Neujahrsinterview mit Andy Grabner Neujahrsinterview mit Andy Grabner: Boom-Kommune Sandersdorf-Brehna

Sandersdorf - Was brachte 2018 für Sandersdorf-Brehna? Andy Grabner (CDU), mit zehn Amtsjahren einer der ehrfahrendsten Bürgermeister des Landkreises Anhalt-Bitterfeld, schaut auf das vergangene Jahr und hat das neue im Blick. Mit ihm sprach Christine Färber.
Sie wohnen seit Jahr und Tag in Sandersdorf. Warum?
Andy Grabner: Weil es eine schöne, ausgewogene Stadt ist. Das finde ich zumindest. Wir haben eine Menge geschafft: Eine sehr gute Infrastruktur entwickelt, zugesehen, dass wir Industrie und Gewerbe beste Bedingungen bieten, so dass viele und hochwertige Arbeitsplätze entstanden sind. Kitas, Horte, Grund- und Sekundarschulen - alles ist da. Und wir haben eine tolle Vereinsstruktur - bis auf Skispringen findet man hier alles.
Meinen Sie, dass andere das auch so sehen?
Andy Grabner: Würden sie sonst hier bleiben und sich engagieren? Knapp 15.000 Leute wohnen jetzt in der Stadt. Vergangenes Jahr standen 677 Wegzügen 748 Zuzüge gegenüber. Allerdings haut es mit der Balance von Geburten und Sterbefällen noch nicht hin - nur halb so viele sind auf die Welt gekommen wie sie verlassen haben. Dennoch: Die Nachfrage nach einem Bauplatz oder einer Wohnung in Sandersdorf-Brehna ist so gestiegen, dass wir die aktuell gar nicht vollends bedienen können.
Ich denke, viele Leute erkennen, die Stadt und ihr Umfeld bieten was und sind ganz gut aufgestellt. Außerdem, das entnehme ich Bau-Anfragen, profitieren wir schon vom Leipziger Raum, die Leute wollen nicht mehr zur Arbeit pendeln. Und interessante Arbeit gibt es. Bei uns.
Was hat die Stadt vor, um weitere Zuzüge zu verkraften?
Andy Grabner: Die ersten Bau-Anträge für die „Alte Ziegelei“ in Sandersdorf liegen vor. In Brehna ist der B-Plan für den Magdalenengarten fertig. Für die Lange Liebe in Zscherndorf wird gerade ein Plan erarbeitet und in Petersroda wird ebenfalls ein kleines Baugebiet am Goitzscherand erschlossen.
Und was mich besonders freut: Zusammen mit der Neubi investieren wir fünf Millionen Euro für neue Mehrfamilienhäuser mitten in Sandersdorf. Zudem werden, wo der alte „Glückspilz“ stand, zwei Mehrfamilienhäuser gebaut.
Sandersdorf-Brehna als kinder- und wirtschaftsfreundliche Stadt
Sandersdorf-Brehna wirbt damit, besonders kinderfreundlich zu sein ...
Andy Grabner: Ja, da nehmen wir viel Geld in die Hand. Wir bauen zum Beispiel an der Kita „Pfingstanger“ in Sandersdorf an, da entstehen 20 neue Plätze. So halten wir an unserem Grundsatz fest, jedem Kind, dessen Eltern es wollen, einen Betreuungsplatz innerhalb der Stadt bieten zu können.
Der teuerste liegt nach wie vor unter 200 Euro. Außerdem investieren wir weiter in die Grundschulen. Alle drei haben übrigens langfristig Bestandssicherheit. Und die „größeren Kinder“ erfreuen sich an der Workout- oder der Skater-Anlage, im Chillout-Klub oder auf den Sportplätzen.
Warum stellt die Stadt Kinder so in den Mittelpunkt?
Andy Grabner: Wir stellen ja nicht allein die Kinder in den Mittelpunkt. Wir sagen bewusst, Sandersdorf-Brehna ist auch eine wirtschaftsfreundliche Stadt. Wir ernten heute das, was die Kommunalpolitiker nach der Wende gesät haben - mit Weitsicht haben sie den Grundstein für die Gewerbegebiete an der A9 in Brehna gelegt.
Die florieren und wachsen. Und dafür tun auch wir heute etwas. Jetzt will eine wichtige Firma erweitern, eine große, neue sich ansiedeln. Auch der Stakendorfer Busch, lange unser Sorgenkind, legt los. Eine der modernsten Papierfabriken wird gebaut. Mehrere Zulieferer für den Betrieb haben angefragt, wollen sich ansiedeln. Und auch für ehemals Vetro Solar gibt es eine Zukunft.
Apropos Vetro Solar. Um den Verkauf der Halle gab es im Rat große Meinungsverschiedenheiten ...
Andy Grabner: Vetro Solar lag uns schwer im Magen. Die Kommune ist ja damals sozusagen in Vorkasse und das Unternehmen sehr schnell pleitegegangen. Es hat lange gedauert und es gab einige Tiefschläge, bis jetzt nach Jahren endlich alles so gut wie in Sack und Tüten ist.
