Goitzsche soll es richten Goitzsche soll es richten: Hochwasserschutz möchte steuerbaren Zu- und Abfluss
Wolfen - Die Goitzsche soll in Zukunft eine Schlüsselfunktion im Hochwasserschutz übernehmen. Darüber sind sich Kommunen, die Bürgerinitiative Grund- und Hochwasserschutz, Umweltministerium, die Lausitzer- und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV) und der Landkreis einig. An den Details jedoch scheiden sich die Geister.
„Wir wollen die Goitzsche nicht als Staubecken. Wir wollen den Schlüssel zur Steuerung in der Hand“, bekräftigt Anhalt-Bitterfelds Landrat Uwe Schulze (CDU). Er wirbt für das groß angelegte und nach derzeitigem Stand bis 2026 zu realisierende Projekt.
„Das sind die Hosenträger zum Gürtel“, meint er und hofft, nicht zum dritten Mal nach 2002 und 2013 relativ ungeschützt mit einem Riesenansturm an Wasser zu tun zu bekommen.
Mehrstufiges Konzept, um dem Hochwasser Herr zu werden
Die Idee, die zum Hochwasserforum in Wolfen auch Sachsen-Anhalts Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) präsentierte, ist ein länderübergreifendes Projekt. „Oberlieger schützt auch den Unterlieger“, stellt Ulrich Kraus, Abteilungsleitungsleiter im sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft klar. Auf dem Papier soll das Wasser zunächst auf große Polderflächen bei Löbnitz und Rösa verteilt werden.
Dann wird es über den Seelhausener See und den Lober-Leine-Kanal in die Goitzsche geleitet. Von dort fließt es über ein neues Ablaufbauwerk Höhe Pegelturm in den alten Muldearm und danach weiter in die Mulde. „Die Goitzsche muss ihren Anteil leisten. Das hat sie zuletzt 2013 gezeigt. Nur muss das System steuerbar sein“, stellt LMBV-Vertreterin Grit Uhlig fest.
Für Frank Beisitzer, Flussbereichsleiter im Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW), ist ein solches Regime praktikabel. „Wir werden wegen der Maßnahmen auf sächsischer Seite weniger Wasser als 2013 bekommen. Alles ist außerdem planbar. Du kannst den Zufluss auch zudrehen.“
„Wenn wir mit dem Wasserstand spielen, muss auch eindeutig geregelt sein, wer für mögliche Schäden haftet“
Nur geht das? Sind ein auch von der LMBV befürworteter künstlich geschaffener Überlauf am Seelhausener See und das Ablaufsystem an der Goitzsche rechtlich sauber? Horst Tischer, Ex-Landrat und Bürgerinitiativemitglied, bezweifelt das. Er verweist auf das Planfeststellungsverfahren zur Goitzsche-Flutung und einen klar definierten Endwasserstand von 75 Meter über Normalnull.
Auch CDU-Landtagsabgeordneter Lars-Jörn Zimmer fordert klare Regelungen. „Wenn wir mit dem Wasserstand spielen, muss auch eindeutig geregelt sein, wer für mögliche Schäden haftet.“
Noch schärfer argumentiert Bitterfelds Ex-Bürgermeister Werner Rauball: „Ich verlange, dass die Regeln des Planfeststellungsbeschlusses eingehalten werden. Das ist auch wegen der giftigen Grundwässer unter dem Chemiepark dringend nötig.“
Bitterfelds Ex-Bürgermeister Rauball ist wie Muldestausee-Bürgermeister Giebler aus anderen Grund besorgt
Rauball ist wie Muldestausee-Bürgermeister Ferid Giebler auch aus einem anderen Grund besorgt. Beide halten nicht viel von dem Optimismus in Sachen Haltbarkeit von Deichanlagen am sogenannten Muldeknie.
In den Jahren 2002 und 2013 suchte sich die Mulde zwischen Rösa und Pouch ihren alten Weg und schoss nach Deichbrüchen Richtung Goitzsche. Dass Deiche auf sächsischer Seite nun zusätzlich mit Spundwänden versehen worden waren, mehrt die Zweifel an der Haltbarkeit der Anhalt-Bitterfelder Bauwerke.
„Wir haben gespundet, weil wir schnell handeln und nicht langwierige Verfahren abwarten wollten“, sagt Ulrich Kraus. „Unsere Deiche sind sicher“, fügt Frank Beisitzer hinzu. Für Werner Rauball bleiben allerdings Zweifel. „Ihr Optimismus in Ehren ...“, lässt er wissen. (mz)