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Dokumentation "Hartz aber Herzlich" RTL2 "Hartz und Herzlich": Zweite Folge aus Bitterfeld-Wolfen

Von Jan Berger 19.09.2017, 20:19
Zu den Menschen, die in den Plattenbauten leben, gehören Yvonne und Pascal. Die beiden Hartz IV-Empfänger haben mit schweren Krankheiten zu kämpfen. Wie verkraftet die 6-köpfige Familie die Belastung?
Zu den Menschen, die in den Plattenbauten leben, gehören Yvonne und Pascal. Die beiden Hartz IV-Empfänger haben mit schweren Krankheiten zu kämpfen. Wie verkraftet die 6-köpfige Familie die Belastung? RTL2

Wolfen - Nachdem die erste Folge der RTL2 Doku „Hartz und Herzlich“ aus Wolfen-Nord für gemischte Reaktionen gesorgt hatte, legte der Sender an diesem Dienstag nach: Ab 20.15 Uhr zeigte RTL2 die zweite Dokumentation aus dem Stadtteil mit schwieriger Sozialstruktur und hohen Plattenbauten.

Man ist von dem Sender ja vieles gewöhnt: aggressive Dokutainment-Sendungen, denen das Entertainment wichtiger ist als die Dokumentation. Auch mit „Hartz und Herzlich“ verfolgen die Macher eine klare Agenda. Sie wollen kein authentisches Bild einer deutschen Kleinstadt zeichnen, sondern an einen sozialen Brennpunkt schauen. Die Aussicht auf Krawall und Fremdschämen verspricht eben die bessere Quote, wie schon bei der vorherigen Staffel aus Duisburg.

Doch wenn man sich auf die Sozial-Dokumentation einlässt, zeigt sich die Sendung ziemlich unaufgeregt. Vier Monate habe man unter den 8.500 Einwohnern von Wolfen-Nord gedreht, teilt RTL2 mit. Das Ergebnis hat tatsächlich wenig von den Scripted-Reality-Formaten, die der Sender sonst häufig ausstrahlt. Die Probleme, mit denen sich die porträtierten Bewohner herumschlagen müssen, sind weder sensationell noch besonders dramatisch.

„Hartz und Herzlich“ auf RTL2 aus Bitterfeld-Wolfen: Positive Szenen aus den Plattenbauten

Nadine kämpft gegen die Pfändung ihres Kontos, ärgert sich mit der Bürokratie und muss Mahngebühren nachzahlen. Yvonne sorgt sich um ihren Freund, der eine OP hat. Und der 56-jährige Roland muss sein Leben seit zwei Jahren als Single managen. Die Wolfener sprechen über ihre Tattoos, Schulden und die Osterdeko in den Wohnungen. Im Sommer werden kleine Planschbecken aufgebaut, an anderen Ecken im Stadtteil verschwinden die Plattenbauten.

Am ehesten ins Klischee der krawalligen RTL2-Sendungen passt die Alleinerziehende Jenny: Sie hatte noch nie einen Job, aber vier Kinder und kaputte Zähne. Putzen ist nicht ihre Stärke, sie ist laut Sprecher „nicht stark belastbar“. Und sie erweckt den Eindruck, als solle der Staat sie nur „fördern“ und bloß nichts „fordern“.

Die Sendung „Hartz und herzlich“ will tatsächlich Verständnis für Wolfener wecken

Doch das ist die Ausnahme. Die Sendung begleitet auch Alex, die als Hauswirtschafterin arbeitet und ihren Freund, einen Berufssoldaten, kaum sieht. Doch die kleine Patchwork-Familie macht das Beste aus der Situation. Einige junge Leute aus der Stadt, die über ihre Kindheit in den Plattenbauten rappen, werden ebenfalls vorgestellt.

Selbst ein Einsatz der Polizei in der Plattenbausiedlung findet fast nebenbei statt. Werden in anderen Formaten die Beamten begleitet und Verdächtige vorgeführt, spielt das hier keine Rolle. Es ist nur Anlass, die Bewohner über ihren Umgang mit Vandalismus und Kriminellen berichten zu lassen. „Hartz und herzlich“ will tatsächlich Verständnis für Wolfener wecken, sie nicht vorführen.

Dafür thematisiert die Sendung immer wieder zwei Fragen: Wie viel Geld braucht es, für ein erstrebenswertes Leben und wie kann man das in Bitterfeld-Wolfen erreichen? Viele der porträtierten Menschen setzen nur auf Hartz IV und staatliche Leistungen. Deutlich wird aber auch, dass vielen ein Job zwar mehr Würde bringen würde - aber am Ende kaum mehr Geld in der Haushaltskasse bleibt. Ein Problem, dass „Hartz und Herzlich“ sicher nicht lösen kann. (mz)