Kulturpalast in Bitterfeld

Bitterfeld - Wenn wünschen helfen würde ... Ja, dann hätte der Kulturpalast in Bitterfeld garantiert einen neuen Betreiber. Weil wünschen aber nicht hilft, ist die Situation so, wie sie ist: Keiner will den einstigen Kulturtempel haben. Der jetzige Eigentümer, der Chemieparkbetreiber Gelsenwasser AG, hebt die Hände: zu teuer. Und die Stadt Bitterfeld-Wolfen hebt die ebenfalls: Über ein Haus, das nicht der Stadt gehört, redet sie nicht, sagt Oberbürgermeisterin Petra Wust (parteilos). Chemiepark-Geschäftsführer Michael Polk findet wenigstens noch hoffnungsvolle Worte: „Wenn jemand eine Idee für den Kulturpalast hat, sind wir die letzten, die sich dagegen stellen.“ Und nun? Das Problem ist damit nicht kleiner geworden und schon gar nicht gelöst. Man wird nicht darum herum kommen, sich Gedanken zu machen, wie es weitergeht mit dem traditionsreichen Haus.
Letzter Vorhang fiel 2015
Hier waren sie alle: Künstler wie Politiker, Techniker wie Wissenschaftler, die Küchenhilfe wie der Generaldirektor. Im Kulturpalast Bitterfeld begannen Karrieren und hier endeten Träume. Wie der vom Fortbestand des Hauses selbst. Der letzte Vorhang fiel im Herbst 2015. Und dass das der letzte war, steht zumindest für die Gelsenwasser AG, die mit der Chemieparkgesellschaft den Kulturpalast geerbt hat, fest. „Niemand will den Kulturpalast, das ist die Crux“, sagt Polk.
Und das ist kein Wunder. Denn nicht nur Polk kann sich nicht vorstellen, dass dieses Haus jemals wirtschaftlich arbeiten kann. Betreiber von Einrichtungen ähnlicher Größe wie das Theater Dessau, das Kulturhaus Leuna kennen die Problematik. Das Kulturhaus Buna, scheint’s, hat den Kampf bereits verloren.
Mit wie vielen Euro der Kulturpalast Bitterfeld bis dato im Jahr unterstützt werden musste, darüber schweigt der Chemiepark-Geschäftsführer. Fest steht, dass es eine sehr hohe Summe ist. Polk drückt es so aus: „Das ist kein Pappenstiel, auch für uns nicht.“ Und Hans-Christian Quilitzsch (CDU) hatte es unlängst im Stadtrat so verdeutlicht: Einen hohen sechsstelligen Beitrag habe die Stadt Jahr für Jahr in den Fortbestand des Kulturpalastes gesteckt, als der noch in kommunaler Hand war. Und dass es weniger geworden ist, könne er sich kaum vorstellen. Kein Wunder also, dass auch die Stadt kein Interesse an einer Rücknahme des Hauses hat.
Der erste Vorhang im Kulturpalast (Kupa) ging am 13. Oktober 1954 auf. Dem vorausgegangen war: 5.000 Mitarbeiter des Elektrochemischen Kombinats Bitterfeld leisteten über 10.000 freiwillige Stunden für den Bau.
Im Kupa waren zu DDR-Zeiten Zirkel heimisch wie Symphonie- und Blasorchester, Studiochor, Ballettgruppen, Zirkel schreibende Arbeiter, Puppentheater, Malzirkel und andere mehr. Bekannt wurde der Kupa vor allem durch den Bitterfelder Weg, der die Richtung für Kunst in der DDR angab.
2003 hatte die Stadt, die den Kupa elf Jahre zuvor vom CKB und der Treuhand übertragen bekam, abgewinkt: Aus finanziellen und sicherheitstechnischen Gründen wurde er geschlossen. Ein Jahr später übernahm Jürgen Preiss-Daimler das Haus. Der damalige geschäftsführende Gesellschafter des Chemieparks hatte einiges in die Sanierung investiert, die Sicherheitstechnik komplett erneuert, einen Betreiber der Gaststätte interessiert. Doch rentiert hatte sich das alles letztlich nicht.
1.000 Plätze zu füllen, ist nicht einfach
Damit die Rechnung derer, die den Palast betreiben, letztlich aufgeht, sagt Polk, müsste jede Woche eine große Veranstaltung über die Bühne gehen und die müsste auch noch so gut wie ausverkauft sein. Doch wie oft ist das nach der Wende überhaupt noch gelungen? 1.000 Plätze voll zu kriegen, das ist eine Aufgabe, die im Reigen der Veranstaltungen in der näheren und ferneren Region schon sehr anspruchsvoll ist. Die Vereine wie das Kinder- und Jugendballett Sandersdorf-Brehna und der Kunstverein Kreativ indes behalten ihre Heimstatt im Kupa. Daran werde sich kurzfristig nichts ändern, sagt Polk. Eine endgültige Entscheidung über eine Schließung des Hauses werde man „nicht im stillen Kämmerlein“ fällen.
Mit dem Hinweis auf das Rathaus in Wolfen erinnert Polk daran, dass sich die Chemieparkgesellschaft - sowohl unter Leitung von Preiss-Daimler als auch unter der von Gelsenwasser - durchaus für die Region engagiert. „Mit dem Gebäude 041 haben wir über die Zeit große Aufwendungen gehabt. Trotz aller Diskussionen: Es hat sich gelohnt. Und im Umfeld hat sich dann nach und nach was getan“, stellt er fest. „Man muss sich zu manchen Häusern bekennen. Aber im Fall des Kulturpalastes müssen wir sagen: Es geht nicht mehr.“
Zudem: Es gehöre es nicht zu den vordringlichen Aufgaben eines Wirtschaftsunternehmens, langfristig eine Kultureinrichtung zu betreiben, so Polk. (mz)

