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Taxi- und Mietwagengeschäft Taxi- und Mietwagengeschäft in Bitterfeld: Helga Schröter und ihre große Leidenschaft

Von Christine Färber 04.04.2017, 14:00
Zum Jahresende will Helga Schröter (2.v.r.) ihr Unternehmen in die Hände der Familie geben, dazu gehört auch Enkel Sebastian.
Zum Jahresende will Helga Schröter (2.v.r.) ihr Unternehmen in die Hände der Familie geben, dazu gehört auch Enkel Sebastian. André Kehrer

Bitterfeld - Ihre große Leidenschaft ist das Autofahren. Welche Strecke sie in all den Jahren geschafft hat - Helga Schröter hebt die Schultern und lacht. „Mehrere Millionen Kilometer werden’s schon sein“, sagt die Unternehmerin. Seit der Wende betreibt sie das Taxi- und Mietwagengeschäft Schröter in Bitterfeld.

Und das, verrät sie, ist schon immer ihr Traum gewesen. Und das musste ein Traum bleiben bis Privatwirtschaft endlich auch in diesem Teil Deutschlands wieder möglich wurde. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern hat die couragierte Frau, die als Einsatzleiterin in der LPG Pflanzenproduktion in Zörbig gearbeitet hat, ihre Chance ergriffen. Und ist zum zuständigen Amt gegangen.

Taxi-Spezialistin seit 27 Jahren

Am 1. April vor 27 Jahren hat sie die Firma eröffnet. Ein neuer Start in eine neue Zeit. Der 1. April in diesem Jahr übrigens ist für sie wieder ein dankwürdiger Tag: Mit der Übernahme des Taxi- und Mietwagengeschäfts ihrer Kollegin Ruth Bundt aus Bitterfeld hat sie ihren Betrieb erweitert. Vier neue Leute sind zu ihrem bis dato 14-Mitarbeiter-Team hinzugekommen.

Mit einem, wie man so sagt, lachenden und einem weinenden Auge hat Ruth Bundt ihren Betrieb abgegeben. „Ich hab 27 Jahre mit Frau Schröter zusammengearbeitet. Es ist gut so, dass mein Lebenswerk nicht kaputt geht und dass die Leute nicht arbeitslos werden“, sagt sie. „Aber es fällt mir unendlich schwer. Meine Mitarbeiter, die waren für mich so was wie eine Familie.“ Und sie erinnert an die schwierigen Zeiten in einer absoluten Männerdomäne, die sie zusammen mit Helga Schröter nicht nur überstanden sondern im wahrsten Sinne gemeistert haben.

Helga Schröter musste sich in einer Männerwelt behaupten

„Es ging schon schwierig los“, blickt Helga Schröter zurück. „Man kann ja nicht davon ausgehen, dass einen die Männer, die das Geschäft beherrschten, einfach so mitmachen lassen.“ Logisch, dass Ruth Bundt vor dem selben Problem stand. Aber Helga Schröter wäre nicht Helga Schröter, könnte die sich nicht durchsetzen.

„Wir haben uns am Taxistand am Bahnhof kennengelernt“, blickt sie zurück. „Und weil sie in der selben Situation war, haben wir uns zusammengetan. Die Sache gemeinsam durchgezogen. Und es hat sich bestätigt: Es ist nicht so einfach, uns vom Markt zu bringen.“

Die Konkurrenz damals war enorm. Ihre Anmeldung, sagt sie, war die 57 in Bitterfeld. „Wenn man da nicht konsequent dran bleibt und sein Ziel verfolgt, wird’s nichts“, sagt sie. Und das Leben hat ihr Recht gegeben. Ihre Firma gehört heute zu den sechs Taxi-Unternehmen in Bitterfeld, die noch am Markt sind.

„Bei uns gibt es keine Absage. Egal wie - wir kommen.“

Das Geschäft ist hart, da hat sie viel investiert - nicht nur materiell. Was die Kunden spüren, was sie mögen oder nicht, das liegt auf einer anderen Ebene. Dazu gehören bei ihr als Chefin und ihren Mitarbeitern, denen sie so viel verdanke, Zuverlässigkeit und Freundlichkeit, Flexibilität und Vertrauen.

Dazu gehört, dass die Firma jeden Tag und rund um die Uhr erreichbar ist. „Bei uns gibt es keine Absage. Egal wie - wir kommen.“ Das heißt natürlich für die Familie, die das Unternehmen mit trägt: Gemütliche Feiertage gibt es nicht. Auch der Urlaub fällt nur kurz aus. „Wir verdienen unser Geld auf der Straße“, meint sie, „nicht im Büro.“ Dennoch, schränkt sie ein: Man müsse immer wieder das familiäre Gleichgewicht finden.

Das wissen die quasi nachfolgenden Familienmitglieder - Schwiegersohn und Enkel Sebastian. Fällt das einem 27-Jährigen nicht ein bisschen schwer? Er schüttelt den Kopf. „Ich weiß ja, wofür“, sagt er. „Das wurde mir schon in die Wiege gelegt.“ Obwohl er, wie er selbst meint, „Diesel im Blut“ hat, ist er in Bitterfeld privat nicht mit dem Auto unterwegs. Nur dienstlich. Und da sitzen in seinem Auto oft auch die Freunde. „Ich gehe nicht in die Disco“, sagt er, „ich fahre die Disco-Gänger.“ Aber das finde er nicht schlimm. Da sei seine Freundin mit ihm auf einer Wellenlänge.

Ein enges Vertrauensverhältnis zur Stammkundschaft

Doch alle Anstrengungen und Entbehrungen zahlen sich letztlich aus. Seit vielen Jahren hat sich so auch eine Stammkundschaft entwickelt. Vor allem im Mietwagengeschäft. Denn die Firma von Helga Schröter fährt viele behinderte Leute und Patienten verschiedener Krankenkassen wie Dialyse- oder Krebspatienten, ältere Leute, die Hilfe brauchen. „Das geht nur personenbezogen“, sagt die Chefin. „Da entwickelt sich ein Vertrauensverhältnis. Und das ist schön.“

Helga Schröter hängt an ihrem Beruf, der ihr schon sowas wie Berufung zu sein scheint. Geschichten könnte sie erzählen - sie schüttelt lachend den Kopf und hebt die Hände. „Verrückte Sachen“, sagt sie. Und bei Lichte besehen - das stimmt. „Da gibt es Fahrgäste, die bringen Essen für den Fahrer mit, wenn eine längere Fahrt ansteht. Es gibt auch sowas, dass unsere Fahrer Passagiere bei ’ner Überlandfahrt zum Essen einladen. Und das fragen die Fahrgäste auch schon mal gleich am Telefon - vor Fahrantritt, ob das diesmal wieder so ist. „Ach“, meint sie, „wir haben nur nette Fahrgäste. Und darüber bin ich sehr glücklich und dankbar.“

Helga Schröter gibt das Taxiunternehmen ab - aber es bleibt in Familienhand

Handfeste Probleme wie in manch deutscher Großstadt, die kennen die Taxifahrer in Bitterfeld nicht. Und wenn doch irgendwann irgendwas sein sollte - ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem ist in jedem Fahrzeug integriert.

Zum Jahresende will Helga Schröter das Geschäft in die Hände von Tochter und Schwiegersohn sowie dem Enkel legen. Ein bisschen schwer wird ihr das Abgeben schon fallen. Das weiß sie. Vor allem auch, weil ihr die Mitarbeiter irgendwie ans Herz gewachsen sind. Sie halten zur Stange. Und dafür, sagt sie, sei sie sehr dankbar. (mz)