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Haus für Frauen in Not braucht jetzt selbst Hilfe

Von Christine Krüger 24.06.2008, 16:43

Wolfen/MZ. - "Wir brauchen eine zweite Küche und müssen dafür einen Raum frei räumen", erklärt Ines Chlebowski, Koordinatorin im Frauenhaus. "Dabei haben wir entweder an unser Büro gedacht oder an den Kleiderraum, die wir in einen Büro-Container verlagern wollen."

Was klein anfängt, weitet sich jedoch zu einer größeren Aktion für den Verein und das Team des Frauenhauses aus. Denn der Einbau einer zweiten Küche zieht weitere Arbeiten wie Verlegung von Wasser- und Elektroanschlüssen, Fliesen- und Malerarbeiten, Fußbodenverlegung und anderes nach sich. "Damit stoßen wir allmählich an unsere finanzielle Grenze", sagt Ines Chlebowski, "dabei drücken uns noch andere Sorgen - die Waschmaschine ist kaputt, das Sicherheitstor ebenfalls." Die Frauen der Einrichtung wenden sich Hilfe suchend an die Öffentlichkeit. "Ein Bürocontainer würde uns schon sehr helfen", so Ines Chlebowski in der Hoffnung, dass irgendwo ein solcher ungenutzt rumsteht.

Mit 85 000 Euro wird die Einrichtung vom Land im Jahr gefördert, hinzu kommen 25 000 Euro vom Landkreis und ein kleiner Teil von den Kommunen. Zudem zahlen die Frauen, die hier eine Zuflucht auf Zeit gefunden haben, einen geringen Anteil. Wie wichtig die Einrichtung in Wolfen ist, belegen die Zahlen: In den zurückliegenden eineinhalb Jahren war das Frauenhaus, in das Frauen vor ihrem gewalttätigen Partner fliehen, fast immer voll ausgelastet. Es bietet Platz für acht Frauen mit ihren Kindern. "Teilweise waren sogar zehn Frauen hier und zwischen 15 und 18 Kinder", sagt die Koordinatorin.

Zwei Frauenhäuser gibt es in Anhalt-Bitterfeld, im Land Sachsen-Anhalt insgesamt 20. "Wir müssen immer bereit sein, Leute aufzunehmen - das schaffen wir. Denn die Frauenhäuser im Land arbeiten gut zusammen", so Chlebowski.

Die hohe Auslastung der Wolfener Einrichtung führt sie vor allem darauf zurück, dass Frauen jetzt länger bleiben, weil es nach ihren eigenen Erfahrungen "immer schwieriger wird, eine passende kleine Wohnung zu finden, die den SGB-II-Normen entspricht und die von der Arge bezahlt wird".

Die Frauen, erklärt sie, entscheiden selbst, wie lange sie im Frauenhaus bleiben. Die Zeitspanne reicht von einer Woche bis zu mehreren Monaten. "Länger bei uns sind die Frauen, die sich letztlich auch von ihrem Partner trennen", ist ihre Erfahrung. "Sie brauchen Zeit, um wieder Selbstvertrauen zu bekommen, um zu lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Da hilft es, wenn sie mit anderen, die ein ähnliches Schicksal haben, zusammen wohnen. Sie geben sich gegenseitig Kraft, und die eine sieht bei der anderen, wie es geht." Einige machen auch eine Therapie.

Zu wissen, wo sie in ihrer Not hinkönnen, sagt Chlebowski, das helfe den Frauen schon, und das bestärke sie auch, nicht länger Gewalt und Demütigung zu Hause zu erdulden. Nicht nur das. Hier erfahren die Frauen auch, welche Unterstützung bei welchen Ämtern möglich ist und wie sie dazu kommen. Ohne freiwilliges Engagement, sagt Chlebowski, laufe heute gar nichts mehr, denn die Anzahl der Beschäftigten ist mehr als knapp. Zwei sozialpädagogische Mitarbeiterinnen arbeiten mit den betroffenen Frauen, eine weitere stundenweise mit den Kindern. Und eine halbtags Angestellte ist für die Verwaltung zuständig. Da ist sie froh, dass sie jetzt eine Frau zur Unterstützung bekommen hat über das Programm "Aktiv zur Rente".

Das von der Stadt zur Verfügung gestellte Frauenhaus in Wolfen wurde 1992 eröffnet. Ein Jahr zuvor waren zwei Schutzwohnungen eingerichtet worden, in denen Platz für vier Frauen mit ihren Kindern war.