Schließung Schließung: BQP in Bitterfeld wird aufgelöst
Bitterfeld/MZ - Die Entscheidung ist kurz und schmerzvoll: Die Bitterfelder Qualifizierungs- und Projektierungsgesellschaft (BQP) wird aufgelöst. Das gaben gestern die Gesellschafter bekannt. Damit werden auch die beiden Töchter - eine davon ist für die Goitzsche-Vermarktung zuständig (EBV) - abgewickelt. Festangestellte Mitarbeiter müssen mit Kündigungen rechnen, für die rund 680 Beschäftigten der BQP auf dem zweiten Arbeitsmarkt soll ein neuer Träger gefunden werden. „Diese Entscheidung zu treffen, war nicht leicht. Vor allem, es den Mitarbeitern zu sagen“, sagte Landrat Uwe Schulze (CDU). „Aber man muss einen Schlussstrich ziehen, wenn die Arbeit getan ist und sich Rahmenbedingungen wandeln. Wir wollen es nun geordnet beenden.“
In welchen Bereichen ist der Firmenverbund aktiv?
Über die Gesellschaft kommen Beschäftigte auf dem zweiten Arbeitsmarkt in Lohn und Brot (Beispiel Bürgerarbeit, Sozialkaufhaus), aber auch Infrastrukturmaßnahmen gehören zu den Aufgaben. Die BQP war auch für die Erschließung des Technologieparks Mitteldeutschlands („Solar Valley“) zuständig. Die 100-prozentige Tochter ist die EBV, die die Flächen an der Goitzsche vermarktet und verkauft. Eine weitere Tochter ist die Ökologische Sanierungs- und Entwicklungsgesellschaft (ÖSEG).
Was sind die Gründe für die Auflösung?
Der drastische Wandel in der Arbeitsmarktförderung der Bundesregierung habe dazu geführt, dass die Mittel massiv gekürzt wurden, sagte Oberbürgermeisterin Petra Wust (parteilos). Hintergrund ist ein Strategiewechsel: Statt in den zweiten sollen ALG II-Empfänger verstärkt in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Insgesamt hätten die Aufgaben, die auch im Bereich Sanierung/Abriss lagen, abgenommen. „Die Idee war ursprünglich gut und wichtig, aber das Geschäftsmodell hat sich überholt“, sagte Manfred Hunkemöller, der neuer zweiter Geschäftsführer der BQP ist. Die Erschließung von Grundstücken im Solar Valley rechnete sich ebenfalls nicht mehr, weil mit der Krise der große Ansturm vorbei war - die Gesellschaft bekam die Flächen nicht mehr los. Ähnliches habe auch bei der EBV und der Goitzsche-Verwertung eine Rolle gespielt.
Was geschieht mit den Beschäftigten?
Zwölf Festangestellte arbeiten bei der BQP, vier bei der ÖSEG und vier bei der EBV. Nimmt der Liquidator seine Arbeit auf, werden Kündigungen folgen. Ob allen zusammen oder nacheinander im Laufe der Liquidation gekündigt wird, darüber wurde geschwiegen. Für die Festangestellten wolle man sich nach anderen Beschäftigungsmöglichkeiten umsehen. Gespräche mit den Mitarbeitern habe es bereits gegeben. Die 680 Beschäftigten auf dem zweiten Arbeitsmarkt sollen ihre Maßnahmen beenden können. Sie sollen bei einem neuen Träger unterkommen, der noch gesucht werden muss. „Es fällt also nicht morgen der Hammer“, so Wust. Man werde alles tun, um alle unterzubringen.
Welche Pläne bestehen für die Goitzsche-Grundstücke?
Die EBV ist Eigentümer der Goitzsche und mehrerer Grundstücke. „Wir sind an einer weiteren Entwicklung unter Beachtung des Ufervertrages interessiert und wollen Investoren finden“, erklärte Schulze. Wust betonte: Die Grundstücke sollen im Idealfall an mehrere Investoren gehen. Interessenten gebe es. „Die Uferflächen und der Rundweg werden nicht verkauft.“ Eine Variante sei auch, dass der Goitzsche-Zweckverband Grundstücke kauft (siehe nebenstehenden Text).
Wie sieht der Zeitplan für die Liquidation aus?
Zunächst ist ein Gesellschafterbeschluss notwendig. Dieser soll am Montag erfolgen. In Sondersitzungen des Kreistages Anhalt-Bitterfeld sowie des Stadtrates Bitterfeld-Wolfen folgen dann die weiteren Beschlüsse. Danach kann die Abwicklung beginnen, indem ein Liquidator eingesetzt wird. Auf welchen Zeitraum hin diese ausgelegt ist, darüber gibt es derzeit keine Auskunft. Mit der „geordneten Liquidation“ sollen die Gesellschaften komplett aufgelöst werden. „Es wird aber kein Zerstampfen oder Ausverkauf stattfinden“, betonte Schulze. Die Liquidation ist beendet, wenn das letzte Vermögen verteilt wurde. Da hinreichend Vermögen vorhanden sei, rechne man am Ende sogar mit einem Überschuss. Die Liquidation soll nun zügig umgesetzt werden. Denn jeder Zeitverzug koste Geld.
Haben BQP und EBV Schulden?
Es bestehen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten. Wie hoch die Summe ist und wem gegenüber sie bestehen, darüber geben die Gesellschafter keine Auskunft.
Was wird aus den Geschäftsführern der BQP und EBV? Seit Mittwoch gibt es einen zweiten Geschäftsführer der BQP, Manfred Hunkemöller. Ramona Scholz bleibt bis zum Antritt des Liquidators im Amt als Chefin der BQP. Lutz Bernhardt scheidet als EBV-Geschäftsführer offenbar mit Ende dieses Monats aus.
Hat man zu spät reagiert?
Die Gesellschafter verneinen. Der große Einbruch bei der Förderung des zweiten Arbeitsmarktes sei nicht auf lange Sicht vorhersehbar gewesen, sagte Petra Wust. BQP-Geschäftsführerin Ramona Scholz erklärte auf Nachfrage, dass sie die Gesellschafter bereits Anfang 2012 über die finanziellen Auswirkungen dieser Veränderungen informiert habe.