Lücke geschlossen Lücke geschlossen: Apotheke in Gossa hat durch Paar vom Balkan wieder eine Perspektive

Gossa - Drei Kreuze? Die macht Hans-Rüdiger Elster gern. Und er fügt hinzu, ein richtig gutes Gefühl zu haben. Elster ist Apotheker, betreibt die Glück-Auf-Apotheke in Muldenstein und die Einrichtung in Gossa.
„Es stand alles in den Sternen“, sagt er. Auf den Punkt: Elster hatte wie viele seiner Berufskollegen vergeblich nach Mitarbeitern gesucht und musste deshalb die Zukunft der Gossaer Apotheke in Frage stellen.
„Du findest einfach kaum jemanden für unsere Arbeit. Große Einrichtungen in großen Zentren locken offenbar viel mehr. Aber hier auf dem Land sieht es düster aus.“ Elster hat dennoch nicht aufgegeben und ist über Kontakte und Vermittlungsfirmen in Bosnien-Herzegowina fündig geworden.
Beide 28-Jährige haderten mit den Entwicklungsmöglichkeiten in ihrer Heimat
Elvedin und Emina Husejnović hatten dort an der Universität Tuzla Pharmazie studiert und bereits fast vier Jahr in einem Job gearbeitet. Glück für Elster und am Ende auch für Gossa: Beide 28-Jährige haderten mit den Entwicklungsmöglichkeiten in ihrer Heimat und konnten sich den Wechsel vom Balkan nach Deutschland vorstellen.
So wie mehr als 700 ihrer zum Apotheker ausgebildeten Landsleute allein zwischen 2012 und 2017, wie die Deutsche Apotheker Zeitung unter Bezug auf eine Anfrage an die Bundesregierung berichtete. Und wohl wissend, dass sie Sprachbarrieren meistern und noch einmal die Schulbank würden drücken müssen.
Denn anders als in der jetzt zur EU-gehörenden ex-jugoslawischen Teilrepublik Kroatien, werden Studienabschlüsse aus Bosnien-Herzegowina in Deutschland nicht ohne weiteres anerkannt. „Es war auch viel Hoffen, Zittern, Warten“, sagt Hans-Rüdiger Elster.
Der Neustart für sie ist die Rettung für die Muldestausee-Apotheke in Gossa
Und das Ehepaar Husejnović erinnert sich an sechs Monate intensiven Lernens. Theorie statt alltäglicher Arbeit in der Apotheke, noch dazu die fremde Sprache: Beide haben es geschafft, vor wenigen Tagen ihre Approbation erhalten. Sie dürfen jetzt ganz offiziell in Deutschland als Apotheker arbeiten.
Der Neustart für sie ist die Rettung für die Muldestausee-Apotheke in Gossa. Elvedin Husejnović ist Filialleiter, seine Frau die Mitarbeiterin. „Zu Hause läuft es andersrum“, scherzt der Apotheker. Mit dem Spaß kann seine Frau leben. „Wir sind ganz gut angekommen, fühlen uns wohl in der Region.“ Goitzsche, Heide, Wohnort Jeßnitz: Das junge Paar aus Bosnien-Herzegowina ist zufrieden mit seiner Wahl. Gleichwohl es in seinem neuen Zuhause eher selten auf Landsleute trifft.
„Tipps von denen hätten sicher mancher Sache leichter gemacht. Gerade bei den vielen Anträgen“, erinnert sich Elvedin Husejnović. Und Ehefrau Emina sagt offen, dass die Familie fehle.
Spürt das Apothekerpaar Skepsis oder gar Ablehnung?
Coronabedingt fällt das Reisen schwer. „Aber bei den ganzen Prüfungen gab es ohnehin kaum Zeit dafür.“ Und jetzt müssen sich beide ohnehin erst einmal im übertragenen Sinn freischwimmen in Gossa. Ein Problem? Elvedin Husejnović sieht keines. Man gewöhne sich, könne außerdem auf Erfahrungen von Mitarbeitern und Apothekeninhaber Elster bauen.
Was bleibt, ist die Herkunft. Spürt das Apothekerpaar Skepsis oder gar Ablehnung? Auch hier kommt das Nein sehr schnell. Man müsse einfach Fachkompetenz beweisen, meint der neue Filialleiter. „Egal wo du anfängst: Du bist immer der oder die Neue, wirst immer erst einmal genau angeschaut. Das ist in Bosnien nicht anders als in Deutschland“, fügt Emina Husejnović hinzu.
Die Apotheke in Gossa versorgt große Teile der Heide-Ortsteile der Gemeinde Muldestausee
Beide Apotheker sind ganz offensichtlich sehr zufrieden mit ihrem Umzug vom Balkan in die Dübener Heide und können sehr gut leben mit ihrer Aufgabe auf dem flachen Land. Die Apotheke in Gossa versorgt große Teile der Heide-Ortsteile der Gemeinde Muldestausee und arbeitet mit den niedergelassenen Hausärzten in der Nachbarschaft zusammen.
„Das ist eine ganz normale, bodenständige Apotheke. Schönheits- und Pflegeprodukte findet man bei uns auch. Aber auch jeden Fall deutlich weniger als in Centren-Apotheken wie denen auf dem Leipziger Hauptbahnhof oder in Halle“, erklärt Hans-Rüdiger Elster. (mz)