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Industriefabrik Schneider in Großzöberitz Industriefabrik Schneider in Großzöberitz: Von der Pleite ins Plus

Von Christine Krüger 20.01.2015, 10:41
Thomas Nowack beim Punktschweißen
Thomas Nowack beim Punktschweißen MZ Lizenz

Großzöberitz - Nennt man es nun Beherztheit? Oder Wahnsinn? Auf alle Fälle ist es mehr als mutig, wozu sich Christian Schneider da vor einem Jahr entschlossen hat: Der Kaufmann aus Sandersdorf übernahm kurzerhand die pleite gegangene Metallfirma seines einstigen Chefs im Gewerbegebiet Großzöberitz, in der Industriearmaturen hergestellt und gehandelt werden. Zunächst ohne Kredit und ohne Fördermittel. Mit vollem privaten Risiko über gut eine Million Euro, den böse ahnenden Gedanken, den schlaflosen Nächten. Der Bankkredit lässt noch auf sich warten, Fördermittel sind bis heute nicht angekommen in der Industriefabrik Schneider.

Dabei denkt Christian Schneider schon längst daran, das Unternehmen zu erweitern. 2015 soll es losgehen. Das mutige Management und die rasante Entwicklung eines jungen Unternehmens sind der Jury, die über den von der EWG des Landkreises initiierten Innovationspreis zu befinden hatte, eine Anerkennung wert.

2,1 Millionen Euro Umsatz

Die Geschäfte der Industriefabrik Schneider laufen super. 2,1 Millionen Euro Umsatz hat die Firma im ersten Jahr ihres Bestehens gemacht. Was sich so normal anhört, ist eine komplizierte Kiste: Ohne finanzielles Polster das Unternehmen in der Zeit über Wasser zu halten, während das Material eingekauft, der Auftrag ausgeführt und das Geld vom Kunden überwiesen ist, fordert schon starke Nerven, sagt Schneider. Keine Frage, die hat der Mann, der nicht nur durch seine Entscheidungen, sondern auch schon durch seine Erscheinung seiner Truppe Vertrauen gibt und dem Ganzen Stabilität.

Die heutige Industriefabrik Schneider ging aus einem Familienunternehmen mit Sitz in Hannover hervor. Christian Schneider, ehedem dort Prokurist, erweckte die pleite gegangene Firma in Großzöberitz wieder zum Leben.

Die Geschäfte - Bau, Modifizierung und Handel von Industriearmaturen, Filtern sowie Industrieanlagen - laufen gut. Der Umsatz im vergangenen Jahr betrug 2,1 Millionen Euro. 2015 soll der Betrieb erweitert werden.

In diesem Jahr werden erstmals Azubis eingestellt. Gesucht werden Dreher und Schweißer sowie Industriekaufleute.

Mit 15 von 28 Mitarbeitern hat Schneider 2013 den Neustart gewagt. Heute sind sie 24 Leute. Und die verstehen was von ihrem Job. Sie bauen Filter und spezielle Anlagen für die Industrie, vor allem aber fertigen und modifizieren sie Industriearmaturen. Die stecken zum Beispiel in Anlagen, die das Bäckerhandwerk braucht und eben auch in solchen, die in Kernkraftwerken funktionieren. Was stark gefragt ist, sagt Schneider, sind so genannte Heizmäntel. Die sorgen dafür, dass die Temperatur innerhalb eines Rohrsystems konstant bleibt. „Wird Schokolade in der Leitung einmal hart, kriegen sie die nie wieder raus“, erklärt er. „Oder nehmen wir Öl - unter einer bestimmten Temperatur wird es flockig. Und da gibt es tausend Beispiele, wo unsere Heizmäntel gebraucht werden.“ Der größte Brocken, der je in der Industriefabrik Schneider hergestellt wurde, sind zwei Filter, so genannte DN700 PN40, für das Fernwärmenetz Rotterdam gewesen. Schneider zeigt ein Foto, auf dem der Zwei-Meter-Mann vor den Filtern wie ein Zwerg wirkt. „Da hatten wir zu tun, das bei den Maßen in der Werkstatt hinzukriegen. Das war schon was Außergewöhnliches! Und eine Herausforderung für unsere Ingenieure - wir entwickeln und konstruieren selbst. Das Innenleben des Filters war kompliziert.“

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum das Großzöberitzer Unternehmen in der Branche eine Nische besetzt.

Überhaupt, sagt er, sei die Arbeit, die seine Leute hier machen, eine, die nicht jeder kann. „Da braucht man schon Erfahrung - von der Zeichnung bis zur Fertigung. Man muss eben wissen, wie man eine Armatur anfasst, dass sie auch funktioniert. Das gibt’s nicht so oft in Deutschland.“

Das Großzöberitzer Unternehmen besetzt damit in der Branche eine schöne Nische. Standardarmaturen nach Kundenwunsch zu modifizieren oder zu bauen, bedeutet, sich jeweils in niedrigen Stückzahlen zu bewegen. Das, meint Schneider, sei nichts für die Großen der Branche. „Dafür sind sie zu unflexibel“, stellt er fest. Von Großzöberitz aus gehen die Teile in die ganze Welt. Stammkunden sind Firmen wie Continental, Thyssen, Südzucker, BASF und andere. Auch in Deutschland hat das Unternehmen große Auftraggeber. Gerade steht ein kompliziertes Geflecht aus Rohren und Behältern in der Werkhalle - der Prototyp einer Anlage für eine Biogas-Firma in Dresden, erklärt Andreas Schade. Der Gas- und Wasserinstallateur, der sich zum Schweißer und Schlosser qualifiziert hat, findet seinen Job hier klasse. „Das Klima stimmt und die Arbeitszeit auch. Die Branche ist interessant und die Arbeit sehr vielseitig. Was will ich mehr?“

Für dieses Jahr liegen Aufträge für weitere 50 solcher Biogas-Anlagen vor. „Wir haben genug zu tun zur Zeit“, sagt Schneider. Er ist sehr zufrieden - mit dem Team und damit, wie es mit dem Unternehmen läuft. (mz)