Großer Bedarf bei Jugendhilfe Großer Bedarf bei Jugendhilfe: Kinderheim Zörbig halbes Jahr nach Eröffnung voll belegt

Zörbig - Das Kinderheim in Zörbig ist bis auf den letzten Platz voll belegt. 16 Mädchen und Jungen zwischen drei und 18 Jahren wohnen derzeit im früheren Hotel Dorotheenhof. Eigentlich ist die Einrichtung nur für Kinder ab sieben Jahren ausgelegt, nur aufgrund einer Sondergenehmigung kann Heimleiterin Regina Rahms aktuell auch etwas jüngere aufnehmen.
Der Bedarf an einem Platz ist groß. Immer wieder müssen Jugendämter eingreifen und Kinder aus Familien nehmen. Darunter leiden vor allem die Kinder. „Ich vermisse meine Mama“, sagt ein Kind im Gemeinschaftsraum, nachdem sie von einer Pädagogin angesprochen wurde.
Anderen fällt es hingegen schwer, wieder auszuziehen. Das steht dieser Tage bei Jett John Ellerkamp an. Er ist am Wochenende 18 Jahre alt geworden und verlässt daher das Zörbiger Kinderheim. „Leider“, wie er sagt. „Es war eine angenehme Zeit, wir haben viel unternommen.“
„Die Heime sind fast überall voll“, berichtet Heimleiterin Regina Rahms
Ohne das Zörbiger Kinderheim hätte er vielleicht außerhalb des Landkreises untergebracht werden müssen. „Die Heime sind fast überall voll“, berichtet Heimleiterin Regina Rahms. Immer wieder kämen Anfragen auch aus Nachbarlandkreisen oder Städten wie Halle und Dessau. Die Jugendämter suchen auch oft eine Unterbringung für Kinder unter drei Jahren.
„Fast wöchentlich erhalten wir eine derartige Anfrage“, so die Heimleiterin. Aber in Zörbig können sich Regina Rahms und ihre Mitarbeiter um diese Kinder, ja Babys, nicht kümmern. „Sie brauchen eine andere Betreuungsform.“ Das gilt schon für Kinder unter sieben Jahren, die weder lesen noch rechnen können. „Bei ihnen geht es auch um Sprachentwicklung.“
Das Anhalt-Bitterfelder Jugendamt ist bestrebt, Kinder aus dem Landkreis auch in hiesigen Einrichtungen unterzubringen. „Das erhält den Kindern und Jugendlichen einen intensiveren Kontakt zur Herkunftsfamilie und dem sozialen Umfeld, gleichzeitig kann mit den Eltern eine intensivere Elternarbeit durchgeführt werden“, erläutert Peter Grimm, Jugendamtsleiter in Anhalt-Bitterfeld. Gleichzeitig könne eine Rückführung in den elterlichen Haushalt besser vorbereitet und begleitet werden.
Beim BVIK laufe Überlegungen für ein Mutter-Kind-Heim
Daher nimmt Peter Grimm auch das Angebot des Zörbiger Kinderheims dankend an. Nach Angaben des Jugendamtes sind dort bislang 31 Kinder aufgenommen worden, seit Ende März die Betriebserlaubnis erteilt wurde. „Einige der Kinder und Jugendlichen wurden im Verlauf der Zeit bereits wieder entlassen.“
Aufgrund des hohen Bedarfs an Heimplätzen plant der Betreiber des Zörbiger Kinderheims, der Köthener Dienstleister BVIK, bereits weitere Einrichtungen: BVIK-Geschäftsführer Ulrich Heller schwebt zum einen ein Kinderheim für Mädchen und Jungen ab der Geburt bis zum sechsten Lebensjahr vor. „Die Kinder sollen aber nicht bis zum 18. Lebensjahr im Heim bleiben. Wir würden zum richtigen Zeitpunkt Pflegeeltern suchen, die unter unserer Aufsicht die Kinder übernehmen. Dieses Konzept streben wir an.“
Zum anderen laufen bei der BVIK Überlegungen für ein Mutter-Kind-Heim. „Beide Vorhaben möchten wir in den nächsten zwei Jahren umsetzen“, schwebt Ulrich Heller vor.
In Zörbig kümmern sich zehn Pädagogen verteilt auf 24 Stunden und sieben Tage die Woche um die Kinder
Damit würde sich die Zahl der stationären Angebot für Kinder weiter erhöhen. Nach Angaben des Jugendamtes existieren in Anhalt-Bitterfeld derzeit 33 derartige Angebote von sieben Trägern in der Jugendhilfe. Darunter fallen Kinderheime, Erziehungsfachstellen, Wohngruppen, Kinderdorfhäuser sowie unbetreute und betreute Wohngruppen. In Zörbig kümmern sich zehn Pädagogen verteilt auf 24 Stunden und sieben Tage die Woche um die Kinder. Außerdem steht für die Einrichtung eine Psychologin zur Verfügung.
Der Dorotheenhof war bis Anfang 2018 eine Unterkunft für unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA). Durch die sinkenden Flüchtlingszahlen wandelte der Betreiber BVIK die Einrichtung in ein Kinderheim um. Das handhabte laut Landkreis auch die St. Johannis GmbH bei einer Einrichtung in Köthen so. (mz)
