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Industrie- und Filmmuseum Wolfen Industrie- und Filmmuseum Wolfen: Ausstellung mit Gemälden vom einstigen Ort der Arbeit

Von Christine Färber 07.01.2017, 11:00
Robert Schneider malt den Abriss im Bitterfelder Bereich des Chemieparks Anfang der 90er Jahre.
Robert Schneider malt den Abriss im Bitterfelder Bereich des Chemieparks Anfang der 90er Jahre. Robert Schneider (Repro: Kehrer)

Wolfen - Sie stehen gegen das Vergessen. Doch vielleicht wären die Bilder des Bitterfeld-Zyklus’ von Robert Scheider selbst bald dem Vergessen anheim gefallen, weil sie der Öffentlichkeit nicht zugänglich waren. Jetzt endlich sind einige aus dem Fundus ans Licht gekommen.

So also sah das Ende einer Ära in Bitterfeld aus? Ja, so sah es aus, als die alten Chemie-Giganten fielen. Als Schrott wurde, was vielen hierzulande ein Leben lang Arbeitsplatz war. Aber, bitteschön, was für einer! Abbruch im Bitterfelder Chemiepark.

Der in Hamburg lebende Maler Robert Schneider hat diesen tiefgreifenden Wandel der technischen Basis festgehalten. Es sind akribisch gemalte Bilder, die fast fotografisch wirken. Dokumente fast.

Bilder des Bitterfeld-Zyklus hängen nach vielen Jahren endlich öffentlich im Industrie und Filmmuseum Wolfen

Der so genannte Bitterfeld-Zyklus ist zwischen 1991 und 1993 entstanden. Er umfasst insgesamt 75 Bilder, davon zwölf übergroße Gemälde, viele Skizzen sowie Zeichnungen. 29 Arbeiten - unter anderem vier Gemälde - hat der Landkreis 1999 auf Beschluss des Kreistages Bitterfeld angekauft.

Doch wo waren sie bisher zu sehen? Bis auf eine Ausstellung in der Galerie im Fundus. Lediglich ein Bild hatte es für eine gewisse Zeit in ein Konferenzzimmer des ehemaligen Landratsamtes geschafft. Das hat sich nun geändert. Endlich. Seit Ende vergangenen Jahres hängen drei großformatige Gemälde im Industrie- und Filmmuseum in Wolfen, in der Dauerausstellung, die die Geschichte der hiesigen Industrie thematisiert.

Robert Schneider malte Bilder, die wie Fotos wirken

Die Bilder wirken wie Fotos. Erst auf den zweiten Blick sieht das Auge, dass es eben kein Foto ist. Und auch, dass das Abgebildete, was Schneider in den Jahren 1992 und 1993 malte, als Ganzes zwar authentisch, im Detail aber doch imaginär ist. Haargenaues Abbilden ist auch keinesfalls seine Absicht.

Ihm geht es darum, den Niedergang einer ganz bestimmten Form von Industrie zu zeigen. Das Morbide. Bilder als Paradigma für eine weltweite Erscheinung: das Ende einer ganzen industriellen Ära.

„Hier passen die Bilder gut und hier gehören sie eigentlich hin“, sagt Ralph Becker, Leiter der vom Landkreis getragenen Galerie am Ratswall in Bitterfeld. Er ist froh, dass die Arbeiten aus ihrer „Emigration“ herausgekommen und nun für jedermann sichtbar sind.

Die Bilder sind ein wichtiges Stück Geschichte für den Chemie-Standort Bitterfeld-Wolfen

Dass das, was war, nicht dem Vergessen anheimfällt sondern als Voraussetzung für das, was ist, im kollektiven Gedächtnis bleibt. Denn als künstlerischer Teil der Dauerausstellung erzählen Schneiders Bilder von einem wichtigen Stück Geschichte, die den Chemie-Standort Bitterfeld-Wolfen länger als ein Jahrhundert geprägt hat. Schon aus dieser Sicht steht ihnen der Platz hier zu.

„Das betrifft uns ja alle - mehr oder weniger“, stellt Museumsleiter Uwe Holz fest, der die freie Wand im Ifm, an der die Bilder jetzt zu besichtigen sind, ursprünglich ganz anders nutzen wollte. Ihm schwebte vor, „ganz viele Exemplare aus dem Museums-Fundus ganz beliebig nebeneinander an der Wand anzuordnen“, erzählt er.

„Das sollte unter anderem auf das Massenphänomen Film, Foto, Magnetaufzeichnung hinweisen. Die Idee ist gut, geht aber nicht auf. Die Exponate würden sofort einstauben. Außerdem hatten wir ein technisches Problem, die Sachen an die Wand zu kriegen.“

Ein Glück, möchte man sagen. Doch weitere Bilder aus dem Bitterfeld-Zyklus von Schneider, der übrigens auch andernorts das Verglimmen einer Industrie-Ära wie der des Steinkohlestandorts in Katowice festgehalten hat, konnten im Ifm leider nicht gehängt werden. Für eine angemessene Präsentation reicht der Platz schlicht und einfach nicht. (mz)

Robert Schneider wurde 1944 im Breisgau geboren. Er lebt und arbeitet heute in Hamburg.

Beeinflusst von surrealistischen Motiven und den politischen Diskussionen um 1968 entdeckt er für sich die gegenständliche Malerei mit ihren inhaltlichen und engagierten Positionen. Seine Bilder befassen sich mit dem Menschen und seinen Hinterlassenschaften. Dieses Nachdenken gipfelt in der Analyse des vergangenen Jahrhunderts. Es entstehen Bildzyklen wie „Bitterfeld“.