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DDR-Rock-Legende reist mit Goitzsche Front: Tour 2019 "Der Osten rockt" mit Dieter Birr (Maschine)

Von Steffen Könau 11.11.2018, 07:00
Jetzt planen Gitarrist Maxi Beuster, Drummer Tom Neubauer,   Sänger Pascal Bock und Bassist Christian Schulze (v.l.n.r.) für Pfingsten 2019 einen Autokorso durch die Republik.
Jetzt planen Gitarrist Maxi Beuster, Drummer Tom Neubauer,   Sänger Pascal Bock und Bassist Christian Schulze (v.l.n.r.) für Pfingsten 2019 einen Autokorso durch die Republik. Jörg Kübler

Bitterfeld - Stadien, riesige Arenen, abgeschirmte Backstagebereiche, Bodyguards und Zugangskarten, das ist Rockmusik anno 2018. Je größer die Band, desto höher die Mauern zwischen Musikern und Fans.

Letztere sind als zahlendes Publikum gefragt. Nähe zu den angehimmelten und gefeierten Künstlern aber gibt es allerhöchstens bei Gruppen aus der dritten oder vierten Reihe, die nach dem Konzert noch am Merchandisingstand auftauchen.

Doch wer es erstmal in die Hitparade geschafft hat und vor ausverkauften Sälen auftritt, wird zum Phantom des Rock: Kommen, Singen, Verschwinden.

Keine Option für die Bitterfelder Punk-Band Goitzsche Front. Obwohl es Sänger Pascal Bock, Gitarrist Maximilian Beuster, Bassist Christian Schulze und Schlagzeuger
Tom Neubauer mit ihrem Album „Deines Glückes Schmied“ Anfang des Jahres zum ersten Mal auf Platz 1 in den Charts schafften und danach eine ausverkaufte Konzerttournee absolvierten, sind die vier Bitterfelder alles andere als abgehoben.

Beim eigenen Goitzsche-Festival spielten sie Volleyball mit den Fans und während der Tour wurden Anhänger immer wieder spontan zu einem Gläschen Pfeffilikör eingeladen.

Auf den langen Fahrten zu den Konzerten entstand dann auch die Idee zum bisher ungewöhnlichsten Unternehmen in der knapp zehnjährigen Bandgeschichte, wie sich Sänger Pascal Bock erinnert. „Wir waren so viel unterwegs, dass die Gesprächsthemen im Auto mal mehr und mal weniger sinnfrei wurden“, erzählt er.

Goitzsche Front: Fan-Tour 2019 mit dem Motto „Der Osten rockt“

Dann sei irgendwann einmal über eine Fantour unter dem Motto „Der Osten rockt“ gefallen. Eine Schnapsidee“, die sich festsetzte, bis „sie sich für uns nach und nach immer plausibler anhörte“, wie Basser Christian Schulze sagt. Allein der Slogan „Vom Fichtelberg bis an die Ostsee“ habe allen gefallen.

„Und das Ganze dann stilecht mit Ostfahrzeugen fahren, in einem Konvoi, zusammen mit den Fans“, schildert Bock: „Wahnsinn!“

Aus der Schnapsidee wurde ein Vorhaben. Die vier Musiker kennen sich seit Jahren in und auswendig, deshalb war Gitarrist Maxi Beuster „schon beim ersten Rumspinnen klar, dieser Plan muss irgendwann in die Tat umgesetzt werden.“ Und warum dann nicht gleich? Weil es dauert, ein so verrücktes Unternehmen auf die Beine zu stellen.

Seit März 2018 laufen die Vorbereitungen - eine Route musste ausgearbeitet werden, die Möglichkeiten für die Aufstellung einer Bühne, das Abstellen der Fahrzeuge und naheliegende Campingplätze wurden geprüft. „Als erstes mussten wir viele Gespräche führen, Gespräche, die aus einer Menge Überzeugungsarbeit bestanden“, sagt Schlagzeuger Tom Neubauer. Pascal Bock lacht: „Unser Feuer brannte, aber erstmals musste der Funke auf die Gemeinden und Behörden überspringen.“

