Nach Straftat Nach Straftat: Kein Einsehen für Nachsicht
Wittenberg/MZ. - Da war es für den Geschädigten schon eine Genugtuung, als am 22. Januar in der MZ zu lesen war, dass zwei Jugendliche, einer 15, der andere 16 Jahre alt, als mutmaßliche Täter gefasst worden seien und dass gegen den Älteren, da dieser schon zweimal straffällig geworden war, ein Haftbefehl beantragt wurde. Doch schon am Tag darauf glaubte Eckhard Jehne seinen Ohren nicht zu trauen, als er im Rundfunk hörte, dass der Haftbefehl ausgesetzt wurde, sich der Jugendliche wieder auf freiem Fuß befindet.
Sehr verärgert ist Jehne darüber. Es könne doch nicht im Sinne des Rechtsstaates sein, dass solche Entscheidungen gefällt werden, zumal man damit rechnen muss, dass sich der Diebstahlsversuch wiederholt und auch vollendet wird, meint er. "Hoffentlich endet dieser Diebstahl dann nicht mit einem schweren Verkehrsunfall, bei dem eventuell Unschuldige verletzt oder gar getötet werden", schreibt Eckhard Jehne. Bitter klingen seine Worte in seinem Leserbrief, mit denen er sich bei dem "Herrn Haftrichter" für "das Verständnis gegenüber unserer Jugend" bedankt.
Jehne sieht den Beistand dem Falschen zugedacht. Es könne doch wohl nicht sein, "dass der Geschädigte mit seinem Problem da steht", während der "arme Jugendliche, weil er weder ein Einkommen hat noch versichert ist, mit Freispruch belohnt wird."
Die zuständige Haftrichterin im Wittenberger Amtsgericht wollte jedoch ihre Entscheidung gegenüber der MZ weder kommentieren noch weitere Aussagen machen und verwies an den Pressesprecher des Landgerichtes, Matthias Paterok. Dieser bestätigte, dass der Haftbefehl gegen den 16-jährigen Jugendlichen "gegen strenge Auflagen" - konkreter wollte er sich darüber auch nicht äußern - ausgesetzt wurde. Eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft dagegen wurde vom Landgericht abgewiesen.
"Grundsätzlich greift bei 16-Jährigen nicht das Erwachsenenstrafrecht, sondern das Jugendrecht", so Paterok. Und bei diesem stehe nicht der Straf-, sondern der Erziehungscharakter im Vordergrund. "Eine Haft ist da nur das allerletzte Mittel", sagt der Richter. "Das angepasste soziale Leben lernt ein Jugendlicher in einer Haftanstalt gewiss nicht."
Straffällig gewordene Jugendliche werden von Bewährungshelfern des Sozialen Dienstes der Justiz am Wittenberger Amtsgericht betreut. In Dessau hält der Soziale Dienst der Justiz aber auch eine Opferberatung vor. Dorthin können sich Personen wenden, die durch eine Straftat Schaden an Gesundheit oder am Eigentum erlitten haben, und zwar "unabhängig von der Höhe des Schadens" empfiehlt Sabine Heutlink dies auch Eckhard Jehne. Die Mitarbeiter informieren unter anderem über das Opferentschädigungsgesetz und leisten praktische Hilfen für dem Gerichtsweg zur der Durchsetzung von Ansprüchen. Die Beratung sei kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym.
Sozialer Dienst der Justiz Dessau, Parkstraße 10, 06846 Dessau. Telefon 0340/ 202 2403