Kreismuseum Bitterfeld Kreismuseum Bitterfeld: Post von der Front nach Hause

Bitterfeld - Wie ist das Leben in der Heimat, im Hinterland, während an der Front ein Krieg tobt, der 17 Millionen Tote fordert? Der Erste Weltkrieg gilt als die „Urkatastrophe“ des 20. Jahrhunderts. Am Sonntag wird im Kreismuseum Bitterfeld die Wanderausstellung „Heimat im Krieg“ eröffnet, die sich genau diesem Thema widmet.
Im Jahr 2011, berichtet Projektkoordinatorin Rosemarie Knape, ist die Idee zu dieser Ausstellung entstanden. Studenten des Instituts für Geschichte der Uni Magdeburg haben mit dem Museumsverband Sachsen-Anhalt die Themen erarbeitet. Anliegen ist, damit bewusst den Blick weg vom Schlachtgetümmel auf den Alltag der Menschen zu richten.
Fast jede Familie war von dem Krieg betroffen
Nahezu jede Familie war von diesem Krieg betroffen: Entbehrungen, Hunger, Not, Angst um die Angehörigen an der Front, Trauer um die Toten - das kannte jeder. Deshalb widmet sich die Ausstellung unter anderem Themen wie der Situation der Familien, der Lebensmittelknappheit, der neuen Rolle der Frau, der Kindererziehung und - ja, auch der janusköpfigen Rolle der Industrie.
Rund 20 Museen aus Sachen-Anhalt sind Leihgeber der rund 200 Exponate. Die Dinge erzählen ihre eigene Geschichte. Zum Beispiel der Seeminen-Rohling, der in Thale aus der Erde gehoben wurde, die Pickelhaube, die Erkennungsmarke eines Soldaten oder sein Brustbeutel. Das Kreismuseum Bitterfeld ist die siebte von insgesamt 18 Stationen der Schau, die 2014 in Stendal eröffnet wurde und deren Schirmherr Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ist.
200 Leihgaben und eigene Exponate
Jedes Museum zeigt zu den über 200 Leihgaben eigene Exponate. In Bitterfeld zum Beispiel sind das Korrespondenzen von Frontsoldaten mit ihren Angehörigen in der Heimat. Auch das Schicksal der Juden während dieser Zeit wird in Bitterfeld beleuchtet. „Wir haben Briefe des jüdischen Soldaten Willi Wolff ausgestellt, der über das Dasein an der Front berichtet“, sagt Museumsmitarbeiter Steven Pick. „Kaiser Wilhelm II. hatte ja ausgegeben: ,Wir sind ein Volk.’ Und so formal alle gleichgestellt. In den 30-er Jahren teilt Wolff das Schicksal aller Juden, er wird vertrieben aus Bitterfeld.“
Ausstellung mit vielen Gesichtern
Indem individuelle Exponate einbezogen werden, ändert die Ausstellung von Ort zu Ort ihr Gesicht. Das macht das Ganze schließlich spannend. Letztlich findet sich so die jeweilige Region in diesem gewaltigen Kontext. „In Sangerhausen zum Beispiel hatten wir ganz, ganz eindrückliche Kinderzeichnungen, die in dieser Zeit entstanden sind“, sagt Rosemarie Knape. „Das war berührend.“ Knape, vor ihrem Ruhestand Direktorin der Museen Eisleben und später der Stiftung Luthergedenkstätten, hat einen Riesenschatz an Erfahrungen, wie man Ausstellungen gestaltet, die Menschen berühren und interessieren. Die Schau „Heimat im Krieg“ begleiten zu können, sagt sie, macht ihr Freude. „Das ist eine gute Aufgabe.“
Das Kreismuseum nimmt noch Stücke an, die vom Ersten Weltkrieg erzählen. Denn der Bitterfelder Teil der Schau soll wachsen. Zur Eröffnung wird eine Vitrine frei sein, in die Leihgeber ihre Exponate stellen können. (mz)