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Privatanzeigen per Handy Privatanzeigen per Handy: Mit App gegen Falschparker in Bitterfeld-Wolfen

Von Frank Czerwonn 22.02.2019, 05:46
Falschparker können mit der App erfasst und die Anzeige zum Ordnungsamt geleitet werden.
Falschparker können mit der App erfasst und die Anzeige zum Ordnungsamt geleitet werden. André Kehrer

Wolfen - Autos im Parkverbot, zugestellte Rettungswege, eingeschränkte Sicht an Kreuzungen, versperrte Radwege - der ruhende Verkehr macht in Bitterfeld-Wolfen oft Probleme. Mit sechs Politessen versucht die Verwaltung, dagegen vorzugehen.

Bei der großen Fläche eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Deswegen melden immer wieder Bürger solche Verstöße - was ihr Recht ist. Diesen Weg der Privatanzeigen will die Stadt nun erleichtern. Sie unterstützt die Handy-App „Wegeheld“, mit der unkompliziert Falschparker gemeldet werden können.

Mittel für mehr Sicherheit oder digitaler Pranger?

Doch was für die einen ein Mittel für mehr Sicherheit ist, sehen andere als Sieg der Denunzianten. Leute würde an den Pranger gestellt. Kritiker spotten, die App sollte nicht Wegeheld, sondern Wegelagerer heißen. Die kostenfreie App gibt es seit 2013. Laut ihrer Entwickler kann sie in rund 1.000 deutschen Städten genutzt werden. Vor allem im Ruhrgebiet geschieht das viel, aber auch in Halle oder Berlin.

„Aber Bitterfeld-Wolfen ist die erste Kommune, die aktiv auf uns zugekommen ist“, sagte der hallesche Programmierer Marco Gergele, der den Hintergrund der App 2017 neu gestaltet hat, im Ausschuss für Recht, Ordnung und Verkehr. Dort informierte die Stadt über diese App, die die Meinungen spalten dürfte.

Nutzer melden sich dort mit ihren Daten an. Wollen Sie einen Verstoß melden, bestimmt die App automatisch den Standort. Aus einer Liste kann man den konkreten Vorfall, Fahrzeugtyp und Farbe auswählen und dann posten.

Vereinfachte Anzeigen ohne unnötigen „Papierkram“

Das erscheint auf der Internetseite www.wegeheld.org - wobei Nummernschild und mögliche Personen unkenntlich gemacht werden - und kann an das Ordnungsamt weitergeleitet werden. Vor allem dieser Aspekt interessiert die Stadt. Im Ordnungsamt wird jeder Fall geprüft, gegebenenfalls ein Bußgeld verhängt.

„Als Privatpersonen kann ich bestimmte Fälle anzeigen. Das Ordnungsamt muss solche Privatanzeigen bearbeiten“, erklärte Gergele. Nur sei das aufwändig und mit Rückfragen und Papierkram verbunden. „Durch die App wird das stark vereinfacht.“

Ähnlich argumentiert die Stadt. Schon jetzt würden ja Bürger Ordnungswidrigkeiten bei der Stadt anzeigen. „Die App ist nur ein weiterer Weg, um uns solche Verstöße melden zu können“, sagte Kämmerer Rolf Hülßner. „In der App ist alles organisiert, alle Infos werden erfragt, so dass wir uns eine verbesserte und verkürzte Verfahrensweise versprechen.“

Und Carola Reinsch, Sachbereichsleiterin Verkehr, ergänzte, dass niemand im Auftrag der Stadt losziehe, um Falschparker aufzuspüren. „Es ist wie bisher die Entscheidung des Bürgers, ob er eine Anzeige stellen will. Will er das, kann er die App nutzen.“

Jährlich 156 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten

Laut Stadtsprecherin Katrin Kuhnt gehen in der Woche rund drei Anrufe oder Mails wegen Ordnungswidrigkeiten ein. Das sind 156 Meldungen im Jahr. „Nur 15 davon kommen letztlich zur Anzeige - auch, weil das Prozedere umständlich ist. Das kann sich durch die App verbessern.“

Doch nicht alle im Ausschuss hat das überzeugt. Henning Dornack, der als sachkundiger Bürger Mitglied ist, kritisierte, dass Bürger „hoheitliche Aufgaben von Polizei und Ordnungskräften übernehmen sollen“. Auch Daniel Roi (AfD) lehnte die App ab, da sie zum Anschwärzen diene. Er wollte wissen, was das die Stadt koste. Klare Auskunft von Reinsch und Gergele: „Nichts.“

Die App gebe es ja und jeder könne sie nutzen. Und egal welche Haltung man in einer Stadtverwaltung dazu hat: Die Anzeigen werden auf jeden Fall an das jeweilige Ordnungsamt weitergeleitet. Deshalb gehe es auch nicht um ein Votum des Ausschusses, sondern um das Bekanntmachen dieser Möglichkeit. „Je mehr mitmachen, um so sicherer kann Bitterfeld-Wolfen werden“, meint Gergele.

App trifft an anderen Standorten auf geteiltes Echo

Schaut man sich deutschlandweit um, gehen die Meinungen auseinander. Oberhausens Stadtsprecher warnte, dass sich Anzeigensteller dem Vorwurf falscher Verdächtigung aussetzen könnten. Das Straßenverkehrsamt Frankfurt (Main) kann sich eine Zusammenarbeit mit „Wegeheld“ nicht vorstellen.

In Mönchengladbach sieht man das anders. „Mit der App kann man rechtssichere Anzeigen erstellen“, sagt Vize-Stadtsprecher Dirk Rütten. Über sie gingen monatlich rund 100 Privatanzeigen ein. Weitere 130 Anzeigen kämen über andere Wege. Nicht alle seien berechtigt, aber viele. Auch in Essen ist die Anzeigenzahl 2018 massiv gestiegen. Nun fürchtet die Stadt Engpässe bei der Bearbeitung. Diese Gefahr sieht man bislang in Bitterfeld-Wolfen nicht.

(mz)

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Michael Maul