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Tauziehen ums Reuter-Haus Tauziehen ums Reuter-Haus in Bitterfeld: Zwangsversteigerung wird für Stadt zur Hängepartie

Von Frank Czerwonn 16.08.2019, 05:00
Zusätzliche Stützen, Gerüste und Planen sollen Passanten vor der Gefahr, die vom Bürgermeisterhaus ausgeht, schützen.
Zusätzliche Stützen, Gerüste und Planen sollen Passanten vor der Gefahr, die vom Bürgermeisterhaus ausgeht, schützen. André Kehrer

Bitterfeld - Rettung durch Zwangsversteigerung - so wollte der Landkreis den Verfall des historisch bedeutsamen Bürgermeisterhauses in der Bitterfelder Burgstraße endlich stoppen. Doch der Plan geht nicht auf.

Zwar ist der Antrag zur Zwangsversteigerung beim Amtsgericht Bitterfeld eingegangen. „Wir warten nur auf die Festlegung des Termins“, sagt Kreissprecher Udo Pawelczyk. Doch den wird es so bald nicht geben. Statt einer erhofften Rettung durch einen neuen Eigentümer droht eine lange Hängepartie. Denn die Eigentümerin wehrt sich mit allen rechtlichen Möglichkeiten. Die Folge: Frühestens in einem Dreivierteljahr könnte das Bürgermeisterhaus unter den Hammer kommen. Währenddessen geht sein Verfall weiter.

Bereits nach der Androhung der Zwangsversteigerung im Januar versuchte die Eigentümerin laut Pawelczyk, diese zu verhindern. „Allerdings ohne Erfolg. Die Zwangsversteigerung ist beantragt.“ Das bestätigt Gerichtsdirektor Matthias Paterok.

Eigentümerin hat Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsversteigerung gestellt

Doch wieso gibt es keinen Termin? „Weil die Eigentümerin einen Antrag auf vorläufige Einstellung gestellt hat“, erklärt Paterok. Der Versteigerungsantrag solle sechs Monate lang ruhen, damit sie die Finanzmittel beschaffen kann, um ihre Schuld beim Landkreis für die von diesem vorgenommenen Sicherungsmaßnahmen aufzubringen. Es handelt sich um rund 35.000 Euro.

„Allerdings hat die Rechtspflegerin diesen Antrag abgelehnt, weil die Schuldnerin nicht glaubhaft darlegen konnte, dass sie das im nächsten halben Jahr hinbekommt.“ Gegen diese Entscheidung habe die Schuldnerin sofortige Beschwerde eingelegt. „Deshalb sind die Akten jetzt zum Landgericht in Dessau gegangen“, so Paterok. Wann dort entschieden wird, ist unklar. Doch selbst wenn die Eigentümerin erneut scheitert, ist eine Zwangsversteigerung noch in diesem Jahr ausgeschlossen.

Denn zuvor muss das Amtsgericht einen Gutachter bestimmen, der ein Wertgutachten zum Haus Burgstraße 6 anfertigt. „Allein diese Erstellung dauert mindestens zwei bis vier Monate“, weiß Paterok. Das Gutachten bekommen dann beide Parteien zur Stellungnahme. „Erst wenn man sich auf einen Wert verständigt hat, mit dem man als Einstiegswert in die Zwangsversteigerung geht, kann ein Termin bestimmt werden.“ Und dieser muss laut Gesetz mit einer Vorlaufzeit von drei Monaten in diversen Medien, zum Beispiel dem Bundesanzeiger, veröffentlicht werden.

Das 1596 erbaute Renaissance-Bürgerhaus steht es seit mehr als 13 Jahren leer und verfällt

Räumt dagegen das Dessauer Landgericht der Eigentümerin das halbe Jahr Ruhezeit ein, passiert so lange gar nichts. „Kann sie dann die Schulden beim Landkreis begleichen, ist die Sache erledigt“, so Paterok. Kann sie es nicht, startet die Suche nach einem Gutachter samt folgendem Prozedere.

Für das im Auftrag des Stadtoberhaupts Konrad Reuter 1596 erbaute Renaissance-Bürgerhaus sind das keine guten Nachrichten. Immerhin steht es seit mehr als 13 Jahren leer und verfällt. Immer wieder stürzten Steine und Putzstücken ab. Schon 2011 ließ der Landkreis deshalb einen Bauzaun aufstellen. Später folgten eine Konstruktion zur Abstützung im Inneren sowie Stützen für den absturzgefährdeten Erker.

Der Ortschaftsrat forderte mehrfach, den Druck zu erhöhen. „Sanieren oder verkaufen“, hieß das Motto. Doch auch Gespräche des Oberbürgermeisters mit der Eigentümerin blieben ohne Folgen. Mit den größer werdenden Schäden steigen auch die Instandsetzungskosten. Sie werden längst auf einen hohen sechsstelligen Betrag geschätzt.

Doch was geschieht, wenn sich für den im Gutachten festgelegten Preis kein Bieter findet?

Dies wiederum beeinflusst Erfolg oder Misserfolg einer Zwangsversteigerung. Doch was geschieht, wenn sich für den im Gutachten festgelegten Preis kein Bieter findet? „Dann fällt allmählich die Wertgrenze“, erklärt Landgerichtssprecher Frank Straube. „Zum Beispiel auf 70 Prozent des Verkehrswertes. Unter Umständen unter 50 Prozent.“

Das könnte sogar Schaden für den Landkreis bringen. Denn vom Versteigerungserlös werden erst die Verfahrenskosten beglichen, dann die Auslagen des Gläubigers, also des Landkreises. „Wenn noch etwas übrig ist, bekommt dies der Schuldner.“ (mz)