1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. Sylke und Dirk Paul zogen 1990 von Bitterfeld nach Altena - Jetzt ist nichts mehr, wie es war

Flutkatastrophe im Sauerland Sylke und Dirk Paul zogen 1990 von Bitterfeld nach Altena - Jetzt ist nichts mehr, wie es war

Von Sylvia Czajka 31.07.2021, 12:00
Sylke und Dirk Paul in Altena - ein Foto aus besseren Zeiten - da  war kein Hochwasser in Sicht.
Sylke und Dirk Paul in Altena - ein Foto aus besseren Zeiten - da war kein Hochwasser in Sicht. (Foto: Paul)

Altena/Bitterfeld/MZ - Wenn Sylke und Dirk Paul rätseln müssten, ob es sich um dieselbe Stadt auf den Fotos handelt? Sie kämen ganz schön ins Grübeln, obwohl sie seit 1990 dort leben: in Altena im Sauerland. Das Hochwasser hat das Stadtbild verändert. Von einer Minute auf die andere. Altena wird nie mehr so sein, wie vorher. Das macht auch was mit den Menschen, sagen sie.

Neuanfang in 440 Kilometer Entfernung gestartet

Nach der Wende zogen sie von Bitterfeld ins Sauerland - 440 Kilometer weiter: der Schlosser und die Friseurin. Um einen Neuanfang zu starten. Mittlerweile sind mehr als 30 Jahre ins Land gezogen. Der Schlosser ist nun Meister, die Friseurin Reiseverkehrskauffrau. Doch Zuhause ist immer noch Bitterfeld, erzählen sie. „Damals 2002 und 2013 konnten wir in unserer alten Heimat leider nicht persönlich mit anpacken, waren aber in Gedanken bei unseren Familien und Freunden.“ Heute ist es umgekehrt.

Altenas Innenstadt - auch ein Opfer der Flut.
Altenas Innenstadt - auch ein Opfer der Flut.
(Foto: dpa)

Die Stadt Altena hat etwa 16.000 Einwohner. Sie liegt mitten im Tal - umgeben von Bergen und Wäldern mit vielen kleinen schmalen, im Sommer kaum sichtbaren, Flüsschen. In die Stadt führen vier Bundesstraßen und einige „Schleichwege“ über die Berge. Und dann kam das Wasser. Es floss von den Bergen, die noch vorhanden Bäume boten kaum Halt. Tonnen an Geröll ergossen sich in die Stadt. „Die Nachrichten und Bilder, die wir erhielten, waren grauenhaft. Wir bekamen bei Bekannten für eine Nacht Unterschlupf, jedoch war an schlafen kaum zu denken, da die Gedanken kreisten.“ Zum Glück blieb bei den Pauls alles trocken. „Das Wasser schoss 40 Zentimeter an unserer Hauswand vorbei.“

Pauls registrieren eine riesige Hilfsbereitschaft in der Region

„Zusammen mit zahlreichen Nachbarn haben wir unsere komplette Straße von Schlamm, Steinen und Geröll befreit. Die Hilfsbereitschaft hier ist wirklich sehr groß.“ Doch einige Häuser sind unbewohnbar, viele haben ihr Eigentum, ihre Existenz verloren, blicken die Pauls zurück.

Aber sie blicken auch nach vorn. „Es muss weitergehen.“ Trost finden sie bei Freunden und Familie in Bitterfeld. Der Kontakt ist nie abgerissen. Und sie sind immer auf dem Laufenden. Die Bitterfelder Zeitung erreicht sie jeden Tag - seit etwa 25 Jahren. „Wir wollen wissen, was zu Hause passiert.“ Die Pauls gehören auch zu den treuesten MZ-Fotorätselknackern. Zweimal habe sie Fortuna schon auserwählt, berichten sie. Ein Gewinn ging gleich ans Bitterfelder Tierheim. „Das war uns immer wichtig.“ Und wird es bleiben, schauen sie in die Zukunft.

Denn Sylke und Dirk Paul haben Pläne. „Irgendwann ziehen wir wieder zurück Richtung Bitterfeld“, ist sich das Paar sicher. Zuhause ist eben Zuhause.