Wenn alles gut läuft, werden wir die Halle verkaufen, ein ortsansässiger Investor lässt sich dort nieder. Und ja, es gab harte Diskussionen. Es ist ja auch normal, gut und richtig, sich auseinanderzusetzen, wo es richtig um was geht. Dank der Akribie und des Verhandlungsgeschicks des Stadtrates ist jetzt der Erfolg für die Stadt greifbar. Wir haben da nicht großartig Federn lassen müssen.
Wie schlägt sich das im Haushalt nieder?
Andy Grabner: Zahlen werde ich hier nicht nennen. Nur so viel: Mit dem Verkauf von Vetro Solar und einer klugen Finanzpolitik - wir tilgen mit jährlich 1,2 Millionen Euro überdurchschnittlich hoch unsere Kredite - liegt die Stadt bei einer Verschuldung von 500 Euro pro Einwohner. Ein guter Schnitt. Uns ist es ein großes Anliegen, ein gutes Maß zwischen Schuldentilgung und Investition zu schaffen. Einfach, um unseren Nachkommen eine nachhaltig und geordnet entwickelte Kommune weitergeben zu können.
Diese Stadt ist eben reich ...
Andy Grabner: Bei weitem nicht! Wir sind mit unserer Industrie und deren Gewerbesteuern wohl begnadet. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir im Geld schwimmen. Wir haben von der Konsolidierungskommune bis zur mittlerweile finanzstarken Kommune alles durchlebt. Aktuell sind wir nicht nur von bestimmten Förderungen ausgeschlossen, wir müssen eine Menge Geld als sogenannte Geber-Kommune dem Land zur Verfügung stellen und bekommen weniger Schlüsselzuweisungen zurück.
Zudem erhöht sich die Kreisumlage um etwa 1,6 Millionen Euro gegenüber 2018. Summa summarum sind da vier Millionen Euro weg, ohne dass wir eine Aufgabe mehr erledigt oder irgendeine Investition getätigt haben. So klaffte in der ersten Haushalt-Lesung für 2019 eine große Lücke. Die konnten wir schließen. Man kann aber nicht überall den Rotstift ansetzen. Die Feuerwehren in Sandersdorf und in Petersroda bekommen jedenfalls ihre so dringend nötigen Autos.
Wünsche für die nächste Legislaturperiode des Stadtrates von Sandersdorf-Brehna
Und wenn Sie nicht sparen müssten - was würden Sie sofort anpacken?
Andy Grabner: Ach, da muss ich nicht lange überlegen: einen neuen Kindergarten für Roitzsch und ein neues Dach und eine Frischekur für die Zscherndorfer Grundschule. Das Roitzscher Projekt scheitert bislang am passenden Grundstück, das Zscherndorfer am Geld.
Sie sprechen das Thema Nachkommen an. Wie überzeugt man jüngere Leute davon, dass Kommunalpolitik nichts Langweiliges ist?
Andy Grabner: Das treibt Stadtrat und Stadt schon lange um. Und vor einem Jahr hat sich der Jugendbeirat formiert. Das ist natürlich klasse und offensichtlich empfinden diese Jugendlichen Kommunalpolitik nicht als langweilig. Sie wollen mitmachen, sich einbringen, Interessen vertreten. Sie sind selbstbewusst und haben handfeste Ideen, über die sie nicht nur reden. Der Jugendbeirat ist berechtigt, einen Vertreter in den Stadtrat zu entsenden. Dort hat er Anhörungsrecht.
Demnächst wird ein neuer Stadtrat gewählt. Was erhoffen Sie sich?
Andy Grabner: Dass alle schnell zusammenfinden und wir unseren erfolgreichen Weg fortsetzen. Dass es viele Debatten um die besten Lösungen für eine gedeihliche Entwicklung unserer Stadt gibt. Und dass sich der Rat ein bisschen ändert, mehr junge Leute reinkommen. Sandersdorf-Brehna besteht 2019 zehn Jahre. Die Ortschaften müssen weiter zusammenwachsen.
Sind Sie gern Bürgermeister?
Andy Grabner: Ja. Für mich ist das der schönste Beruf. Ich kann was gestalten. Und wenn dann die Leute zufrieden sind - ja, das ist schön. Freilich gibt es verschiedene Ansichten, Streit, Diskussionen und ich muss jeden Tag dazulernen. Ich weiß einen guten Stadtrat an meiner Seite und kompetente, engagierte Verwaltungsmitarbeiter im Haus, die mitziehen. Der Rat, der kontrovers diskutiert - aber immer der Sache wegen. Das ist es, was zählt, Erfolg bringt und eben Freude macht.
Es gibt weiter viel zu tun. Mich ärgern die Schrottimmobilien, die in der Stadt noch stehen. An Ordnung und Sauberkeit gibt es manches auszusetzen. Aber mich freut auch, dass wir zum Beispiel beim Thema Deponieerweiterung als Einwohner zusammenstehen wie ein Mann. (mz)