Offene Worte zum Thema Gewalt
Wolfen/MZ. - Deutliche Worte gab es aber doch. Gerald Büchner von der Initiative gegen Gewalt nahm zur Podiumsdiskussion mit Innenstaatssekretär Rüdiger Erben (SPD), Oberbürgermeisterin Petra Wust (parteilos), Vertretern von Polizei und Landratsamt kein Blatt vor den Mund. "Wir glauben, dass nicht ehrlich genug mit dem Thema Gewalt umgegangen wird", so Büchner. Gewalt, denkt er, gebe es überall. Auch seien Strukturreformen, wie sie die Polizei erlebe, wohl nicht das Übel. "Es geht schon im Elternhaus los, setzt sich im Umfeld fort. Wir wollen Aufrütteln, uns einmischen. Das muss einfach sein." Büchner kritisiert wie seine Mitstreiter das Desinteresse und Wegschauen des größten Teils der Bevölkerung und glaubt, dass es bei Veranstaltungen wie dem Anti-Gewalt-Tag nicht bleiben dürfe.
"Etwas tun, nicht die Augen verschließen", ist sein Ansatz. Staatssekretär Rüdiger Erben hatte kurz zuvor Streichungen bei der Polizei vor rein wirtschaftlichem Hintergrund gerechtfertigt. Bei bis zu 500 000 Einwohnern weniger im Jahr 2020 und damit auch deutlich geringeren Steuereinnahmen, seien Forderungen des Finanzministers nach Stellenreduzierungen zu verstehen. Im Kern bleibe das Verhältnis von Polizist pro Bürger nach seinen Worten auch 2020 vergleichbar mit dem heutigen.
Dass soziale Probleme allein schuld sind an Gewalt, glaubt Erben nicht. Auch sieht er in Städten wie Wolfen mit seinen Plattenbaugebieten keinen Kriminalitätsschwerpunkt. Man stehe einfach vor einem deutlichen Wertewandel mit einer sichtbar abnehmenden Hemmschwelle. Die Bereitschaft, jemandem oder dessen Eigentum Schaden zuzufügen, sei niedriger als je zuvor. Dass Polizei wegen 50 Hooligans an den Wochenenden zu hunderten zu Fußballspielen ausrücke und deshalb wochentags mit weniger Einsatzkräften leben müsse, gefällt dem Staatssekretär nicht. Seiner Ansicht nach müssten die Vereine stärker in die Pflicht genommen werden.
Vereine sind es auch, denen Petra Wust eine besondere Rolle beimisst. 200 davon gebe es in Bitterfeld-Wolfen. Die würden das Leben bunter machen, Kindern und Jugendlichen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bieten. Allerdings müsse auch das Umfeld stimmen. Attraktive Wohnstandorte und Schulen seien ein Feld, in dem sich Kommunen einbringen können.
Die Vielfalt des Lebens in der Fuhnestadt sollte der Anti-Gewalt-Tag auch zeigen. Auf der Bühne standen Nachwuchssängerin Judith Hermann, erlebte die Kita "Kuschelburg" ihre große Stunde. Hier glänzten Orlandos Trommelkids, das Duo Sally und Marko sowie das Wolfener Ballettensemble.
Der Tag sollte aber auch vermitteln, dass man durchaus nicht machtlos gegenüber Gewalt ist. Opferorganisationen wie der Weiße Ring oder das Frauenhaus waren vor Ort, Polizei und Feuerwehr luden zu Gesprächen und einem Blick auf die Einsatztechnik ein.