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Gewerkschaft Gewerkschaft: Oskar Walter ist ihr treu geblieben

Von Karina Blüthgen 04.11.2001, 14:19

Wittenberg/MZ. - "Das war ein ganz anderes Leben damals", erzählte Oskar Walter. 1926 ist der jetzt 89-Jährige in die Gewerkschaft eingetreten. "Wir haben zehn Stunden am Tag gearbeitet, die Stunde für zehn Pfennige." Der Erste Mai sei noch freiwillig gewesen. "Man musste schon aufpassen, sonst wurde man entlassen." Walter stammt aus Schlesien, hat Dreher gelernt und kam 1935 nach Wittenberg. Kurze Zeit arbeitete er im Eisenwerk, wechselte dann zur Wasag nach Reinsdorf und begann 1947 im Stickstoffwerk Piesteritz.

Von den 165 Mitgliedern der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) in den Ortsgruppen Wittenberg-Coswig und Bergwitz-Bad Schmiedeberg, die am Freitag in Wittenberg für ihre langjährige Treue geehrt wurden, war Oskar Walter der einzige, der es auf bislang 75 Jahre gebracht hat. Entsprechend herzlich fielen die Glückwünsche für den besonderen Jubilar, aber auch für all jene aus, die 50, 40 oder 25 Jahre dabei geblieben sind.

"Wir verleihen keine Orden, und es sind auch eher bescheidene Geschenke", betonte Peter Obramski, Abteilungsleiter der IG BCE, in seiner Festrede. "Wir wissen aber sehr wohl, was wir euch zu verdanken haben." Ohne Gewerkschaften gebe es keinen höheren Lebensstandard und keinen demokratischen Staat, sagte Obramski. "Soziale Errungenschaften kamen noch nie von allein."

Im Bergbau waren Inge und Hans-Dieter Höhne tätig, beide wurden für ihre 50-jährige Mitgliedschaft geehrt. Sie war Signalwerkerin, er Elektroingenieur. "Es gibt einen guten Zusammenhalt in der Ortsgruppe", erklärte Inge Höhne. "Wir feiern jedes Jahr zusammen neben Weihnachten auch den Bergmannstag." Jedem Jubilar überreichte Ortsgruppen-Vorsitzender Horst Döring aus Bergwitz zusätzlich einen Blumenstrauß und einen Zinnbecher. "Das ist bei uns üblich", benannte Döring eine der Traditionen in der 352 Mitglieder starken Ortsgruppe Bergwitz-Bad Schmiedeberg, in der sich Bergbau und Chemie die Waage halten.

Rund 2 300 Mitglieder zählt die im Frühjahr gegründete Ortsgruppe Wittenberg-Coswig. Adelheid Kaste, seit 50 Jahren in der Gewerkschaft, erst in Vockerode und von 1978 bis 1991 im Stickstoffwerk tätig, nannte Betreuung und Angebote einen Grund, nach Beendigung des Arbeitslebens drin zu bleiben. "Wenn Vorträge organisiert werden, so wie jetzt zum Euro, gehe ich hin", sagte sie.