Klage gegen die Satzung

Von Uljana Wuttig-Vogler 24.09.2007, 16:18

Muldenstein/MZ. - Dieser Eindruck täuscht, denn seit einigen Monaten bewegt die Einwohner ein großes Problem: die wirtschaftliche Lage des Kommunalen Eigenbetriebes Muldenstein (Kemu) und die damit verbundene Erhebung von Gebühren für eine Vererdungsanlage. Zwei Bürger von Muldenstein haben gegen letztere Klage erhoben.

Der Artikel zu dieser Problematik in der MZ hatte für das Gemeinderatsmitglied Ingo Gondro - einer der Kläger - ernste Konsequenzen. Der Gemeinderat setzte sich auf einer Sitzung drei Wochen nach der Publikation mit seinem Verhalten auseinander, er musste Rede und Antwort stehen, wie das CDU-Mitglied berichtete. Bürgermeister Walter Schmidt (SPD) hatte sich in dieser Angelegenheit für befangen erklärt und während der Beratung an der Seite gesessen, wie er der MZ sagte.

Bereits vorbereitet war auf besagter Beratung laut Gondro eine Stellungnahme gewesen, die auf Beschluss des Rates in allen Schaukästen des Ortes ausgehängt werden sollte. Darin wird dem Gemeinderatsmitglied unter anderem unterstellt, dass er Halbwahrheiten verbreite, sich nicht ausreichend informiert habe und nicht über den Willen verfüge, sich in eine Siedlergemeinschaft, die sich noch ihren Solidarsinn bewahrt habe, einzufügen. Die öffentliche Präsentation dieses Papiers - unterzeichnet von Bürgermeister Walter Schmidt (SPD) und Kemu-Betriebsleiter Günther Gerber - wurde auf Antrag von Gondro von der Kommunalaufsicht des Landkreises verhindert.

Zur Erinnerung: Sowohl Schmidt als auch Gerber wollten sich mit Verweis auf das laufende Verfahren in einem MZ-Gespräch nicht zur Problematik äußern. Darüber hinaus hatte Schmidt erklärt, dass bereits 86 Prozent der Muldensteiner ihren Gebühren bezahlt beziehungsweise Stundung beantragt haben. Wozu also dann all der Aufwand, wenn es sich tatsächlich nur um zwei "Störenfriede" handeln würde?

In der Tat scheinen es mehr Muldensteiner zu sein, die sich wehren. Dazu gehört die Initiative "Freie Bürger Muldensteins", nach deren Angaben viele Bürger ihre Bescheide nur unter Vorbehalt bezahlt haben. Zu anderen Mitteln haben zwei seiner Mitglieder gegriffen. Während Reiner Österreicher Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Schmidt beim Landrat eingereicht hat, zieht Horst Gerber vor das Oberverwaltungsgericht, um die vom Gemeinderat verabschiedete Abwassersatzung zu Fall zu bringen.

Diese war auf Beschluss des Gemeinderates im vergangenen Jahr geändert worden, die Muldensteiner Bürger waren fünf Tage später auf einer Bürgerversammlung darüber informiert worden.

"Wir sollten überrumpelt werden. Gestellte Fragen wurden weder vom Bürgermeister noch von anderen Verantwortlichen beantwortet", erinnern sich Österreicher und Gerber. Und daran habe sich bis heute nichts geändert.

So sei bislang ungeklärt, für welche Maßnahme die Satzung eigentlich geändert wurde. Für die Klärschlammvererdungsanlage oder für die Erweiterung des Abwassernetzes, wie es den Erklärungen von Gemeindeverantwortlichen immer wieder zu entnehmen sei? Fragen würden sich auch aus der Vielfalt der Geschäftsfelder des Kemu ergeben. So sind sich Österreicher und Gerber sicher, dass lediglich die Abwasserkunden für die schwarzen Zahlen des Unternehmens sorgen sollen und, und, und... Ihre Meinung sehen die beiden Mitglieder der Initiative in der Ergebnis-und Liquiditätsvorschau des Kemu bis 2011, erarbeitet von einem Wirtschaftsprüfer aus Leipzig, durchaus bestätigt.

Schon mehrfach haben die Initiative und einzelne ihrer Mitglieder Bürgermeister Schmidt in - teilweise sehr scharf formulierten - Briefen beziehungsweise Informationsblättern gebeten und aufgefordert, diese öffentlich zu beantworten. Er und der Kemu reagieren darauf, indem sie ebenfalls öffentliche Aushänge - die im Betriebsausschuss des Kemu abgesprochen waren - anbringen, in denen zwar zu Fachfragen Stellung genommen wird, aber auch nicht darauf verzichtet wird, der anderen Seite Unkenntnis, Rechenkauderwelsch, die Verbreitung von bösen Behauptung unterstellt. Eine andere Form der Kommunikation zwischen beiden "Parteien" scheint bislang nicht stattzufinden. Sowohl der Betriebsausschuss als auch der Gemeinderat tagen öffentlich, keiner der kritiker nehme daran teil, ärgert sich Schmidt. Ohnehin seien es ganze zwei Bürger, die "Stimmung machen" würden. Wenn man bei den Einwohnern nachhake, die ein Schreiben der Initiative unterzeichnet haben, dann stelle sich heraus, dass "sie nur das eine oder andere nicht verstanden haben". Werde es ihnen erklärt, dann "lösen sich ihre Vorbehalte auf".

Handlungsbedarf - beispielsweise noch einmal eine Einwohnerversammlung einzuberufen - sieht Schmidt deshalb nicht. "Die Meinung von Österreicher und Gerber ist nicht die Meinung der Muldensteiner."

Österreicher und Gerber sehen das anders. "Das Klima in Muldenstein ist vergiftet", sagen beide. Die Hauptverantwortung dafür trage, wie sie beiden betonen, der Bürgermeister, deshalb wurde die Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht, die seit Juni in der Kreisverwaltung geprüft wurde. In Kürze soll Österreicher eine Antwort erhalten. Tätig werden die Aufsichtsbehörde in Sachen Gondro. Sowohl er als auch der Gemeinderat sollen Post bekommen.