Gartenanlage Gartenanlage: "Kühler Grund" vom Hochwasserkalt erwischt

bitterfeld/MZ - Die Wimpelketten sind die letzten Zeugnisse der Feierlichkeiten im „Kühlen Grund“. Ansonsten haben die meisten Laubenbesitzer das Gelände des Kleingartenvereins am Sonntagmittag verlassen und dabei ihre wichtigsten Habseligkeiten mitgenommen. Das Kinder- und Gartenfest wurde abgebrochen.
Gegen Mitternacht musste Vereinschef Jörg Grimm zum Mikrofon greifen und die Veranstaltung abblasen. „Wir müssen jetzt den Strom abstellen“, teilte er den rund 40 Gästen mit, die zu diesem Zeitpunkt noch zu der Musik des DJs tanzten. Seit Stunden war da das Wasser der Leine angestiegen und bedrohte mehr und mehr die Gärten und Lauben.
Sonntagnachmittag wirkt das Vereinsgelände verlassen. Das Karussell steht nicht mehr auf dem Festplatz, sondern etwa 100 Meter entfernt auf einem trockenen Supermarkt-Parkplatz. Nur bei Jörg Grimm herrscht noch Leben in der Laube. Mit einem Notstromaggregat versorgt er seinen Laptop, auf dem er die Pegelstände verfolgt, und den Fernseher für seinen Sohn. „Die Leute haben heute Morgen noch wie die Ameisen alles zusammengesucht und sind dann weggefahren“, erzählt der Vorstandsvorsitzende.
Sein Gartenhaus steht zwar anders als das von anderen Vereinsmitgliedern noch im Trockenen. Doch die Stimmung ist sehr gedrückt, wie er sagt. „Weil ja alles neu gemacht wurde nach der Jahrhundertflut 2002, von der wir wie andere auch stark betroffen waren“, erklärt er. „Und trotzdem ist jetzt, anders als versprochen, alles wieder vollgelaufen.“ Damals stand die komplette Anlage unter Wasser. Und jetzt ist die Leine erneut in viele Parzellen geflossen. „Aber die Leute schützen jetzt die Goitzsche und nicht uns“, moniert Grimm.
Der Kleingartenverein „Kühler Grund“ konnte im vergangenen Jahr sein 90-jähriges Jubiläum feiern, besteht also seit mittlerweile 91 Jahren.
Die 104 Gärten, die sich in der Anlage befinden, sind derzeit alle vergeben. Der Verein zählt rund 180 Mitglieder.
Besonders freut man sich, dass zunehmend auch wieder Familien mit Kindern hinzugekommen sind und Freude am Dasein als Laubenpieper haben.
Schon mehrfach siegte der „Kühle Grund“ beim Wettbewerb „Naturnahe Kleingartenanlage“ des Regionalverbandes der Gartenfreunde oder belegte vordere Plätze.
Das Kinder- und Gartenfest gehört seit vielen Jahren wieder zur Tradition in der Anlage, deren Haupteingang sich am Mühlweg befindet. Vieles haben die Mitglieder dort geschaffen, jüngstes Objekt ist ein Anbau am vorhandenen Vereinshaus, wo jetzt der Innenausbau erfolgen soll.
Hinter dem Auslaufbauwerk steht das Wasser deutlich tiefer als davor. Dort räumte die Feuerwehr Sonntagmittag noch mit vier Einsatzfahrzeugen und 17 Personen Treibgut weg, was sich dort gesammelt hatte. „Es wäre ja eine Maßnahme, die Schleuse des Auslaufbauwerkes mal für eine Stunde zu öffnen. Aber da ist ja die Angst um die Häuser“, wirft Grimms Cousin René Scheel ein. Er ist auch vor Ort in der Gartenanlage, wo tags zuvor trotz des miesen Wetters noch kräftig gefeiert und getanzt wurde.
Seit Jahren gehört das Kinder- und Gartenfest hier wieder zur Tradition, und es wird nicht nur von den Mitgliedern, sondern auch von Anwohnern besucht. Neu war in diesem Jahr der Betreiber des Festplatzes, weil der bisherige die Versorgung und Vergnügungsangebote aus zeitlichen Gründen nicht mehr durchführen konnte, wie Grimm berichtet. Highlight besonders für die Jüngsten war dabei das große Karussell, das die Firma Wieser ebenso mitgebracht hatte wie das große Festzelt, Imbiss- und Getränkewagen. Das Zelt war auch der Grund dafür, dass man das Fest trotz des miesen Wetters durchgeführt hat. „Viele hatten ja ihre Veranstaltungen abgesagt“, so der Vereinschef. „Aber für uns stand fest: Wir ziehen durch.“
Dass das richtig war, zeigte besonders die Stimmung am Abend. DJ Jörg Czernich, der schon seit langem zum Unterhaltungsteam gehört, hatte wieder tatkräftige Unterstützung. Denn auch ein Showprogramm wird immer geboten. Das eröffnete diesmal Sängerin Anne Farl, die sich in die Menge mischte und die Gäste mit Titeln von Andrea Berg und Co. sowie Stimmungsmusik in ihren Bann zog. Dabei störte es auch kaum, dass ständig gewechselt werden musste zwischen Freifläche und Zelt, weil immer wieder Nass von oben kam.
Ebenso begeisterte Gittarrenspieler Pascha, ein Student, der in seiner Freizeit Musik macht und bei all seinen Auftritten für Furore sorgt mit Klängen, die unter die Haut gehen.
Doch mit dem Wasser kam dann jäh das Aus des Festes. „Sicherungstechnisch haben wir alles getan, was wir konnten“, sagt Grimm. „Jetzt können wir nur noch abwarten.“ Betroffen vom Hochwasser sind besonders jene Gärten im hinteren Bereich, die unmittelbar an die Leine grenzen, sowie einige beim Haupteingang. Jetzt hoffen alle nur, dass es nicht noch schlimmer kommt und auch das neue Vereinshaus verschont bleibt. „Und wenn es vorbei ist, werden wir alles wieder in Ordnung bringen, was in Ordnung zu bringen ist.“