Mit Pony Fridolin von Stadt zu Stadt
WOLFEN/MZ. - "Eins von denen kann bis zu drei Meter hoch werden. Und auf die weißen Kamele sind wir besonders stolz, solche sind nämlich relativ selten." Eddy gehört zur Truppe des Zirkus "Aeros". Rund 50 Leute werden hier täglich beschäftigt, viele gehören zur Familie Schmidt, deren Familienoberhaupt Bernhardt seit 2005 Zirkusdirektor ist. Ist der Chef einmal nicht zugegen, ist es meist Eddy, der die Zügel in der Hand hält.
"Wir haben das ganze Jahr ein überaus hartes Programm", sagt der erst 23-Jährige, und erklärt seinen täglichen Tournee-Zeitplan. "In der Regel stehen wir um 7 Uhr auf. Die Hauptaufgaben am Morgen sind das Füttern der Tiere und die vielen Aufbauarbeiten rund um unser Zelt. Ich persönlich kümmere mich eine Stunde lang nur um die Ponys. Das sind immerhin zehn Tiere." Eins davon ist übrigens Fridolin, das nach Zirkus-Angaben kleinste Pony Deutschlands. Doch auch kleine Tiere erfordern viel Aufwand, denn "Fridolin frisst kiloweise Heu am Tag", berichtet Eddy Schmidt.
Bei den alltäglichen Arbeiten werden auch die jüngsten Mitglieder der Zirkus-Familie Schmidt voll eingespannt. Der 14-jährige Justin ist eines von rund 15 Kindern, die das ganze Jahr mit dem Zirkus unterwegs sind. Der pfiffige junge Mann ist schon ein fester Bestandteil des Showprogramms, das ab am Mittwoch bis zum Sonntag in Wolfen und vom 29. Juli bis zum 2. August in Bitterfeld zu sehen sein wird. "Meine Spezialität ist das Kunstreiten, außerdem spiele ich auch in unserer Vier-Mann-Kapelle, die während der Vorstellung zu sehen sein wird", erzählt er. Neben den Alltagsarbeiten, die beim Zirkus anfallen, nimmt vor allem das Training viel Zeit in Anspruch. "Neben den eigentlichen Auftritten übe ich mindesten eine Stunde täglich", erzählt Justin.
Bei so viel Aufwand ist es klar, dass nicht viel Zeit für andere Dinge bleibt. Zum Beispiel Schule: "Während wir auf Tournee sind, gehen die Kinder auf lokale Schulen in den Städten, die wir gerade bereisen. Wir wissen zwar, dass diese Lösung nicht optimal ist, aber es geht nicht anders. Wenn wir gerade nicht reisen, engagieren wir meistens einen Privatlehrer", erklärt Eddy. Pro Jahr bereist der Zirkus ungefähr 40 Städte, darunter Erfurt, Leipzig und Dresden. Fünf Auftritte in der Woche sind normal.
Justin kann sich eigentlich kein anderes Leben mehr vorstellen. "Mir gefällt es, jede Woche in eine neue Stadt zu kommen und herumzureisen. Ich würde mich nicht wohlfühlen, wenn ich nicht mehr diese Art von Freiheit genießen könnte, wie ich es jetzt tue." Kein Wunder, dass der 14-Jährige so denkt, schließlich gehört er nun schon zur siebten Generation seiner Familie, aus denen erfolgreiche Zirkusakrobaten wurden. Selbst Gisela Schmidt, von allen nur "Oma" genannt, die mit 77 Jahren schon lange nicht mehr in der Manege turnen kann, ist festes Mitglied der Aeros-Mannschaft und fährt mit dem großen Zirkus-Tross von Stadt zu Stadt. "Das Reisen mit dem Zirkus ist für uns zur Lebenseinstellung geworden", sagt Eddy.