Ein ähnliches Unternehmen hat es in Deutschland nicht gegeben, seit die Toten Hosen kurz nach dem Mauerfall ihre legendäre Fahrrad-Tour durch Ostdeutschland absolvierten, die aber hatten damals nicht hunderte Fans dabei. „Sehr viele Leuten waren fasziniert“, erinnert sich Maxi Beuster, „aber sie waren eben auch skeptisch bezüglich der Umsetzung.“

Die Rocker aus Bitterfeld wurden zu Diplomaten. „Wir sind in die Städte gereist, um mit den Verantwortlichen zu sprechen“, sagt Neubauer. „Überall war die Resonanz positiv.“

Ein kleines Wunder, denn statt Großstädte zu besuchen, visiert der Ostrock-Konvoi Kleinstädte an, die von den großen Stars normalerweise links und rechts liegengelassen werden. 800 Kilometer geht es nun zu Pfingsten kommendes Jahr von Oberwiesenthal über Oschatz, Stendal und Finowfurt bis hoch nach Peenemünde.

„Wir mussten natürlich Orte auswählen, die im Konvoi befahrbar sind“, erklärt Pascal Bock, „und wir brauchten Städte, in denen wir in kürzester Zeit Bühne und Campingplatz aufbauen können.“ Auf denen wird auch die Band nächtigen, nicht irgendwo im Hotel. „Mittendrin statt nur dabei“, schmunzelt Beuster. „Das wird sicherlich eine neue Erfahrung, die wenig Schlaf mit sich bringen wird.“

Goitzsche Front auf Ost-Tour 2019: Kleine Orte, aber schnell erreichbar aus großen Städten

Außerdem sollten es Orte sein, die von größeren Städten aus gut erreichbar sind, damit Fans die Chance haben, zu den Konzerten zu kommen, die jeweils abends an den Etappenorten stattfinden. „Erfurter können nach Oberwiesenthal reisen, Hallenser und Leipziger nach Oschatz, Magdeburger nach Stendal, die Berliner nach Finowfurt und die Rostocker nach Peenemünde.“

Klingt nach einem Plan, und der überzeugte auch eine Legende. Dieter „Maschine“ Birr, mehr als 40 Jahre Frontmann der Puhdys, ließ sich nicht lange bitten, als die vier Bitterfelder ihn fragten, ob er Lust habe, mit auf die verrückteste Tour aller Zeiten zu gehen.

„Als die Jungs auf mich zukamen, war ich von der Idee sofort begeistert“, erzählt Dieter Birr. „Es ist für mich eine Anerkennung meines musikalischen Schaffens, dass so junge Musiker mit mir arbeiten möchten“, sagt der 74-Jährige. „Musik verbindet zwei Generationen, die mit Rock’n’Roll im Blut geboren wurden.“

Die Ehre ist beiderseits. „Wir haben immer wieder Ostrockbands gecovert und darunter natürlich auch die Puhdys, denn Maschine ist für uns ein absolutes Vorbild“, erzählt Maxi Beuster, der fast ein halbes Jahrhundert jünger ist als die Puhdys-Legende. Als die Frage aufgekommen sei, welcher einzigartige Gast ein einzigartiges Unterfangen krönen könnte, gab es keine Diskussion. „Maschine stand sofort fest.“

Die Bitterfelder luden Birr zu einem Konzert ein, der Komponist von Hits wie „Alt wie ein Baum“ erschien. „Dann haben wir im Backstage ein Bierchen getrunken und zusammen musiziert“, sagt Tom Neubauer, „die Chemie stimmte.“

Dieter Birr steuerte sofort Ideen bei, etwa die, zusammen eine Tour-CD zu produzieren. Bei den Konzerten soll es Goitzsche Front-Songs und Puhdys-Klassiker zu hören geben, eine Kombination, die es noch nie gab.

Ob das alles wie geplant aufgeht, wie viele Autos sich dem Korso anschließen werden, wie viele Fans anreisen... die vier Musiker zucken die Achseln und schütteln den Kopf. „Wir rechnen mit sehr vielen Fahrzeugen“, sagt Pascal Bock und verweist auf die limitierte Anzahl an Autokorso-Tickets, die dazu berechtigen, im offiziellen Tourtroß mitzufahren.

Wissen aber könne vorher niemand etwas. „Diese Tour ist ein absolutes Pilotprojekt und wir sind selbst sehr gespannt, wie es am Ende des Tages aussehen wird.“ (mz)