Gagfah-Siedlung Gagfah-Siedlung: Das Ende des Dornröschenschlafes
Wittenberg/MZ. - Balkone hier, neue Wege dort, andere Zuschnitte der Wohnungen. Carmen Kayser, Wiwog-Projektleiterin für den Stadtumbau Ost, hat jedenfalls schon ganz konkrete Vorstellungen, wie die Gagfah einmal aussehen soll. Von den ehemals 444 Wohnungen sollen am Ende um die 360 bleiben. Einige werden zusammengelegt, die Mansarden nicht mehr vermietet. Zwei-, Drei- und Vierraumwohnungen, "abhängig vom Bedarf ", werden in einer der dann vielleicht begehrtesten Wohngegenden der Stadt zur Verfügung stehen.
Wer heute entlang der Berliner Straße den langen Häuserblock zwischen Stern- und Schillerstraße entlang fährt, wird das kaum glauben. Leere Fensterhöhlen und fahler Putz schützen den heimeligen Innenbereich vor oberflächlichen Blicken. Von Außen jedenfalls zeigt die Siedlung ihre Schönheit nicht. Drinnen dagegen tut sich schon jetzt ein grünes Paradies auf. Hecken säumen die schmalen Straßen, in alten Bäumen zwitschern die Amseln und über allem liegt eine märchenhafte Ruhe.
Kein Wunder also, dass die Gagfah schon einmal zu den beliebtesten Wohnorten in Wittenberg gehörte. Zu DDR-Zeiten waren die Wohnungen - wenn auch mit Kohleheizung - heiß begehrt. Und selbst nach der Wende blieben sie das einige Jahre. "Erst Mitte der 90er Jahre ging die Nachfrage zurück", sagt Wiwog-Geschäftsführer Fritz-Peter Schade. Dann genügten die kleinen Wohnungen den Ansprüchen nicht mehr. Inzwischen stehen über 300 leer, nur die seit 1997 grundsanierten 126 Wohnungen sind belegt - und das zu 100 Prozent.
"Das beweist doch, dass die Siedlung angenommen wird", meint Schade. Zumal kleine Wohneinheiten wie in der Siedlung nach wie vor Mangelware in der Stadt sind - verschärft durch den Abriss des Ein-Raum-Blocks am Lerchenberg, der bald beginnen wird. Chancen hat das Viertel allerdings nur, wenn es den Standards entspricht. 13,6 Millionen Euro will die Wiwog ab 2006 vier Jahre lang in das Viertel stecken, Fördermittel über rund 4,5 Millionen Euro sind bereits beantragt.
"Wir werden in dieser Zeit 90 Prozent unserer Investitionen in die Gagfah-Siedlung lenken", sagt Schade. Denn neben dem Trajuhnschen Bach ist sie nun der zweite Teil des "Stadtumbau Ost", der mit höchster Priorität eingestuft ist. Für Schade selbst wandelt sich so das Sorgenkind zum Lieblingsobjekt. "Ich werde in meinem Leben als Wohnungswirtschaftler mehr abgerissen als aufgebaut haben", sagt er nachdenklich inmitten der alten Bäume des "Amselgrundes".