Nach Rausschmiss der Jobcenter-Chefs in Bitterfeld Nach Rausschmiss der Jobcenter-Chefs in Bitterfeld: Mehr Fragen als Antworten

Bitterfeld - Hinter dem Aus für die Anhalt-Bitterfelder Jobcenter-Chefs steckt wohl weit mehr, als zunächst bekannt werden sollte. So ermittelt laut MZ-Informationen der Landkreis Anhalt-Bitterfeld zu Vorwürfen, die sich um die Amtsführung der Ex-Vorstandsvorsitzenden Bärbel Wohmann drehen sollen. Ein anonymes Schreiben dazu ist eingegangen, bestätigt Landrat Uwe Schulze (CDU). Auch Mitglieder des Verwaltungsrates haben anonyme Briefe erhalten. Eine verkürzte Fassung sowie weitere Hinweise haben ebenso die MZ erreicht. Es ist allerdings völlig offen, ob die Vorwürfe stichhaltig sind.
„Wir prüfen diese Hinweise“
Schulze äußert sich zu konkreten Verdachtsmomenten nicht, bestätigt aber, einen Ermittler aus der Kreis-Verwaltungsebene bestellt zu haben. „Wir prüfen diese Hinweise. Aber derzeit ist weder dienst- noch strafrechtlich von einem Vergehen auszugehen. Das muss ausdrücklich betont werden.“ Allerdings erklärte er sich nun etwas genauer zu den Gründen für die Abberufung , nachdem bisher lediglich von einer „Neustrukturierung“ die Rede war. „Der Verwaltungsrat hatte nicht mehr das Vertrauen in die beiden Vorstände, das Jobcenter gemeinsam zu führen.“ Mehr wollte er dazu nicht ausführen.
Das Jobcenter Anhalt-Bitterfeld ist nicht das einzige, in dem in letzter Zeit Chefs gehen mussten. Im September 2014 hatte in Halle Jobcenter-Geschäftsführerin Sylvia Tempel nach Korruptionsvorwürfen ihren Job verloren. Sie hatte Ein-Euro-Jobber auf ihrem Privatgrundstück arbeiten lassen. Zudem gab es Unregelmäßigkeiten zwischen Jobcenter und einem Bildungsträger.
Der Saalekreis feuerte 2011 den Chef des kommunalen Jobcenters Roland Schimek. Er war an Firmen beteiligt, denen das Jobcenter Arbeitslose vermittelte. (xkn)
Zwischen Wohmann und Eichelberg existierten offenbar große Dissonanzen. Dies und weitere Vorgänge kulminierten offenbar in der Entscheidung des Jobcenter-Verwaltungsrates, die beiden vor die Tür zu setzen. Der MZ ist es am Mittwoch nicht gelungen, Bärbel Wohmann für eine Stellungnahme zu erreichen. Eichelberg bestätigt indes: „Wir haben uns nicht immer in trauter Einigkeit verbunden gefühlt. Das ist logisch, wenn es zwei Vorstände gibt.“ Ob dies einer der Gründe für den Rausschmiss gewesen sein könnte, dazu könne er nichts sagen. „Was der Verwaltungsrat besprochen hat, weiß ich nicht. Aber hätten wir versagt, würden uns keine anderen Stellen angeboten.“
Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Eichelberg wegen Aufgaben-Verquickung im Fokus stand.
Nach MZ-Informationen stand Eichelberg aber auch wegen einer - allerdings intern bekannten - Aufgaben-Verquickung im Fokus: So war er nicht nur Vorstandsvorsitzender des kommunalen Jobcenters, sondern bis Mitte 2014 auch Geschäftsführer der Zerbster Strukturförderungsgesellschaft B&A, einer hundertprozentigen Tochter des Jobcenters. Kritiker sehen diese Tätigkeiten als unvereinbar, weil man sich so einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe. Das Jobcenter vermittelt auch an den Zerbster Bildungsträger und der drängte immer stärker in den Markt. So sollen sich andere Träger beschwert haben, dass ihnen das Wasser abgegraben werde. Dies bestätigt Eichelberg. „Aber dass man in die eigene Tochter vermittelt, ist klar, wenn man das Unternehmen nicht an die Wand fahren will. Und das Vorgehen war immer mit dem Beirat abgestimmt - wir haben so gehandelt, dass andere Träger nicht benachteiligt wurden.“ Warum er nach rund eineinhalb Jahren zurück trat? „Weil man zwei Posten auf Dauer nicht mit dieser hohen Intensität ausführen kann.“
Das Jobcenter Anhalt-Bitterfeld ist nicht das einzige, in dem in letzter Zeit Chefs gehen mussten. Im September 2014 hatte in Halle Jobcenter-Geschäftsführerin Sylvia Tempel nach Korruptionsvorwürfen ihren Job verloren. Sie hatte Ein-Euro-Jobber auf ihrem Privatgrundstück arbeiten lassen. Zudem gab es Unregelmäßigkeiten zwischen Jobcenter und einem Bildungsträger.
Der Saalekreis feuerte 2011 den Chef des kommunalen Jobcenters Roland Schimek. Er war an Firmen beteiligt, denen das Jobcenter Arbeitslose vermittelte. (xkn)
Über dauerhafte personelle Besetzung wird in den nächsten Wochen entschieden
Der elfköpfige Verwaltungsrat unter Vorsitz von Landrat Uwe Schulze hatte am 2. Januar Bärbel Wohmann und Ingolf Eichelberg als Vorstandsvorsitzende des Jobcenters abberufen. Neuer alleiniger Vorstand ist Diane Gardyan, die zuvor das Amt für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienste beim Landkreis leitete. Dieses Amt führt seit Mittwoch ihr bisheriger Stellvertreter Eberhard Stoye. Über die dauerhafte personelle Besetzung wird in den nächsten Wochen entschieden, erklärte Schulze. Gardyan ist kurzfristig erkrankt und war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Zwei Bereichsleiter übernehmen ihre neue Aufgaben im Jobcenter nun vertretungsweise.
Bärbel Wohmann und Ingolf Eichelberg werden künftig beim Landkreis als Koordinatoren für soziale Aufgaben eingesetzt. Mit dieser koordinierenden Stelle sollen Angebote aus Bereichen wie Schule und Jugendhilfeplanung verzahnt und beispielsweise das Projekt Jugendberufsagentur vorbereitet werden. (mz)