Unsichere Zeiten Tierheim Bitterfeld: Durch Corona kommt weniger Geld in Kasse

Bitterfeld - Es ist heiß, das nervt freilich auch Hund und Katze. Sie bleiben im Bitterfelder Tierheim in ihren Ställchen. Gassi gehen fällt aus.
Aber das ist die Ausnahme. „Die Hunde kommen sonst alle raus“, sagt Uwe Koeckeritz, erster Vorsitzender des Tierschutzvereins Bitterfeld, Träger der Einrichtung. Während im März, sofort nach dem deutschlandweiten Corona-Alarm, das Tierheim geschlossen und die Spaziergänge mit den Vierbeinern ausgesetzt wurden, hat sich die Sache bis heute ein wenig gelockert.
Die ehrenamtlichen Helfer können wieder mit den Hunden rausgehen. Doch haben sie und die Mitarbeiter jetzt keinen Kontakt miteinander. „Was, wenn sich jemand hier mit dem Virus infiziert“, fragt Koeckeritz und runzelt die Stirn. Die Personaldecke sei so dünn, dass es einfach keinen Ausfall geben dürfe.
Spenden können vom Tierheim aktuell nicht oder nur in geringem Maße eingeworben werden
Alle Hände werden gebraucht - auch die der Spaziergänger. Das sind acht Leute, die nach Feierabend mit einem Hund Gassi gehen. Manche kommen täglich, manche zwei-, dreimal die Woche - Gott sei Dank. „Sie haben einen Schlüssel“, erklärt Mitarbeiterin Grit Bürger, „und holen sich einen Hund. So kommt jeder mal raus. Wir sind sehr glücklich darüber.“
Die Pandemie schlägt ins Kontor. Spenden können nicht oder nur in geringem Maße eingeworben werden. Nahezu alle Veranstaltungen, bei denen der Tierschutzverein einen Info-Stand hat, fallen aus. Das Stadtfest von Bitterfeld, das Hafenfest an der Goitzsche, das Wolfener Vereins- und Familienfest - alles hinfällig. Auch das eigene Fest, zu dem stets rund 1.000 Besucher kamen und Spenden daließen, ist abgeblasen.
Ausgefallen sind auch Koeckeritz’ Vorträge vor Schülern, in dessen Ergebnis stets Sachspenden an das Tierheim flossen. „Es geht uns auch darum, dass wir in den Familien im Gespräch sind“, erklärt er. Die Jugendgruppen fehlen und die kleinen Lesewölfe - Jugendliche und Kinder, die sich in ihrer Freizeit rührend um die Tiere kümmerten.
Das Bitterfelder Tierheim braucht rund 300.000 Euro im Jahr, damit hier alles läuft
Wie wichtig solche Aktionen sind, macht Koeckeritz deutlich: Zwischen 7.000 und 8.000 Euro kommen damit im Jahr zusammen, hinzu kommen ein paar Vermittlungsgebühren. Geld, das dringend gebraucht wird, um eine Finanzierungslücke zu schließen: 100.000 Euro stellt jährlich die Stadt Bitterfeld-Wolfen bereit. Je 5.000 Euro gibt traditionell der Landkreis als freiwillige Leistung an alle drei Tierheime in Anhalt-Bitterfeld.
Allein das Bitterfelder aber braucht letztlich rund 300.000 Euro, damit hier alles läuft. Dass Löhne der stundenweise über die Mindestlohnregelung angestellten Mitarbeiter gezahlt und Pflege der Tiere, Tierarztkosten, Medikamente etc. finanziert werden können. In diese Lücke springen auch einige Unternehmen der Region, die Sach- und vor allem Dienstleistungen für das Heim erbringen. „Riesen Hilfen“, sagt Koeckeritz dazu.
Nun beschleicht ihn eine böse Ahnung, ja, Angst: „Wir gehen davon aus, dass einige Firmen, die immer für uns da waren, jetzt erstmal ihr Geld zusammenhalten müssen, weil sie womöglich unter dem Lockdown gelitten haben.“
Von Tierheimen großer Städte hört man, dass die Corona-Zeit die Vermittlung von Tieren befördert hat
Von Tierheimen großer Städte wie Hamburg hört man, dass die Corona-Zeit die Vermittlung von Tieren befördert hat. Viele Leute hätten sich besonnen auf „einen Partner“ in der anfangs zwangsverordneten Einsamkeit. Das können Koeckeritz und sein Team für die hiesige Einrichtung so nicht bestätigen.
Das Tierheim Bitterfeld, sagt Grit Bürger - und dabei kann sie sehr ärgerlich werden - habe immer „eine Schwemme“ an Tieren, die abgegeben oder irgendwo verwahrlost aufgefunden werden. „Es stecken hier viel, viel Arbeit drin und starke Nerven.“
Und Koeckeritz ergänzt: „Alles, was wir machen, entspricht dem, was zehn Vollzeitkräfte bringen. Und da sprechen wir noch nicht über Urlaub, Lohnkosten und das, was wir quasi für lau machen.“ Das, meint er und guckt zufrieden, sei beim Stadtrat von Bitterfeld-Wolfen allerdings angekommen. (mz)
