Orgelbauer Orgelbauer : Der Tausendsassa an der Orgel

Greppin/MZ - Seine Mutter war schon immer der Meinung, dass ein Schreibtisch-Job nix für ihn wäre. Eine Zeit lang hat Lukas Bartsch darüber nachgedacht, Flugzeuglotse zu werden. Doch dann ist die Orgel in der Kirche vor dem Haus kaputt gegangen, und da dachte er sich: „Die reparier’ ich mal!“
Lukas Bartsch ist 18 Jahre alt, groß und schlank und investiert jede freie Minute in „seine“ Orgel. Während Altersgenossen mit ähnlicher Intensität an ihren Mopeds rumschrauben, kriecht er in den staubigen Hohlraum der Orgel zu den Pfeifen und dem Blasebalg. Dieser erinnert an die Zeit, als ihn noch jemand treten musste. Jetzt bekommt das pneumatisch angetriebene Instrument zwar Luft von einem elektronischen Gebläse, jedoch zischt diese auch gleich an den Seiten wieder raus. Lukas winkt nur ab. „Die Orgel hier ist einfach nur undicht!“
Bei Ausbesserungsarbeiten an der einhundert Jahre alten Orgel in der Heilig Geist Kirche in Greppin entdeckte er seine Leidenschaft zu diesem Handwerk und beschloss, nach dem Abitur Orgelbauer zu werden. So ganz aus heiterem Himmel kam das allerdings nicht, denn seit drei Jahren wird Bartsch von Pater Manfred Ridil zum Organisten ausgebildet. Deshalb gehört auch die Begleitung von Sonntagsgottesdiensten zu seinen Freizeitbeschäftigungen. Zur Zeit sitzt er an den Noten zur Musik von „Fluch der Karibik“. Die Orgelwerke von Johann Sebastian Bach liegen auf einem Hocker daneben und erinnern daran, dass er genug Material zum Üben hätte. Aber in den letzten Monaten musste der junge Mann stattdessen für die Abiturprüfungen lernen. Die hat er inzwischen alle erfolgreich bestanden und kann sich auch wieder Bach widmen. Daneben muss er aber noch einen Blick auf die Stücke werfen, die bei den Sonntagsgottesdiensten der katholischen Gemeinde Wolfen-Zörbig erklingen sollen. „Doch die sind nicht so das Problem. Ich kann fast alle Lieder aus dem Gesangsbüchlein.“ Das Singen überlässt er der Gemeinde, denn er müsse zuhören, um das Tempo anpassen zu können.
Lukas investiert viel Energie in sein Instrument. Warum? „Weil Orgelspielen Spaß macht. Und es ist cool, wenn alle mitsingen“, verrät er. Auch Tricks hat Bartsch parat: „Wenn du dich verspielst, wiederhol den Fehler in den nächsten Strophen, dann denken alle: Das muss so sein!“ Viele Fehler macht er aber nicht. Seit seinem sechsten Lebensjahr spielt Lukas auch Geige. Die sei jedoch nicht sein Lieblingsinstrument, da eine Orgel viel mehr zu bieten habe. Sie hat einen größeren Tonumfang, der über Register und Klaviertasten gesteuert wird sowie über Fußpedale.
Im September wird Lukas seine Zelte in Greppin abbrechen und für die nächsten dreieinhalb Jahre nach Bautzen ziehen. Bei dem Traditionsunternehmen Eule Orgelbau fängt er eine Ausbildung an. Vor wenigen Monaten hat er dort bereits ein Praktikum absolviert, ist durch ganz Deutschland gezogen und hat Orgeln in Kirchen und Konzerthäusern gestimmt. Zwar gäbe es in den meisten Gemeinden finanzielle Engpässe, aber „für notwendige Arbeiten braucht man Orgelbauer“, sagt er. Auch wird in den Unternehmen Nachwuchs gesucht.
Nur zwei Bewerber hat das Unternehmen Eule angenommen, so seien die Chance höher, diese auch nach abgeschlossener Ausbildung zu übernehmen. Wegen dem Organisten-Mangel wird Lukas weiterhin nach Greppin kommen und im Gottesdienst spielen.