Mögliche Chemikalien im Boden Mögliche Chemikalien im Boden rund um Bitterfeld: Amt warnt vor Brunnen im eigenen Garten

Bitterfeld - Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld werden private Brunnen beliebter. Nach Angaben des Kreises ist eine Ursache dafür die anhaltende Trockenheit der vergangenen Jahre. Mit einem Brunnen steigen allerdings auch die Risiken für Gesundheit und Umwelt. Das gilt zumindest für Bitterfeld-Wolfen, da hier das Grundwasser durch die Altlasten der Chemieindustrie mitunter stark verunreinigt ist.
50 Genehmigungen für Haus- und Gartenbrunnen stellte der Kreis im Jahr 2018 aus, das ist etwa ein Drittel mehr als noch im Jahr zuvor. In 15 Fällen empfahl die untere Wasserbehörde vom Brunnenbau abzusehen, in drei Fällen lehnte sie eine Genehmigung ab - meist, weil krebserregende oder giftige Stoffe in erhöhter Konzentration im Untergrund vermutet werden. „Wir haben hier einen der kompliziertesten Umweltstandorte in Deutschland“, heißt es in einer Stellungnahme des Umweltamtes des Landkreises.
Unmut erregt beim Umweltamt in diesem Zusammenhang das Vorgehen des sächsischen Vereins Umwelttoxikologie e. V., der in regelmäßigen Abständen Wasserproben in Mitteldeutschland untersucht. Der Verein gebe für das Grundwasser rund um Bitterfeld „Entwarnung“, was nicht zutreffend sei.
Experten warnen davor, Wasser aus dem Untergrund nahe der Chemiepark-Areale zu benutzen
„Die Untersuchungen des Vereins sind nicht ausreichend“, erklärt das Umweltamt. Die Umweltschützer des Vereins reisen von Ort zu Ort und untersuchen die dorthin gebrachten Flaschen mit Wasser nur auf wenige Bestandteile, was in Bitterfeld „bei Weitem“ nicht ausreiche. Auch die angebotenen umfangreichen Wasseranalysen seien nicht geeignet. „Diese Messpakete erfassen nicht die hier in Bitterfeld-Wolfen wirklich relevanten Schadstoffe“, so das Umweltamt.
Die Experten warnen eindringlich davor, das Wasser aus dem Untergrund in der Nähe der verschiedenen Chemiepark-Areale zu benutzen, geschweige denn zu trinken. Ansonsten gibt die Behörde die Empfehlung, in den nachweislich belasteten Gebieten (siehe Karte) die Brunnen nicht zu benutzen.
Zum persönlichen Schutz und zum Schutz des Bodens sollte das Grundwasser nicht zum Gießen oder zum Befüllen von Gartenteichen oder Pools benutzt werden. Das gelte selbst dann, wenn in dem Bereich eine gesonderte Erlaubnis zur Brauchwassernutzung vorliegt.
„Natürlich ist nicht jeder Brunnen gleich stark betroffen“
Das Umweltamt erklärt weiterhin: „Natürlich ist nicht jeder Brunnen gleich stark betroffen.“ Neben einer horizontalen Verteilung der Schadstoffe gebe es auch eine vertikale Schichtung im Grundwasser. Soll heißen: „Es können an einem Ort in 20 Meter Tiefe Schadstoffe lauern und andernorts erst in 25 Metern.“
Die Liste der Schadstoffe ist lang, bunt und erschreckend: Chlorbenzole, leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe, Chloraniline, Chlorbenzolsulfonsäuren, Hexachlorcyclohexan, Nitrochlorbenzol, Phenole, Triazine, zinnorganische Verbindungen oder Schwermetalle. Dabei kann nicht nur der direkte Kontakt Schäden verursachen. Die giftigen Stoffe können sich durch das Gießen auch im Boden ansammeln, worauf das Umweltamt hinweist.
Als Gieß-Alternative gibt es offiziell den Trinkwasseranschluss
„Durch die ständige Bewässerung würden sich die Schadstoffe im Boden anreichern. Durch den Verzehr von Nutzpflanzen können die Schadstoffe in den Körper gelangen.“ Als Gieß-Alternative gibt es offiziell den Trinkwasseranschluss. Laut Umweltamt habe niemand einen gesetzlichen Anspruch auf sauberes Grundwasser, dem gegenüber gebe es jedoch einen Anspruch auf sauberes Trinkwasser.
Wie groß das Problem wirklich ist, weiß niemand. Im gesamten Landkreis Anhalt-Bitterfeld sind derzeit etwa 660 Hausbrunnen angemeldet. Die Behörde scheint sich aber keine Illusionen zu machen: „Es ist anzunehmen, dass de wirkliche Anzahl bedeutend höher ist“, heißt es. Eine Aufschlüsselung der Grundwasserbrunnen nach Gemeinden gibt es übrigens nicht. Wie viele Bitterfelder also das belastete Wasser aus dem Untergrund an der Oberfläche verteilen, wird also nie bekannt werden. (mz)
Informationen zu geplanten Brunnenstandorten gibt es beim Umweltamt unter Tel.: 03493/341700