Priesitzer Fischerei Priesitzer Fischerei: Schäden an Gewässer nicht absehbar
Priesitz/MZ. - "Ich gehe im Moment doch etwas auf dem Zahnfleisch." Demnächst werde er Fliesen kaufen und ein neues Schaufenster.
Dem einzigen Fischer von Priesitz ist in dem Elbehochwasser buchstäblich der Betrieb weg geschwommen. Die Kühlzelle, kurz vorher gekauft, ist ruiniert, die komplette Ladeneinrichtung praktisch nicht mehr brauchbar, eine Schaufensterscheibe ist hin. Ein Kahn und etliche Reusen gingen verloren. Waren einfach im Chaos verschwunden. Als Jörg Flemmig Ende August aus dem Urlaub kam, war sein Betrieb weg. "Dabei ging es gerade wieder los mit dem Geschäft", sagte Jörg Flemmig.
Das Gebäude, in dem der 34-Jährige seine Fische verarbeitet und verkauft hat, war bis zur Decke überflutet. "Die Vermarktung ist im Eimer", brachte es Flemmig kurz nach der Flut auf den Punkt und bezifferte den Schaden allein dort auf rund 50 000 Euro. Doch als knapp zwei Kilometer entfernt hinter Sachau der Deich brach, verschwand nicht nur sein Betrieb in der braunen Brühe. Der größere Schaden ist an den Gewässern entstanden, die Flemmig, der einen Abschluss als Ingenieur für Binnenfischerei hat und seit 1994 selbständig ist, mit der Familie und Saisonkräften bewirtschaftet.
Die Wildgewässer beiderseits der Elbe, knapp hundert Hektar Teiche und fünf alte Elbarme, brachten Einnahmen durch Hecht, Zander und Aal aus dem natürlichen Bestand. "Da sieht es ganz schlimm aus", fand Jörg Flemmig seine schlimmsten Befürchtungen übertroffen. Wasserqualität und verbliebener Fischbestand sind größtenteils noch nicht abschätzbar.
Der zweite Geschäftsbereich Flemmigs ist die Karpfenteichwirtschaft. In einem dreijährigen Zyklus werden die Fische umgesetzt, gefüttert und erneut abgefischt, bis sie verkauft werden können. Zwar haben die Karpfenteiche kaum gelitten. Aber Jörg Flemmig fehlt das Equipment für Aufbewahrung, Verarbeitung und Verkauf. Hälterei, Räucherei und Laden, einfach alles ist weg. Der Laden trocknet derzeit aus, Flemmig hofft, dass er in zwei Wochen mit dem Wiederaufbau beginnen kann.
Glück im Unglück hatte er dennoch. Das neue Wohnhaus ist noch nicht im Rohbau fertig, eigentlich hatte er schon darin wohnen wollen. Ein Bungalow, den er gelegentlich an Angler vermietet hat, sei ebenfalls erheblich beschädigt, erzählte er. Dazu kommen Ausfälle von Angelkarten. Sein erster Gedanke, als er die Schäden gesehen hatte, war: "Nützt ja nichts." Das Geschäft hinschmeißen habe für ihn nicht zur Debatte gestanden. "Nicht aufgeben, nicht wegen Hochwasser", stand für ihn fest. Eine Versicherung gegen Hochwasserschäden habe er nicht.
"Aber Gedanken hatte ich mir schon gemacht, seit dem Oderhochwasser." Und er sei sich sicher: "Das wird wieder passieren." Er könne nur draus lernen, immerhin wisse er nun, wie hoch das Wasser steigen könne. "Schützen kann man sich nicht. Das Beste, wenn das Wasser kommt, ist wohl, Tür und Fenster aufmachen und das Wasser durchlassen." Zumindest werde er die Einrichtung so einbauen, dass er sie im Notfall komplett wieder entfernen kann.
Auch wenn Jörg Flemmig den Mut zum Wiederaufbau hat - mit der Überbrückung sieht es nicht gut aus. "Im September habe ich eigentlich den meisten Umsatz. Wie es weitergehen soll, weiß ich auch noch nicht." Die erste Einnahme aus dem eigenen Fischbestand kommt erst in vier Wochen, am 26. Oktober ist Abfischen an den Lausiger Teichen.
Das Wichtigste aber ist, dass das knapp hundert Meter breite Loch im Deich so bald als möglich wieder geschlossen wird. "Sonst brauchen einige gar nicht aufräumen", erklärte Bernd-Uwe Edler, Bürgermeister der Gemeinde. Über ein Dutzend Wohnhäuser hat es außer der Fischerei getroffen. Doch Letztere sei für den kleinen Ort ein wichtiger Betrieb, weshalb Edler demnächst die Gründung eines Fördervereins plant, der das Fischer-Gewerbe in der Region langfristig unterstützen soll.
Spenden mit dem Kennwort "Hochwasser" auf das Konto der Gemeinde Priesitz 66 99 649 bei der Deutschen Bank, BLZ 860 700 00.